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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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äußere Verletzung, die aber möglichst bald gereinigt werden sollte. Ich konnte Tora damit trösten, dass das Knie selbst nicht verletzt war, also nicht gebrochen, sie würde in kürzester Zeit wieder auf den Beinen sein, buchstäblich gesprochen. Sigrid blieb auf der anderen Seite des Netzes stehen, da war etwas mit ihrem Schläger, während ich Tora zum Clubhaus half und sie dort auf einen Stuhl setzte, und erst da kam Sigrid hinterher. Unnötig hinzuzufügen, dass sie eine ziemlich schlechte Verliererin war. Ich ging hinein und bat den Kellner, Wasser zu kochen, und zwar schnell, es hatte sich ein Unfall ereignet. Der Kellner hatte bereits kochendes Wasser parat, und ich ging mit einer Schüssel und einem sauberen Tuch wieder auf die Terrasse. Und da kam mir plötzlich in den Sinn, dass mir das gefiel. Es sollten mehr Unfälle in meiner Umgebung geschehen. Ich war zu etwas nütze. Das machte mich glücklich. Unglücksfälle machten mich glücklich. Ich war nicht Bernhard Hval. Ich war der Arzt. Ich rettete Menschen. Ich, der Kaputte, reparierte sie.
    Was sage ich da?
    Als ich ankam, auf der Terrasse, hörte ich Sigrid sagen:
    »Der Ball war im Aus.«
    Tora stöhnte und zeigte auf ihr blutiges Knie.
    »Verdammt, siehst du nicht, dass ich verletzt bin!«
    »Aber der Ball war trotzdem im Aus«, beharrte Sigrid.
    »Hast du kein Mitleid, du Unholdin!«
    »Der Unfall geschah, nachdem der Ball im Aus war. Deshalb gilt das nicht!«
    »Das war er nicht. Der war im Feld! Genau auf dem Strich. Perfekt.«
    Ich musste die beiden unterbrechen.
    »Nun, nun«, sagte ich.
    Ich hockte mich hin und reinigte sorgfältig die Wunde. Tora schrie wieder ein wenig. Sigrid mochte sie nicht hören und ging lieber hinein, um für uns Limonade zu holen. Als wir drei jeder bei einem Glas zusammensaßen, sagte Tora:
    »Bist du dir auch sicher, dass die Wunde ordentlich gesäubert ist, Bernhard?«
    »Ja, da kannst du ganz beruhigt sein.«
    Sigrid stöhnte.
    »Das ist doch nur eine Schramme! Jetzt reiß dich mal zusammen.«
    Tora legte sich ihre Tasche auf den Schoß.
    »Aber benutzt man zum Reinigen nicht etwas Kräftigeres als Wasser, Herr Doktor?«
    Es war nicht mehr so zufriedenstellend, nützlich zu sein.
    »Du kannst es ja mit ein wenig Jod betupfen, wenn du zu Hause bist.«
    »Und was ist damit?«
    Tora schaute sich um und zog einen glänzenden Flachmann aus der Tasche hervor, drehte den Verschluss ab und kippte schnell etwas in unsere Gläser. Wir prosteten uns zu und tranken. Es war Gin.
    »Willst du nicht auch ein bisschen deinem Knie einschenken?«, fragte Sigrid.
    Tora leerte ihr Glas.
    »Das tut gar nicht mehr weh.«
    Beide Mädchen, wie ich sie nannte, 23 und 22 Jahre alt waren sie, lachten laut auf, sie verbreiteten Freude, auch wenn Gin vor zwölf Uhr hart an der Grenze war, rein fachlich gesehen. Ich lachte nicht mit, weil ich so kurze Zähne hatte. Es sieht einfach nicht gut aus, wenn ich lache.
    »Gefällt es dem Herrn Doktor nicht, dass wir trinken?«, fragte Sigrid.
    Ich wollte nicht als Spielverderber und Tugendwächter erscheinen.
    »Abusus non tollit usum«, sagte ich.
    Tora lachte:
    »Du bist für uns einfache Mädchen zu gelehrt, Bernhard. Sag uns lieber, was das bedeutet. Wenn es nur nicht zu boshaft ist.«
    »Missbrauch schließt den Gebrauch nicht aus«, sagte ich.
    Die Mädchen lachten noch lauter im Chor.
    War es ihnen bereits zu Kopfe gestiegen? Nicht so unwahrscheinlich, wenn man die physischen Anstrengungen mit in Betracht zog, denen sie sich ausgesetzt hatten, außerdem noch die Hitze, die sich langsam bemerkbar machte. Ich schwitzte ja selbst bereits und wurde müde.
    »Könnt ihr beide nicht einen Satz spielen!«, rief Tora.
    Das musste um jeden Preis und auf jeden Fall umgangen werden. Wenn ich Geschmack am Tennis finden würde, konnte das eine Katastrophe nach sich ziehen. Bevor Sigrid etwas sagen konnte, schrie ich fast:
    »Nein, das ist nichts für diesen Kerl!«
    Tora schaute mich an, die Augen halb geschlossen.
    »Hast du dich vielleicht schon bei Sigrid überanstrengt, Herr Doktor? Noch vor der Hochzeit?«
    Sigrid beugte sich über den Tisch und tat, als wäre sie wütend auf ihre Freundin und Trauzeugin.
    »Pfui, schäm dich!«
    Alles war nur Spiel, Gin und eine kleine Schürfwunde.
    Wieder lachte Tora.
    »Na, zumindest kannst du uns noch ein wenig Limonade holen.«
    »Das kann Bernhard tun. Nicht wahr, Bernhard?«
    Nur zu gern wollte ich ihnen zu Diensten stehen und diesem Augenblick entkommen, doch

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