Die Uno
dessen Amtsführung sich alle seine Nachfolger messen lassen müssen. Hammarskjölds Erfolgsrezept bestand in einer sich in Graubereichen der Charta bewegenden Politik des
peace-keeping
durch die Entsendung von Friedenstruppen. Die Aufgaben dieser friedenserhaltenden Operationen gingen über reine Beobachter- und Meldefunktionen hinaus und waren darauf gerichtet, militärische Auseinandersetzungen zu beenden und den Konfliktparteien mit deren Zustimmung durch die Überwachung von Waffenstillstandsabkommen die Rückkehr an den Verhandlungstisch zu ermöglichen. Dieses klassische
peace-keeping
prägte die ersten Blauhelme-Einsätze. Dag Hammarskjöld gilt nicht nur als der Erfinder der Blauhelme. Er war auch darüber hinaus ein besonders erfindungsreicher Generalsekretär, wenn es darum ging, Lücken in der Charta der Vereinten Nationen zu nutzen, um die Handlungsblockaden zu überwinden, die aus der Lähmung des Sicherheitsrats resultierten. Mit diplomatischem Geschick, aber auch mit Eigenmächtigkeit füllte er die von ihm identifizierten Handlungsspielräume aus. In der Antrittsrede zum Beginn seiner zweiten Amtszeit brachte Hammarskjöld sein Amtsverständnis unverblümt in der Formulierung zum Ausdruck, dass der Generalsekretär auch ohne Weisungen zu handeln habe, «wann immer ihm dies nötigerscheint, um ein Vakuum aufzufüllen, das im Friedenssicherungssystem der UNO und der traditionellen Diplomatie auftreten mag».
2. Die Phase der Entkolonialisierung
Hammarskjölds Amtszeit war neben dem Kalten Krieg vor allem von der sprunghaften Ausweitung der Zahl der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen geprägt, die sich mit der Unabhängigkeit vieler früherer Kolonien bereits im Jahr 1960 auf 100 praktisch verdoppelt hatte. Damit war auch ein Ende der Vorherrschaft der USA zumindest in der Generalversammlung verbunden, in der sie nun nicht mehr auf automatische Mehrheiten bauen konnten. Darüber hinaus war der Entkolonialisierungsprozess von kriegerischen Konflikten begleitet, die häufig durch den Ost-West-Konflikt überlagert und als «Stellvertreterkriege» ausgetragen wurden. Hammarskjöld brachte sein Konzept der Friedensmissionen in zahlreichen dieser Konflikte zum Einsatz.
Das in der Charta der Vereinten Nationen nicht vorgesehene Instrument der
peace-keeping operations
wurde zum ersten Mal mit Erfolg zur Beilegung der Suez-Krise angewandt. Sie war am 26. Juli 1956 ausgebrochen, als Ägypten die Suez-Kanal-Gesellschaft verstaatlichte und Israel daraufhin in Absprache mit Frankreich und Großbritannien Ägypten angriff. Während es Israel selbst darum ging, den Gazastreifen und die Sinai-Halbinsel zu okkupieren, sollte es mit seinem Angriff zugleich den beiden Kolonialmächten einen Vorwand für eine militärische Intervention liefern. Deren eigentliches Ziel bestand nicht in der Beendigung der Kampfhandlungen, sondern in der Entmachtung des ägyptischen Staatspräsidenten Nasser und der Besetzung des Suez-Kanals.
Nachdem sowohl amerikanische als auch sowjetische Vermittlungsversuche im Sicherheitsrat am Veto Frankreichs und Großbritanniens scheiterten, begannen Frankreich und Großbritannien mit der Bombardierung ägyptischer Militäreinrichtungen. Auf der Grundlage der «
Uniting for Peace
»-Resolution beauftragte daraufhin die Generalversammlung den Generalsekretär,eine internationale Friedenstruppe (
United Nations Emergency Force
, UNEF) zur Beendigung der Feindseligkeiten und zur Überwachung der Feuereinstellung zu entsenden. Mit den im November 1956 in Ägypten eintreffenden ersten Blauhelmen war, aus der Not geboren, ein neues Instrument zur Friedenserhaltung geschaffen worden. An dessen Grundkonzept hielten auch die nachfolgenden Friedensmissionen, die dann aber allesamt vom Sicherheitsrat beschlossen wurden, lange Zeit fest. Die Truppen wurden vor allem aus kleineren Ländern rekrutiert. Dadurch war zwar ihre Durchsetzungsfähigkeit geschwächt, und in der Tat sollte es – besonders spektakulär in Bosnien-Herzegowina – später immer wieder zu «Katz-und-Maus»-Spielen kommen, die die Autorität der Vereinten Nationen untergruben und die möglicherweise nicht in diesem Ausmaß aufgetreten wären, wenn die USA mit im Spiel gewesen waren. Aber diese «Schwäche» wurde als Preis für die erhoffte größere Akzeptanz der Missionen bewusst in Kauf genommen.
Nach dem im Suez-Konflikt erfolgreichen Modell kamen immer häufiger Friedenstruppen zum Einsatz. Während der Amtszeit Hammarskjölds
Weitere Kostenlose Bücher