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Die Uno

Die Uno

Titel: Die Uno Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Dieter Wolf
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eines politikfeldübergreifenden Netzes von Verhandlungsforen etabliert, deren Aufgabe in der
Regelsetzung
für die grenzüberschreitenden Wirtschafts- und Sozialbeziehungen besteht.
    In ähnlicher Weise, wie dies im Bereich der Sicherheitspolitik sichtbar geworden ist, ist auch das entwicklungspolitische Aufgabenspektrum der Vereinten Nationen im Zuge einer immer ganzheitlicheren Herangehensweise komplexer geworden. Dasheute zugrunde gelegte Verständnis von Entwicklung umfasst die Dimensionen Frieden, Wirtschaft, Umwelt, Gerechtigkeit und Demokratie und wird von dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung (
sustainable development
) am vollständigsten verkörpert. Dieses Leitbild hat seit seiner «Verkündung» auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio im Jahr 1992 weltweite Bedeutung erlangt, weil es nicht nur programmatisch eine Verbindung zwischen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Zielen herstellt, sondern daraus auch prozedurale Anforderungen an die zur Verwirklichung dieser Ziele erforderlichen Formen politischer Steuerung ableitet. Ergänzt wird das Konzept der nachhaltigen Entwicklung in der gegenwärtigen Diskussion durch das der «guten Regierungsführung» (
good governance
), das Ansprüche an die Transparenz des Regierens und an die Beteiligung der Menschen am öffentlichen Leben formuliert. Komplettiert wird die Trias der wichtigsten entwicklungspolitischen Leitkonzepte durch das Konzept der menschlichen Entwicklung (
human development
), das auch für den Bereich der Entwicklungspolitik die Orientierung an den Bedürfnissen des Einzelnen zum Maßstab erhebt.
    Die drei genannten Konzepte stehen aber erst am Ende der entwicklungspolitischen Programmdiskussion im Rahmen der Vereinten Nationen. In ihnen bündelt sich die Abkehr von einer staatszentrierten Betrachtungsweise gleich in doppelter Form: Weder wird die Eigenverantwortung der Regierungen der Entwicklungsländer tabuisiert, wie dies in der Diskussion der siebziger Jahre um die Neue Weltwirtschaftsordnung noch über weite Strecken der Fall gewesen war, noch stellt das Wohl des Staates das primäre Ziel dar, auf das in den achtziger Jahren die neoliberale Programmatik der Staatshaushaltssanierung vor allem ausgerichtet war. Stattdessen geht es darum, sowohl auf der internationalen als auch auf der nationalen Ebene die politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für das Wohlergehen des einzelnen Menschen zu schaffen.
1. Entwicklungspolitische Programmentwicklung
    Entwicklungspolitik setzte lange Zeit auf eine wirtschaftliche Modernisierungs- und Wachstumsstrategie. Dabei wurden vorübergehende Entwicklungsunterschiede in einem Land bewusst in Kauf genommen, weil man mit dem Aufbau moderner Sektoren die Erwartung von Ausbreitungseffekten verband. Diese Vorstellung wurde allerdings von der Realität eingeholt, als nicht nur die Entwicklungsdisparitäten zwischen den Ländern des Nordens und denen des Südens immer weiter zunahmen, sondern sich auch die Lebensbedingungen der schwächsten Bevölkerungsgruppen innerhalb der Entwicklungsländer selbst trotz eines insgesamt steigenden Bruttosozialprodukts immer mehr verschlechterten.
    Darauf reagierten die Regierungen der Entwicklungsländer mit der Forderung nach neuen Spielregeln für die Weltwirtschaft, um die globalen Ressourcenströme zugunsten des Südens umzuleiten. Parallel dazu nahm seit Mitte der siebziger Jahre beim Weltbeschäftigungsprogramm der ILO und innerhalb der Weltbank ein ganz anderes entwicklungspolitisches Leitbild Gestalt an: das der grundbedürfnisorientierten Entwicklung. Dies bedeutete eine Abkehr von gesamtstaatlichen Entwicklungszielen, wie etwa der Wachstumsrate der Volkswirtschaft, und eine Hinwendung zum Individuum. Nicht zuletzt sollte auch eine gleichmäßigere Einkommensverteilung innerhalb der Entwicklungsländer selbst angestrebt werden. Es ist kein Zufall, dass gerade die Weltbank eine führende Rolle einnahm und immer mehr zur einflussreichsten entwicklungspolitischen Denkfabrik wurde. Dort hatten die Geberländer das Sagen, in deren Interesse es lag, der von den Regierungen der Dritten Welt propagierten Neuen Wirtschaftsordnung einen Entwicklungsansatz entgegenzusetzen, mit dem sich die Verantwortung für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung an die Regierungen der Entwicklungsländer selbst zurückspielen ließ. Der Grundbedürfnisansatz stieß erwartungsgemäß auf die Zustimmung der Industriestaaten, während

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