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Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Titel: Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Orringer
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sich mir gegenüber benimmt.«
    »Aber du hast ihn geliebt«, beharrte Andras. »Bis heute. Du hast mit mir angebändelt, um ihn eifersüchtig zu machen, genau wie mit den anderen. Marcel. Und dieser Schriftsteller Édouard.«
    »Du hast recht: Als Zoltán sich von mir abgewandt hat, bin ich nicht allein zu Hause sitzen geblieben. Zumindest nicht lange. Als er verkündete, er wolle fortan sein eigenes Leben leben, habe ich angefangen, mich um meines zu kümmern. Aber Marcel und Édouard waren mir nicht so wichtig wie er, deshalb kehrte ich zu ihm zurück.«
    »Dann stimmt es also«, sagte Andras. »Du liebst ihn wirklich.«
    Klara seufzte. »Ich weiß es nicht. Zoltán und ich stehen beziehungsweise standen uns sehr nahe. Aber wir haben uns nicht füreinander aufgegeben. Er konnte es nicht wegen seiner Gefühle für Edith; ich hielt mich aus demselben Grund zurück. Irgendwann beschloss ich, nicht für den Rest meines Lebens die Geliebte eines Mannes sein zu wollen. Und er beschloss, dass wir aufhören müssten, wenn er und Edith ein Kind bekommen sollten.«
    »Und jetzt?«
    »Seit dieser Entscheidung habe ich ihn nicht mehr gesehen. Seit November.«
    »Fehlt er dir?«
    »Manchmal«, sagte sie und faltete die Hände zwischen den Knien. »Er war ein guter Freund, und er war eine große Hilfe, was Elisabet angeht. Sie mochte ihn immer gern. Wenn sie je so etwas wie einen Vater hatte, dann ihn. Als wir beschlossen, die Sache zu beenden, war es für sie, als hätte er uns beide verlassen. Sie gab mir die Schuld daran. Ich glaube, sie hoffte, dass ich an den Abenden, wenn ich bei dir war, Zoltan treffen würde.«
    »Und was jetzt? Was ist, wenn er dich wieder bittet? Ihr wart elf Jahre lang zusammen, über ein Drittel deines Lebens.«
    »Es ist vorbei, Andras. Jetzt bist du in meinem Leben.«
    »Bin ich das?«, fragte er. »Ich dachte, du wärst fertig mit mir . Vielleicht kannst du mir ja nicht vergeben, dass ich dir Elisabets Geheimnis vorenthalten habe.«
    »Da bin ich mir auch nicht sicher«, sagte sie ohne eine Spur von Ironie. »Elisabet hatte kein Recht, dich in diese Situation zu bringen, aber als sie es tat, hättest du sofort zu mir kommen müssen. Der Mann ist fünf Jahre älter als sie – ein reicher Amerikaner, der zum Zeitvertreib Kunst an der Beaux-Arts studiert. Niemand, der sie zuvorkommend behandeln oder ernst nehmen wird. Schlimmer noch: Er kennt meinen Neffen.«
    »Das kann man ihm kaum vorwerfen«, sagte Andras. »Dein Neffe kennt, glaube ich, jeden im Quartier Latin, der zwischen sechzehn und dreißig Jahren ist.«
    »Jedenfalls hat das aufzuhören. Ich habe nicht vor, dem jungen Mann Gelegenheit zu geben, sich als unehrenhaft zu erweisen.«
    »Und was ist mit dem, was Elisabet will?«
    »Tut mir leid, aber das steht nicht zur Debatte.«
    »Elisabet wird das anders sehen. Wenn du dich gegen sie stellst, wird sie nur noch dickköpfiger werden.«
    Klara schüttelte den Kopf. »Erzähl mir nicht, wie ich mein Kind zu erziehen habe, Andras.«
    »Ich behaupte ja gar nicht, es zu wissen. Aber ich weiß, wie ich mit sechzehn gedacht habe.«
    »Ich habe mir eingeredet, dass du ihr Geheimnis aus diesem Grund bewahrt hast«, sagte Klara. »Ich finde das wirklich lieb von dir. Aber du musst dich auch in meine Lage versetzen.«
    »Verstehe. Du hast also der Sache zwischen Elisabet und Paul ein Ende gemacht.«
    »Das hoffe ich«, sagte Klara. »Und ich habe sie dafür bestraft, dass sie dir diese Briefe gegeben hat.« Ihre Stirn legte sich in die vertrauten Falten. »Sie wirkte reichlich selbstzufrieden, als sie merkte, wie sehr mich das mitnahm. Sie sagte, ich hätte bekommen, was ich verdiente. Ich habe sie unter Hausarrest gestellt. Frau Apfel hält Wache, solange ich fort bin. Elisabet darf erst dann wieder nach draußen, wenn sie sich schriftlich bei dir entschuldigt.«
    »Da wird sie lieber alt und grau werden und sterben.«
    »Das ist ihre Entscheidung«, gab Klara zurück.
    Andras wusste, dass Elisabet sich nicht lange an Klaras Hausarrest halten würde, Frau Apfel hin oder her. Bald würde sie eine Fluchtmöglichkeit finden, und er hatte Angst, dass sie beim nächsten Mal auf Nimmerwiedersehen verschwinden würde. Daran wollte er nicht schuld sein.
    »Ich komme morgen vorbei und spreche mit ihr«, sagte er.
    »Ich glaube nicht, dass das hilft.«
    »Lass es mich versuchen!«
    »Sie wird dich nicht sehen wollen. Sie hat furchtbare Laune.«
    »So schlimm wie meine kann sie gar nicht sein.«
    »Du kennst

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