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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Reifen nur so quietschten, und gab Gas. Es hatte seit mehreren Tagen nicht mehr geregnet. Ich könnte einen größeren Waldbrand verursachen. Haustiere würden verbrennen. Die Ernte würde in Asche gelegt werden. Familien würden ihr Heim verlieren, wenn sie nicht selbst im Feuer umkamen. Mit der ersten Zigarette war es offenbar gut gegangen, aber die zweite, die ich gerade eben erst weggeworfen hatte? Geht es zwangsläufig auch mit der zweiten gut, nur weil es mit der ersten gut ging? Keineswegs. Ich sage: eher im Gegenteil. Einmal ist verzeihlich. Zweimal, das heißt, das Schicksal herausfordern. Von dreimal will ich gar nicht reden. Dreimal ist der Tod. Ich purzelte fast aus dem Wagen und kroch im Gras herum, wo war sie, zum Teufel, ich musste sie finden, und schließlich fand ich sie, gerettet, nur Asche und trockener, türkischer Tabak von Myhre auf der Karl Johan. Aber konnte nicht trotzdem irgendwo noch Glut liegen und vor sich hin glimmen? Ich fuhr fort, jeden Grashalm umzudrehen. Wie konnte ich sicher sein? Ein kleiner Bach lief dicht vorbei. Ich hätte nie die Mütze wegwerfen dürfen! In ihr hätte ich Wasser sammeln und damit den Brand löschen können, der bisher auf dem heiligen Grund, auf dem ich Notto Fipp zum ersten Mal begegnet war, noch nicht entfacht war. Stattdessen riss ich mir die Schuhe von den Füßen und lief zum Bach, füllte sie mit Wasser, lief zurück und benetzte das Gras, und so machte ich eine ganze Weile weiter, lief hin und zurück mit den Schuhen voll Wasser, bis ich meinte, ich könnte sicher sein, dass ein größerer Brand verhindert worden war, doch sicher kann man nie sein, das ist das Einzige, was ich sicher weiß. Übrigens sind es nicht meine Worte, die wenigsten sind meine Worte, sondern die von Doktor Greve. Er pflegte das zu sagen, wenn er sich einer Sache sicher war und auf diese Art, mit wohlformulierter Demut, unterstrich, wie recht er hatte, und das hatte er meistens. Ich zog mir auch noch die Strümpfe aus, stopfte sie in die Schuhe, die ich ordentlich nebeneinander an den Straßenrand stellte. Dann fuhr ich mit nackten Füßen und ruhigerem Gemüt davon, auf nach Oslo. Insgesamt war ich bis jetzt mit dem Tag zufrieden, und er war ja noch nicht vorüber. Ein schöneres Denkmal als ein Paar Schuhe konnte man nicht an der Stelle errichten, an der man Notto Fipp begegnet war. Es tut mir leid. Das dachte ich natürlich erst später, im Nachhinein, in einer rückgewandten Einsicht, als alles vorüber war. Doch ich möchte keinen Schatten auf meinen Zustand werfen. Ich sagte zu mir selbst und musste deshalb auch nicht rufen: Heute, Bernhard Hval, heute bist du beispielhaft. Außerdem möchte ich allen empfehlen, barfuß zu fahren. Das ist äußerst angenehm. Man kann fast spüren, wie die Geschwindigkeit an den Fußsohlen kitzelt und auf diese Art und Weise herrliche Mitteilungen direkt an Punkte im Gehirn sendet, zu denen man nur selten Zugang hat.
    Oh, du großes Ich!
    Sonnenuntergang, schlaffe Segel, diese zarten Schatten und die Fotze des Fjords, unmöglich zu übersehen natürlich, wer kann so eine dunkle, glitzernde Fotze zwischen den fruchtbaren Hügeln übersehen und nicht zuletzt die Musik aus den Gärten, Swing, Jazz, Eiswürfel, chinesische Lampions, die brannten, und feuchte Lippen und Frauen, die lachten, worüber, weiß ich nicht, Frauen, die lachen, die haben etwas an sich, und die Bristol Bar, weiße Hemden mit Schweißflecken, Konkurse und fröhlich laute Stimmung vor einem weiteren Fall, oh, es war die gleiche Geschichte wie am Morgen der Zeit. Was gibt es darüber noch zu sagen, außer dass es herrlich ist und vorbei?
    Mösenkalender! Mösenglocken! Hurenlos!
    Aber noch nicht. Nein, gütiger Gott, noch nicht.
    Und Gott möge mich bewahren und mir meinen Mund vergeben, einen Berg hineinlegen und die Lippen mit Guttapercha im sonnenbleichen Gesicht verschließen.
    Oh Schande! Oh Schande!
    Ich parkte oben am Skovveien, und das Erste, was ich sah, als ich schließlich die Tür zu meiner bescheidenen Wohnung auf dem zweiten Treppenabsatz öffnete, war der Tennisschläger, der neben den Regenschirmen stand. Ich schloss die Tür, so leise ich konnte, hinter mir, doch das nützte nichts, nein, wir waren bereits mitten im Spiel.
    »Bist du es, mein Feuerzähnchen?«
    Die Stimme kam natürlich aus dem Schlafzimmer, woher denn sonst?
    »Ja, hier ist dein Feuerzähnchen!«, rief ich.
    Ich schlich mich, so gut ich konnte, hinein und blieb in der Türöffnung

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