Die Uno
zivilen Nutzung der Kernenergie. Nach einigen erfolglosen Anläufen, ein internationales Übereinkommen zur vollständigen Abschaffung von Kernwaffen auf den Weg zu bringen, hatte sich die Generalversammlung darauf verlegt, wenigstens deren Verbreitung einzudämmen. Nach dreijährigen Vorbereitungsarbeiten legte der in Genf tagende «18-Mächte-Ausschuss» (der Vorläufer der Genfer Abrüstungskonferenz) im Jahr 1968 der Generalversammlung einen Vertragsentwurf vor, der dann zwei Jahre später in Kraft trat. Dem NVV gehören gegenwärtig 189 Mitglieder an. Nicht zu den Vertragsstaaten zählen allerdings mit Indien, Pakistan und Israel mindestens drei Staaten, die als inoffizielle Kernwaffenbesitzer gelten. Auch unter den Mitgliedern befinden sich, nachdem Libyen und der Irak ihre Atomrüstung inzwischen einstellten, mit Nordkorea und dem Iran immer noch mindestens zwei Länder, deren Regierungen im Verdacht stehen, an heimlichen Atomwaffenprogrammenzu arbeiten. Nordkorea kündigte seine Mitgliedschaft im NVV 2003 auf und erklärte sich 2005 zum Atomwaffenstaat. Sein Status ist seither unklar.
Das friedenspolitische Ziel des NVV bestand vordergründig darin, die Gefahr einer weltweiten Verbreitung von Kernwaffen zu bannen. Darin war jedoch noch ein anderes, machtpolitisches Ziel versteckt, das die beiden Initiatoren des nuklearen Nichtverbreitungsregimes, die USA und die Sowjetunion, bei allen sonstigen Differenzen stets verband: die Erhaltung eines internationalen Status quo, der ihnen und einigen wenigen «zuverlässigen» Staaten, die nicht von ungefähr identisch sind mit den übrigen drei ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats, den Besitz von Kernwaffen erlaubte, während er allen übrigen Staaten verboten bleiben sollte. Der NVV sollte eine nukleare Zweiklassengesellschaft innerhalb der Staatenwelt zementieren, die aus (legitimen) Kernwaffenbesitzern und Nichtkernwaffenstaaten bestand.
Die Verpflichtungen der Vertragsparteien unterscheiden sich entsprechend dem ihnen jeweils zugebilligten Status. Für die offiziellen Atommächte ergeben sich zwei Verpflichtungen: das Verbot der Weitergabe von Kernwaffen an Nichtkernwaffenstaaten sowie eine, allerdings sehr viel unverbindlichere, nukleare Abrüstungsverpflichtung. Die Nichtkernwaffenstaaten erhalten Zugang zur zivilen Nutzung der Kernenergie und verpflichten sich, auf den Erwerb, die Herstellung und den Einsatz von Kernwaffen zu verzichten. Sie unterwerfen sich einem internationalen Kontrollregime, in dessen Mittelpunkt das Inspektionssystem der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) steht. Diese kann unangemeldete Inspektionen durchführen, Staaten im Fall von Regelverstößen zur Regeleinhaltung auffordern und, wenn sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, den Fall an den Sicherheitsrat überweisen.
Während hinsichtlich des Erreichens der beiden Vertragsziele Nichtweitergabe und zivile Nutzung durchaus von einer Erfolgsgeschichte gesprochen werden kann – immerhin stellten Argentinien, Brasilien und Südafrika die Entwicklung von Atomwaffen ein –, gab es bei der nuklearen Abrüstung lange Zeit kaum Fortschritte.Als im Jahr 1995 der NVV auf unbegrenzte Zeit verlängert und damit auch der privilegierte Status der fünf Kernwaffenstaaten auf Dauer festgeschrieben werden sollte, machten die Nichtkernwaffenstaaten ihre Bereitschaft dazu ausdrücklich davon abhängig, dass die Kernwaffenstaaten ihrer Abrüstungsverpflichtung in Zukunft ernsthafter nachkommen würden als bisher. Auf der Sechsten Überprüfungskonferenz 2000 rückten die Atommächte erstmals davon ab, ihre atomare Abrüstungsverpflichtung von einer vollständigen allgemeinen Abrüstung abhängig zu machen. Schon die Nachfolgekonferenz im Mai 2005 zeigte aber, wie gefährdet das Nichtverbreitungsregime nach wie vor ist. Die USA stellten den Kompromiss wieder grundsätzlich in Frage und schwächten mit informellen Initiativen außerhalb des NVV die völkerrechtlichen Nichtverbreitungsbemühungen zusätzlich. Durch den – auch dafür – mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Präsidenten Obama gelangte die nukleare Abrüstung 2009 wieder auf die Tagesordnung des Sicherheitsrates.
Trotz dieses Fortschritts bleibt das nukleare Nichtverbreitungsregime unvollständig und in mehrfacher Hinsicht gefährdet. Gegenüber kooperationsunwilligen Staaten ist kein berechenbares Vorgehen zu erkennen. Im Fall des Irak setzten die USA sich 2003 mit einer militärischen Intervention sogar
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