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Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition)

Titel: Die unsichtbare Brücke: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Orringer
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Elza saß mit einem Nähkörbchen da und flickte sich durch die ungewohnten Verwüstungen der Armut. Die ältere Frau Hász las Radnóti vor, den jungen jüdischen Dichter, den Tibor so bewunderte und dessen Schicksal beim Munkaszolgálat noch immer ungewiss war. Klara saß neben Andras, die Hände zwischen die Knie gepresst, als würde über sie zu Gericht gesessen. Wenn ihrem Bruder irgendetwas zustieß, wusste Andras, würde sie sich die Schuld daran geben.
    Um Viertel vor drei in der Frühe hörten sie den Schlüssel in der Tür. Vor ihnen stand György, rußverschmiert und atemlos, aber ansonsten unversehrt. Er zog seine Jacke aus und legte sie über die Rückenlehne des Sofas, glättete seine blassgoldene Krawatte, fuhr sich mit der Hand durch das silberdurchzogene Haar. Er setzte sich auf einen leeren Stuhl und trank das Glas Pflaumenbrand aus, das seine Frau ihm anbot. Dann stellte er es auf dem niedrigen Tisch vor sich ab und richtete den Blick auf Klara, die neben ihm saß.
    »Es ist vorbei«, sagte er und legte seine Hände auf ihre. »Du darfst aufatmen.«
    »Was ist vorbei?«, fragte seine Mutter. »Was ist passiert?«
    Es habe ein großes Brandopfer von Unterlagen gegeben, erzählte György. Die Erpresser hätten ihn in sein Büro gebracht und aufgefordert, alle Beweise für die illegale Beziehung des Ministeriums zur Familie Hász zusammenzusuchen – jeden Brief, jedes Telegramm, jeden Zahlungsbeleg, jede Verkaufsquittung und jeden Kontoauszug –, dann hätte man ihn gezwungen, alles in den Verbrennungsofen des Gebäudes zu werfen, sodass die Familie Hász niemals in der Lage wäre, einen Prozess gegen das Justizministerium zu führen. Als Gegenleistung förderten die Beamten einen neuen Satz Papiere für Klara zutage, mit denen sie die Staatsbürgerschaft zurückerhielt, die sie als junges Mädchen verloren hatte. Dann nahmen sie die Akte mit all den Dokumenten über Klaras vorgebliches Verbrechen – die Fotografien des Tatorts und der Opfer, die beeidete Zeugenaussage mit dem Hinweis auf Klaras Identität, die Aussagen, die Klara mit der zionistischen Organisation Gesher Zahav in Verbindung brachten, die Polizeiberichte über Klaras Verschwinden und Edith Novaks Aussage über Klaras Rückkehr nach Ungarn – und warfen den Ordner ebenfalls in den großen Verbrennungsofen.
    »Hast du gesehen, wie sie alles verbrannten?«, fragte Klara. »Die Akte, die Fotografien, alles?«
    »Alles«, bestätigte György.
    »Woher willst du wissen, dass nicht irgendwo Abschriften lagern?«, fragte József. »Woher willst du wissen, dass sie nicht noch andere Unterlagen haben?«
    »Das ist möglich, aber nicht wahrscheinlich, denke ich. Wir dürfen nicht vergessen, dass jedes zurückgehaltene Beweisstück ein Beweis gegen sie wäre. Deshalb waren die so erpicht darauf, alle Papiere zu verbrennen.«
    »Aber sie wurden doch immer schon von den Beweisen belastet!«, rief József und erhob sich von seinem Stuhl. »Bisher hat sie das nie gestört.«
    »Diese Männer hatten Angst«, sagte Hász. »Es gelang ihnen kaum, das zu verbergen. Die Regierung steht nicht auf ihrer Seite. Sie haben gesehen, dass siebzehn ihrer Kollegen herausgeworfen wurden, und einige kamen ins Gefängnis oder wurden schon für kleinere Vergehen zum Arbeitsdienst geschickt, als das, was sie uns angetan haben.«
    »Und du hast alles verbrannt?«, fragte József. »Wirklich alles? Du hast keine einzige Abschrift behalten? Nichts, das uns später Gelegenheit zum Regress geben könnte?«
    György sah seinen Sohn streng und fest an. »Sie haben mir eine Pistole an den Kopf gehalten, als ich die Akten leerte«, erklärte er. »Ich würde auch gerne behaupten, ich hätte noch irgendwo Duplikate, aber es war schon gefährlich genug, das zu behalten, was ich hatte. Wie auch immer, es ist jetzt vorbei. Klaras Fall kann nicht mehr aufgerollt werden. Ich habe die Unterlagen brennen sehen.«
    Mit geballten Fäusten stand József vor dem Stuhl seines Vaters. Er schien kurz davor, György bei den Schultern zu packen und zu schütteln. Sein Blick huschte zu seiner Großmutter, seiner Mutter hinüber, dann fiel er auf Andras und blieb auf ihm ruhen. Die beiden verband eine derart furchtbare Geschichte, dass die Frustration des Augenblicks in einem anderen Licht erschien; sich gegenseitig anzusehen, war eine Erinnerung daran, was es bedeutete, mit dem Leben davongekommen zu sein. József setzte sich wieder und sprach an seinen Vater gewandt.
    »Gott sei Dank ist es

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