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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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längeren Reise aus Amerika zurückgekommen«, sagte ich.
    Sofort war Tora interessiert und neugierig und verlor damit die Oberhand, das heißt ihre Maske, und wurde nur zu dem, was sie war, einem kleinen Mädchen.
    »Amerika? Ich habe immer schon Lust gehabt, dorthin zu reisen! Wie war es dort?«
    Notto Fipp überlegte lange und gründlich.
    »Groß«, sagte er schließlich.
    Groß! Mit einem einzigen Wort stellte Notto Fipp es fest, ein ganzer Kontinent in einem einzigen Wort. Ach, könnte ich doch nur ein ähnliches Wort finden, ein einziges, dann würde ich es von mir geben und könnte zur Sache kommen, das geringste Wort von allen, mein eigenhändiger Tod. Groß? Das Licht in mir wechselte, von schwarz zu gelb, also ein leichterer Anfall von Yanthopsie, die nach und nach auch die Halle, die Treppen, die Gäste, die Möbel verfärbte, sogar die Geweihe an den gelben Wänden wurden gelb, Trophäen von Tieren, die es nicht gab, nur in Träumen, im Rausch und auf einer Hochzeit.
    Champagner! Um Gottes willen mehr Champagner!
    Es gibt ja niemanden mehr, der mich hört.
    Die Zeit verging.
    Wie lange? Vielleicht bis ich Witwer wurde.
    Endlich ging es zu Tisch. Ich konnte Notto noch etwas ins Ohr flüstern.
    »Denk nicht an die Rede. Sage nur herzlichen Glückwunsch und ihr, besonders Sigrid, seid ein schönes Paar.«
    »Es ist nicht die Rede. Es ist das Besteck, vor dem mir graut.«
    Ich lachte leise.
    »Du brauchst nur außen anzufangen und dich dann nach innen vorzuarbeiten. Da kann man gar keinen Fehler machen.«
    Die Türen zum Speisesaal wurden geöffnet, zwei lange Tafeln, 63 Gedecke, mit Namen, auf die Tischkarten gedruckt, wir fanden unsere Stühle, Sigrid und ich auf dem Ehrenplatz, ihre Eltern zu unseren Seiten, Tora und Notto Fipp saßen nicht weit entfernt, aber was mir Sorgen machte, war, dass Direktor Lund mir direkt gegenüber saß, zwar an der anderen Tafel, aber seinem Blick konnte ich dennoch nicht ausweichen.
    Als Letzter kam der Sprücheklopfer, ein älterer Cousin von Sigrid, dessen Namen ich hier nicht erwähnen möchte, er ist auch nicht von Bedeutung. Er war Junggeselle und talentlos, hatte ein kleines Portefeuille, mit dem er über die Runden kam, ohne irgendetwas arbeiten zu müssen. Und da er gar nichts tat, richtete er zumindest auch keinen Schaden an. Eine glänzende Lösung. Es sollten mehr Menschen Lohn dafür bekommen, dass sie keinen Schaden anrichteten. Mit anderen Worten war er bereits weit über den Rausch hinaus, und Familie Juell breitete eine Decke über dieses unselige Auftreten, obwohl ich es äußerst unterhaltsam fand, was vielleicht etwas über mein Wesen verrät. Er war ein Blitzableiter für meine lateinischen Versprecher, und wenn er mich auch nicht vollkommen in den Schatten stellte, so nahm er dem Pfeil zumindest die Spitze. Ich hatte zeitweise den Verdacht, er selbst hätte Sigrid gern gehabt, unabhängig davon, dass sie Cousin und Cousine waren, mit allem, was das mit sich bringt an Inzucht und zurückgebliebenen Kindern, Klumpfüßen und Lese- und Rechtschreibproblemen. Jetzt schmiss er zum dritten Mal mit den Türen, das ganze Gebäude erbebte, Glas klirrte, wir mussten uns direkt festhalten. Ich dachte, der Mann wäre im Delirium, aber es stellte sich heraus, wie Sigrid mir berichten konnte, dass es in dieser Gegend ein alter Brauch war, nämlich das Hochzeitsknallen, aber alles in Maßen, und die Energie oder Raserei, die er bei der Ausführung dieser Sitte an den Tag legte, das in meinen Augen der Sachbeschädigung gefährlich nahe kam, überzeugte mich davon, dass er heftig in Sigrid verliebt war und mich deshalb so tief von Herzen verachtete, wie es nur ging. Er sah ganz einfach einen Usurpator in mir. Übrigens suchte er mich einmal in meiner Praxis im Skovveien auf, viele Jahre später, das heißt, es ist jetzt noch nicht besonders lange her. Ich erkannte ihn kaum wieder. Er bat um ein Rezept für irgendwelche unverkäuflichen Pillen, aber das ist eine andere Geschichte, auf die ich wahrscheinlich nicht wieder zurückkommen werde.
    Zur Sache! Anästhesie! Die Operation kann beginnen!
    Mein Schwiegervater hieß alle am Tisch herzlich willkommen.
    Der erste Gang wurde hereingetragen, also diese Schildkrötensuppe. Ich schaute zu Notto hinüber, der wiederum in den tiefen, verlorenen Teller schaute und nach dem richtigen Löffel suchte. Und die Schildkrötensuppe war gar nicht schlecht. Die schaffte sogar Notto in gewisser Weise. Doch als wir zu Steinbutt und

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