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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Größe eines Tennisschlägers, doch ich brauchte keinen Trost von niemandem. Trost ist etwas für Verlierer. Ich war kein Verlierer. Ich war der Beste meines Jahrgangs. Ich hatte eine glänzende Zukunft vor mir, oh ja, eine glänzende Zukunft. Nein, Trost erzeugt nichts anderes als Verlierer. Trost ist eine wohlmeinende Schikane, eine herablassende Zärtlichkeit. Oh verdammte Seidenmöse! Ich hätte ein ganzes Dutzend Medizinstudenten aufzählen können, die gern eine Einladung zu meiner Hochzeit bekommen hätten, um zu sehen, wie Bernhard Hval einen Skandal verursachte, damit sie anschließend die ausgeklügeltsten wahren Gerüchte verbreiten konnten.
    Der Vater lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und zögerte, bevor er fragte:
    »Was ist mit deiner Mutter?«
    »Das denke ich nicht.«
    »Nein? Aber sie muss doch zumindest eine Einladung bekommen? War es nicht Neuseeland, wo sie sich aufhielt?«
    »Ja. Christchurch. Ganz oben in der Ecke. Eine kleine Stadt. Das hört man ja schon am Namen. Christchurch. Das ist nicht gerade eine Millionenstadt, oh nein.«
    Sigrids Eltern schauten einander an.
    »Dann wird die Einladung sie ja wohl kaum vor der Hochzeit erreichen«, sagte die Mutter.
    Ich lachte.
    »Das hätte gerade noch gefehlt! Könnten Sie bitte gestern gekommen sein? Aber Moment mal. Wenn hier Dienstag ist, dann ist da unten Montag. Vielleicht geht es ja doch. Oder war es umgekehrt?«
    Der Vater wurde ungeduldig.
    »Kannst du uns nicht wenigstens ihre Adresse geben?«
    »Sie ist gerade am Umziehen, das ist etwas schwierig.«
    Hörte ich da einen Seufzer der Erleichterung? Ja, ich hörte ihn.
    Wir alle seufzten erleichtert auf, sogar meine Mutter, dessen bin ich mir sicher, auch sie seufzte vor Erleichterung, denn so brauchte sie nicht dankend abzulehnen, zur Hochzeit ihres einzigen Sohnes zu kommen, oder, was noch schlimmer wäre, sich gezwungen sehen, in die Hauptstadt ihrer Schande zurückzukehren, gebrandmarkt und verspottet.
    Dann fiel mir etwas ein.
    »Es gibt doch jemanden, den ich einladen möchte«, sagte ich.
    »Nur heraus damit, Bernhard.«
    »Direktor Lund. Vom Rikshospital in Oslo. Und seine Frau.«
    Der Vater leerte sein Glas, stellte es mit einem feierlichen Knall auf den Tisch und sah mich verschmitzt an.
    »Rikshospital? Wo du dich um eine Stelle beworben hast? Sehr gut, Bernhard. Sehr gut.«
    Das, was er offenbar dachte, hatte ich nicht im Sinn gehabt. Und darauf wollte ich sofort hinweisen. Doch die Mutter kam mir zuvor.
    »Und wie heißt sie?«
    »Wer?«
    »Die Frau von Direktor Lund. Du hast heute anscheinend viel zu viele Gedanken in deinem Kopf, Bernhard.«
    »Alma«, sagte ich. »Sie hat einen äußerst schönen Wintergarten.«
    Stille, während die Mutter die Namen notierte.
    Der Vater wandte sich schließlich wieder an mich.
    »Und einen Trauzeugen brauchst du, Bernhard. Um den kommst du nicht herum.«
    Der Ton war, wie man sich denken kann, äußerst freundlich.
    »Natürlich. Ich werde euch und Sigrid möglichst bald Bescheid geben.«
    »Ich dachte, Alfred sollte der Trauzeuge sein«, sagte die Mutter.
    Zum ersten und einzigen Mal widersprach ich meinen Schwiegereltern.
    »Das lässt sich leider nicht machen, so, wie die Situation jetzt ist.«
    Einar Juell, dieser Baumstamm, klappte die Zweige zusammen, dass es im Wohnzimmer sauste.
    »Gut! Nur gut, ganz offen mit der Sprache herauszukommen. Nicht wahr, Agnete?«
    Wir erhoben uns alle gleichzeitig, und ich nutzte die Gelegenheit:
    »Ihr kennt nicht zufällig einen Notto Fipp?«, fragte ich.
    Die Mutter schüttelte den Kopf.
    »Notto Fipp? Kann man so heißen? Fipp? Ist das erlaubt?«
    »Er ging hier die Straße entlang. Er wollte nach Kristiansand. Ich habe kurz mit ihm reden können.«
    Der Vater lachte.
    »Bestimmt nur einer von diesen Idioten aus der Anstalt. Die dürfen manchmal raus. Mir wäre es lieber, wenn sie ein für allemal eingesperrt blieben. Wer weiß, auf welche Ideen sie noch kommen.«
    »Das kannst du dir sicher denken, Bernhard«, sagte die Mutter, »als Arzt. Einer von ihnen hat übrigens ein Schaf mit einem Hammer erschlagen und dessen Blut getrunken. Letztes Jahr. Oder war es eine Kuh?«
    Nein, noch einmal musste ich widersprechen.
    »Notto Fipp ist ein freier, harmloser Mann«, sagte ich.
    Der Vater schnitt die Diskussion ab.
    »Wir kennen keinen Notto Flipp! Willst du ihn etwa einladen?«
    Ich lächelte.
    »Fipp. Er heißt Notto Fipp. Er ist nach seinem Bart benannt. Ein stattlicher Spitzbart.«
    Der Vater legte

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