Die universellen Lebensgesetze des friedvollen Kriegers
Schritt anzugehen; stelle alles zurück, was du später erledigen kannst. Aus Geduld und Disziplin erwächst eine Ausdauer, die alle Höhen und Tiefen überwindet und alle Pläne und Vorsätze in die Tat umsetzen kann. Die Begeisterung gibt uns Schwung, aber nur mit Ausdauer erreichen wir unser Ziel. Geduld, Ausdauer und das Gesetz des schrittweisen Vorgehens sind die Schlüssel, die das Tor zu jedem Ziel öffnen. Der Schatz liegt nicht erst am Ende der Reise; der Weg trägt seinen Lohn in sich selbst.»
Wir hatten den Gipfel erreicht. Ich wischte mir den Schweiß von der Stirn und ließ meinen Blick über die herrliche Aussicht schweifen, die sich unter mir auftat; ich hatte sie mir schwer verdient, und das machte sie um so grandioser. Ich blickte zu der weisen Frau hinüber. Sie zeigte auf einen noch höheren Gipfel in der Ferne; und weiter hinten lag noch einer. «Sobald du ein Ziel erreicht hast, erschaffst du dir damit ganz von selbst ein neues; die Reise endet nie», sagte sie, als wir uns wieder an den Abstieg begaben.
Das Gesetz der Gegenwart
Wie man im jetzigen Augenblick lebt
Die Zeit ist ein Widerspruch in sich.
Sie erstreckt sich zwischen
einer «Vergangenheit» und einer «Zukunft»,
die nur in unseren Köpfen existieren.
Der Begriff der Zeit
ist nur eine Konvention unseres Denkens und unserer Sprache,
eine Übereinkunft unserer Gesellschaft.
Die tiefere Wahrheit lautet:
Wir haben nur diesen einen Augenblick.
Nur wer von Augenblick zu Augenblick lebt,
kann ein ganzes Leben lang glücklich sein .
Margaret Bonnano
D er Abstieg ging schneller vonstatten als der Aufstieg, aber das fiel mir kaum auf, so sehr war ich in Gedanken versunken. Wohin gehen wir jetzt? Was haben wir als nächstes vor? Werde ich mir alles merken können, was die Frau gesagt hat? Wann komme ich nach Hause? Ob ich sie morgen wohl wiedersehen werde?
Als habe sie meine Gedanken erraten, sagte die weise Frau: «Dich scheinen viele Fragen zu beschäftigen. Also ist jetzt wohl der richtige Zeitpunkt gekommen, dir das Gesetz der Gegenwart zu erklären. Ja», wiederholte sie nachdenklich, « jetzt ist immer der richtige Zeitpunkt.» Die weise Frau deutete auf die Hügel, die unter uns lagen. «Siehst du, wie die Sonne die Narzissen dort bescheint, die einen so schönen Kontrast zu dem smaragdgrünen Gras bilden? Für mich sind diese Blumen genauso prächtig wie die Kunstwerke in allen Museen dieser Welt.» Schweigend wanderten wir weiter. Allmählich wurde es dunkel, und die Farben um uns herum verblaßten.
Etwas später umrundeten wir ein paar Felsblöcke, die mir bekannt vorkamen, und die Hütte der Frau tauchte wieder vor uns auf. Sie öffnete die strohverkleidete Tür. Wie beim erstenmal forderte sie mich auf einzutreten. Bald knisterte ein Feuer im Kamin. Dann erhob sie sich und bat mich, sie einen Augenblick zu entschuldigen. Ich vermutete, daß sie sich erleichtern wollte, wie ich es vorhin auch getan hatte.
Doch es verging Minute um Minute, und sie kam nicht wieder. Ich begann nervös zu werden und mich zu fragen, wann sie wohl zurückkehren würde und wie ich im Dunkeln den Weg nach Hause finden sollte, falls das heute abend überhaupt noch möglich war. Wahrscheinlich konnte ich im Freien schlafen; draußen war es zwar kühl, aber nicht kalt, und meine Familie wollte erst am Montag nachmittag zurückkommen; also hatte ich noch zwei Tage Zeit.
Was als nächstes geschah, war so eigenartig, daß ich meinen Augen nicht traute. Statt der weisen Frau kam eine große Katze in die Hütte geschlendert. Bedächtig bewegte sie sich vorwärts, so als wisse sie genau, wo sie hinwollte. Sie hatte ein dunkles, glänzendes Fell und ähnelte halb einer Siamkatze und halb — na ja, halb der weisen Frau. Denn ehe ich wußte, wie mir geschah, begann sie zu mir zu sprechen, und zwar nicht mit dem Mund, sondern mit ihren Gedanken. Ihre Stimme klang genauso wie die der weisen Frau, nur leiser. Sie saß stolz aufgerichtet nach Katzenart da, schaute mir direkt in die Augen und kam sofort zum Thema. «Hast du eigentlich schon mal darüber nachgedacht, was für eine paradoxe Sache die Zeit ist?» fragte sie mich und begann sich anmutig die Schulter zu lecken.
Mir kam das alles sehr seltsam vor. «Eigentlich nicht», antwortete ich laut. «Jedenfalls nicht seit dem letzten Zeitreiseroman, den ich gelesen habe.»
Wieder erklang ihre Stimme in meinem Ohr oder eher in meinen Gedanken: «Die Zeit erstreckt sich zwischen einer
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