Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman
übertönt. Ich tat, was Sigrid wollte. Ich legte mich neben sie und zog die Decke über uns. Ich musste fragen:
»Habe ich das gesagt? Schwanz im Riesenrad?«
Sie antwortete nicht.
Das genügte mir als Antwort.
»Direktor Lund sagt, in Nizza ist das Klima im Oktober am besten«, flüsterte ich.
Da begriff ich, dass Sigrid bereits schlief.
Ich umarmte sie und lag schlaflos da, bis ich aufwachte, ohne eine Morgengabe, die ich ihr auf den Nachttisch hätte legen können. Meine Morgengabe war, dass sie fünf Tage Ruhe von mir haben würde. So klein war ich.
NOTTO FIPPS ERSTER UND VORLETZTER TRIUMPH
Notto Fipp wartete bereits am Roadster. Er war mit seiner üblichen Montur ausgestattet, Strohhut, Regenschirm, dem Beutel mit allem, was er an Wechselwäsche brauchte, und einer Decke, es war trotz allem bereits Mitte September, einem abgetragenen lila Hemd, das er am Hals offen trug, und einem Parka. Ich hätte es lieber gesehen, wenn er einen etwas sportlicheren Aufzug gewählt hätte, beispielsweise Knickerbocker, wie sie Skiläufer benutzten, die gut für die Knie waren, und gern eine andere Kopfbedeckung, die besser die Wärme hielt. Aber ich entschied mich, nichts dazu zu sagen. Wir hatten sowieso schon genug zu bedenken. Wenn er denn meinte. Ja, was sonst, wenn er denn meinte. Aber die Mokassins hatte er zum Glück in Gebrauch. Ich selbst hatte einen Spencer ausgesucht, eine Schottenjacke, leichte, bequeme Hosen, ebenso bequeme Fußbekleidung und dünne Lederhandschuhe, da ich ja mindestens vier Stunden am Stück fahren sollte. Es war Punkt sechs Uhr, wie abgemacht. Ich möchte in Klammern gern bemerken, dass wir, die Kantigen, immer pünktlich sind. Das würde man vielleicht gar nicht glauben, bei all unseren zeitfressenden Übungen und Umwegen. Aber genau deshalb brechen wir immer rechtzeitig auf, früher als die anderen und kommen immer pünktlich, wenn uns nicht unterwegs ein neuer Zwang überfällt, was glücklicherweise nur selten passiert, denn wir sind fast immun, wenn wir andere, größere Dinge zu bedenken haben als uns selbst. Jetzt hatte ich Notto Fipp zu bedenken. Er saugte mich auf. Er war mein einziger Zwang. Darf ich das so sagen, ohne von denen missverstanden zu werden, die gerne alles missverstehen und glauben, sie könnten am besten zwischen den Zeilen lesen? Ich stelle eines fest: Alles, was in dieser Festschrift geschrieben steht, steht in den Zeilen, nicht zwischen ihnen. Wir begrüßten uns mit Handschlag, sagten nichts, und setzten uns ins Auto, ich hinters Steuer, Notto neben mich. Ich hätte das letzte Glas Champagner nicht trinken sollen, aber nun war es zu spät! Man heiratet nur einmal. Ich drehte mich zum Fenster im ersten Stock, dort stand Sigrid, nackt oder im Nachthemd, das war schwer zu erkennen, vielleicht hielt sie auch die Bettdecke um sich geschlungen, sicher fror sie. Vielleicht waren es die Tränen, die kalten Tränen, die meine Augen irritierten. Auf jeden Fall schien es mir, als würde sie von einer heftigen Einsamkeit überfallen, dort in dem einzigen Fenster, in dem Licht war. Sie war es, die es gesagt hatte. Die Zukunft hatte begonnen. Ich winkte. Sigrid winkte zurück. Nie habe ich sie mehr geliebt als in diesem Moment, als ich sie an diesem Morgen verließ und auf Hochzeitsreise mit Notto Fipp fuhr.
Dann waren wir endlich unterwegs.
Eine Weile fuhren wir schweigend, am Fluss vorbei und über den ersten Hügel, da hatten wir immer noch nichts gesagt, so sehr wurden wir vom Ernst der Stunde geprägt und nicht zuletzt von allem, was vor uns lag, all die Strapazen und Herausforderungen.
Langsam kam der Himmel in Sicht, klar und rein, nur mit wenigen Wolken im Westen, die fortzogen. Das war ein gutes Zeichen. Ich schätzte die Temperatur auf neun Grad, sie könnte bis zu vierzehn steigen, vielleicht sechzehn, wenn die Sonne am höchsten stand, und bis auf fünf im Laufe des Abends oder der Nacht fallen. Für die kommenden Tage war auch kein Regen angesagt worden.
Zumindest das Wetter hatten wir auf unserer Seite.
Und im Gepäck hatten wir acht Milchflaschen in einem Eimer mit Eisblöcken, einen Leinensack voll mit Bananen, grüne, gelbe und grüngelbe, sie sollten unterwegs reifen und gegessen werden, alle zu ihrer Zeit, sie waren sorgfältig ausgesucht worden, Kautabak, ein Ersatzkanister Benzin, ein gut gefüllter Picknickkorb, und mein Arztkoffer war natürlich auch an Ort und Stelle. Ich trug mein Krankenhaus mit mir wie der Friseur Hansen seinen
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