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Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman

Titel: Die unglaublichen Ticks des Herrn Hval - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Tora packte mich am Arm und klebte daran fest.
    »Der Doktor muss hierbleiben und auf mich aufpassen«, sagte sie.
    Sigrid stand auf, wenn auch widerstrebend, und verschwand.
    Und während sie fort war, war es plötzlich nicht mehr nur ein Spiel, Gin und Schürfwunde.
    Ich musste etwas sagen:
    »Ihr könnt nur froh sein, dass ihr keine Krinoline tragen müsst. Stell dir vor, Tennis in so einem Gefängnis von Kleidungsstück zu spielen. Nein, da war wohl nur Krocket möglich.«
    »Ja.«
    »Aber wäre es wirklich ein Greencourt hier, dann hättest du dich nicht so aufgeschrammt. Ich meine Gras. Ein Grasplatz.«
    Tora schien überhaupt nicht interessiert zu sein, was ich nur zu gut verstehe. Ich redete Blödsinn und steckte meine Hand in das Wasser, das inzwischen lauwarm geworden war, denn ich bin nicht sehr geschickt unter vier Augen, unter sechs übrigens auch nicht, abgesehen von Sigrid, wenn ich Glück habe.
    »Sag ein paar schlimme Worte«, sagte Tora.
    Hörte ich richtig? Ja, ich hörte richtig.
    »Wie bitte?«
    Tora schob den Stuhl näher heran.
    »Sag ein paar schlimme Worte«, wiederholte sie.
    »Was meinst du damit?«
    »Du weißt, was ich meine.«
    »Nein, das weiß ich wirklich nicht.«
    Tora hatte ihre Augen wieder halb geschlossen.
    »Wenn du etwas richtig Schlimmes zu mir sagst, dann wird mein Knie sicher gleich besser werden.«
    Natürlich tat ich so, als verstünde ich überhaupt nichts.
    »Etwas Schlimmes?«
    »Ja. Etwas Schlimmes. Wie du es zu Sigrid sagst.«
    Tora beugte sich noch weiter vor, schloss die Augen und wartete.
    Worauf wartete sie? Einen ganzen Schweizer Kuhreigen? Sollte ich sie in Grund und Boden jodeln?
    »Der Ball war im Aus«, sagte ich.
    Da kam glücklicherweise Sigrid mit unserer Limonade zurück.
    »Erzählt dir der Doktor von seiner Doktorarbeit?«, fragte sie.
    »Nein, weiß Gott, das tut er nicht«, sagte Tora. »Eine Doktorarbeit?«
    Sigrid setzte sich.
    »Ja. Bernhard will promovieren. Hat er nichts davon gesagt?«
    Ich versuchte sie zu unterbrechen.
    »Nun, nun«, sagte ich, »nun mal eins nach dem anderen. Zunächst werde ich im Rikshospital arbeiten und Blinddärme und Geschwülste entfernen.«
    »Igitt«, sagte Tora.
    Aber Sigrid hörte nicht auf mich.
    »Bald bin ich Frau Professor, egal, wofür eigentlich, Hauptsache, ich bin Frau Professor«, sagte sie.
    »Das ist ein Grund, uns zu feiern!«, rief Tora.
    Sie ließ nie eine Gelegenheit zum Feiern verstreichen, vielleicht war das der Grund, dass ich sie eigentlich richtig gern mochte, nein, nicht nur deshalb, sondern auch, weil nur sie es so ausdrücken konnte: uns zu feiern.
    Es gab mehr an der Quelle, und wir tranken weiter Gin. Irgendwann musste ich austreten. Und während ich dort stand und Wasser ließ, dachte ich darüber nach, wie es war, glücklich zu sein. Ich hatte keine große Erfahrung bezüglich dieses Zustands. Es war schlicht und ergreifend einfach herrlich. Das war schon mal klar. Doch das Glück war nicht von langer Dauer. Als ich zurückkam, waren die Mädchen mitten in einem Lachanfall, der sich nicht so schnell beenden ließ. Sie beachteten mich gar nicht. Ich hätte ihnen in der Zwischenzeit eine Vorlesung übers Lachen halten können: Unter stoßweisem Zusammenziehen, besonders der Muskeln des Zwerchfells, geschieht das Ausatmen, während Mund und Gesichtsmuskeln in der zusammengezogenen Stellung bleiben, die sie beim Einatmen eingenommen haben. Es ist übrigens für diejenigen, die von Natur aus schwermütig sind, nützlich, sich im Lachen zu üben, sie können es als eine Art Kur ansehen und zu bestimmten Zeiten Lachübungen machen, was ihnen nicht nur ermöglicht, das Leben leichter zu nehmen, sondern was außerdem einen positiven Einfluss auf den Appetit und die Verdauung hat.
    Lachten sie über mich? Über wen sonst?
    Ich versuchte zu lachen, doch es gelang mir nicht so recht, mein Mund saß zu stramm.
    »Könnten die Damen ihren humoristischen Sinn vielleicht mit dem Rest der Gesellschaft teilen?«
    Sie hörten mir nicht zu, sie waren in ihrer eigenen Welt, die nur ihnen vorbehalten war, und einen Moment lang fürchtete ich, dieser Lachkrampf könnte in Hysterie übergehen, was in dieser Umgebung äußerst unpassend gewesen wäre. Ich setzte mich und fasste Sigrid am Arm.
    »Nun sag schon! Lacht ihr über mich?«
    Endlich waren sie fertig mit dem Gelächter.
    »Über dich? Warum sollten wir über dich lachen, Bernhard?«
    Ich blieb eine Antwort schuldig. Ach, hätte ich es nur dabei bewenden

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