Die universellen Lebensgesetze des friedvollen Kriegers
haben mit der Vergangenheit oder der Zukunft zu tun. Du nährst die Probleme in deinem Inneren, indem du ihnen Aufmerksamkeit, Energie und kostenlose Unterkunft in deinem Kopf gewährst. Ich dagegen würdige sie keine Sekunde meiner Beachtung. Das Leben ist einfach zu kurz», erklärte sie in sehr bestimmtem Ton.
«Danke, Eure Hoheit», spottete ich. «Ist der Vortrag nun zu Ende?»
«Noch lange nicht. Erst wenn du wirklich begriffen hast, daß Vergangenheit und Zukunft nur eine schlechte Angewohnheit des Denkens sind — deines Denkens. Die Sorgen, die man sich um die Vergangenheit oder die Zukunft macht, ähneln den Halluzinationen eines Verrückten, der Stimmen hört oder nicht existente Wesen sieht. Ich bin selbstverständlich kein solches Wesen.»
Mir entging nicht die Ironie, die darin lag, solche Worte ausgerechnet von einer sprechenden Katze zu hören.
«Aber», fuhr sie fort, «je mehr du dir dein augenblickliches Tun bewußtmachst, um so leichter kannst du diese Verhaltensweise überwinden, so wie alle anderen schlechten
Angewohnheiten auch. Du brauchst nur an das Gesetz der Gegenwart zu denken und es anzuwenden.» Sie hörte auf, sich das Fell zu lecken, und wandte mir ihre volle Aufmerksamkeit zu. «Ich hoffe sehr, daß du das Gesetz der Gegenwart zu schätzen weißt und auch die Zeit, die ich mir genommen habe, um es dir zu erklären.»
Ohne meine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort: «Die Gegenwart gleicht einer Zeitmaschine, die deinen Geist erleuchtet, dich von allen Sorgen befreit und einer neuen Lebensweise den Weg ebnet. Mit anderen Worten: Du wirst mehr wie ich.»
«Ich kann es kaum erwarten», lachte ich.
«Wie bereits gesagt: Um Persönlichkeit zu haben, mußt du in der Gegenwart leben und dir stets bewußt sein, wann und wo du bist; dann wirst du auch wissen, wer du bist. Das Gesetz der Gegenwart lehrt dich die Wichtigkeit dessen, was du heute tust, denn schließlich gibst du einen Tag deines Lebens dafür her. Also befreie dein Denken mit Hilfe dieses Gesetzes von allem Überflüssigen, damit du wieder in einen Zustand der Klarheit und Einfachheit und des inneren Friedens zurückkehren kannst.»
«So wie du», sagte ich.
«Schön, daß dir das aufgefallen ist», schnurrte sie. «Und vergiß nicht: So zwanghaft und real dir deine Gedanken auch vorkommen mögen, du kannst dir jederzeit das Gesetz der Gegenwart ins Gedächtnis zurückrufen. Dann weißt du, daß nur das Jetzt existiert und nur der gegenwärtige Augenblick real ist. Wenn du daraus einen Akt der Andacht machst und dir der Heiligkeit des Augenblicks bewußt wirst, verneigst du dich vor jenem gelassenen, katzenhaften Ich in deinem Inneren, das diese Weisheit schon lange kennt — und alles wird gut.»
«So leicht ist es, wie eine Katze zu werden?»
«Dich dürfte es schon einige Anstrengung kosten», erwiderte sie, machte einen Buckel, gähnte und schlenderte um den Kamin herum zur Tür. «Heiße diesen Augenblick willkommen, setze einen Fuß vor den anderen und erledige das, was gerade vor dir liegt. Denn auch wenn deine Gedanken in die Ferne schweifen, dein Körper existiert immer nur jetzt und hier. Hast du es eilig, dann ruhe in der Gegenwart. Hole tief Luft und kehre ins Jetzt und Hier zurück.» Wieder räkelte sich die Katze genüßlich. Dann verließ sie die Hütte ohne weiteren Kommentar.
Kaum war sie verschwunden, da tauchte die weise Frau wieder auf und setzte sich ohne jede Erklärung zu mir. «Wo war ich stehengeblieben?» fragte sie. «Ach ja, wir hatten vom Gesetz der Gegenwart gesprochen.»
«Ich glaube, das habe ich inzwischen ganz gut begriffen», sagte ich. Glitzerte da nicht so etwas wie Belustigung in ihren Augen? «Wo warst du eigentlich die ganze Zeit?»
«Ach, ich bin nur ein wenig nach draußen gegangen, habe mich an die Mauer der Hütte gelehnt und die kühle Nachtluft genossen.»
«Sag mal, warst du etwa...?» Ich brauchte meinen Satz gar nicht zu beenden. Ich brauchte der weisen Frau nur zuzusehen, wie sie bedächtig einen kleinen Kessel an einen grünen Stock über das Kaminfeuer hängte und ein paar Teeblätter hineinwarf. Ich überlegte, ob wir unser Gespräch wohl noch bis tief in die Nacht hinein fortsetzen würden. Doch dann schob ich den Gedanken beiseite und genoß ganz einfach den Augenblick — und den Tee, der phantastisch schmeckte.
Das Gesetz des Mitgefühls
Wie man die Menschlichkeit in seinem Inneren erweckt
Das Universum verurteilt uns nicht;
es hält Konsequenzen und
Weitere Kostenlose Bücher