Die Uno
beteiligte Sowjetunion die Rechtmäßigkeit des UNO-Einsatzes danach stets bestritten hat, kaum gelten. Vielmehr handelte es sich um eine Instrumentalisierung der Vereinten Nationen für einen amerikanischen Feldzug gegen den Kommunismus, auch wenn sich die unter den Oberbefehl des amerikanischen Generals MacArthur gestellte Streitmacht aus Kontingenten von 15 Mitgliedstaaten zusammensetzte.
Für die UNO und ihren Generalsekretär hatte der Korea-Krieg mit der Rückkehr der Sowjetunion auf die Bühne schwerwiegende Folgen: Lie wurde als Marionette der USA beschimpft und der Sicherheitsrat wieder zu dem Blockadeinstrument gemacht, das er nur aufgrund einer Zufallskonstellation vorübergehend nicht gewesen war. Um die von ihm während der Abwesenheit der Sowjetunion beschlossenen Maßnahmen gegen Nordkorea aber auch nach deren Rückkehr und gegen deren Veto fortsetzen zu können, übertrug sich die Generalversammlung auf Betreiben der USA am 3. November 1950 selbst die Kompetenz, den Mitgliedstaaten zur Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit kollektive Maßnahmen bis hin zum Einsatz militärischer Gewalt zu empfehlen. Dies für den Fall, dass der Sicherheitsrat es in einer Krisensituation aufgrund von Unstimmigkeiten «unterlässt, seiner Hauptverantwortlichkeit für die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit nachzukommen». Die«Vereint für den Frieden»-Resolution («
Uniting for Peace
»), die Resolution 377, wurde mit 52 Stimmen und 5 Gegenstimmen bei 2 Enthaltungen verabschiedet.
Unter Rückgriff auf diese Resolution wurden nach dem Korea-Krieg bis zum Jahr 1997 in zehn Fällen Notstandssondertagungen der Generalversammlung einberufen. Dazu zählten die Suez-Krise 1956, der Ungarn-Aufstand 1956 und die Kongo-Krise 1960. Im Fall der Suez-Krise wurde die erste große
peace-keeping
-Operation auf dieser Grundlage durch die Generalversammlung und nicht durch den Sicherheitsrat beschlossen. War damit das Vetorecht nicht praktisch ausgehebelt und ein begrüßenswerter Eingriff in die ungleiche Kompetenzverteilung innerhalb der Vereinten Nationen vorgenommen worden? Ein genauerer Blick auf die historischen Hintergründe trübt das Bild allerdings. Im Wesentlichen stand das strategische Kalkül der USA Pate, den von ihr aufgrund des Vetorechts der anderen ständigen Mitglieder im Sinne erfolgreicher Beschlussfassungen nicht kontrollierbaren Sicherheitsrat zu umgehen. Mehrheitsbeschlüsse ließen sich in der damals amerikafreundlich zusammengesetzten und deshalb leichter zu kontrollierenden Generalversammlung sehr viel leichter herbeiführen. Die Proteste der Sowjetunion spiegeln diesen Hintergrund ebenso wider wie die Tatsache, dass das Interesse der USA an dem «
Uniting for Peace
»-Mechanismus bezeichnenderweise wieder erlosch, nachdem sich im Zuge der Entkolonialisierung die Mehrheitsverhältnisse in der Generalversammlung zu ihren Ungunsten verändert hatten.
In die Amtszeit von Lie fiel auch der Beschluss der Generalversammlung zur Teilung Palästinas. Dort kam es im Juni 1948 zur ersten Entsendung einer Beobachter-Mission (UNTSO), die den zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarstaaten abgeschlossenen Waffenstillstand überwachen sollte. Diese und andere während der Amtszeit Lies in die Krisenregionen Balkan, Indonesien, Indien und Pakistan entsandten Missionen können als Vorläufer der «Blauhelme» betrachtet werden, als deren eigentlicher «Erfinder» Lies Nachfolger Dag Hammarskjöld zu Ruhm kam. Trygve Lie trat vom Amt des Generalsekretärs vorzeitigzurück. Er saß zwischen allen Stühlen, nachdem die Sowjetunion nicht mehr mit ihm kooperierte und die Kommunistenjagd im Amerika der McCarthy-Jahre auch das Hauptquartier der Vereinten Nationen erfasste und zur Inhaftierung von UNO-Mitarbeitern führte. Auch diese Umstände werfen ein Licht darauf, wie groß der amerikanische Einfluss auf die UNO in den ersten zehn Jahren ihres Bestehens war.
Es ist alles andere als selbstverständlich, dass die Blockade des Sicherheitsrats nicht zugleich auch das vorzeitige Ende der UNO als Weltfriedensorganisation bedeutete. Stattdessen führten die veränderten weltpolitischen Rahmenbedingungen auf dem Gebiet der Friedenssicherung neben der «
Uniting for Peace
»-Resolution zu einer weiteren wichtigen Neuerung. Diese war dem zweiten Generalsekretär, dem Schweden
Dag Hammarskjöld
(Amtszeit 1953 bis 1961), zu verdanken, der bis heute als Glücksfall betrachtet wird und an
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