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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Marold übernommen. Ich war ja selbst dabei, als Ihr ihn vor Graf Adolf warntet.«
    »Doch erinnert Ihr Euch nicht mehr daran, was ich Euch beizubringen suchte. Man muss seinen Geist benutzen, immer einen Plan haben, der den anderen einen Schritt voraus ist. Wie groß, glaubt Ihr, ist die Gunst, die mir Graf Adolf erweist, wenn ich den Plan der Lübecker vereitle?« Er kostete den Anblick des völlig verblüfften Reinhardt aus. Diesem war wahrhaftig noch nicht der Gedanke gekommen, dass er, Felding, ein doppeltes Spiel treiben könnte. Wie konnte man nur so einfältig sein?
    »Ihr habt Marold Eure Hilfe nur zum Schein angeboten? Diese Schriftrolle dort«, er deutete mit dem Kopf darauf, »ist eine Fälschung aus Eurer Feder und nach Eurem Geschmack?«
    »Allerdings!« Er strahlte ihn höchst zufrieden an. »Damit trefft Ihr den Nagel auf den Kopf.« Das freundliche Lächeln erstarb so rasch, wie er es aufgesetzt hatte, und er verlangte finster: »Nun zeigt mir Euer Pergament! Ich bin sicher, Ihr habt es nicht anders gemacht als ich.«
    »Aber nein, Herr, nie wäre ich auf den Gedanken gekommen …«
    Felding verlor die Geduld mit diesem Jammerlappen und schlug einen härteren Ton an. »Her damit, oder ich schneide Euch Eure verlogene Zunge ab!«
    »Ich kann es Euch erklären«, wimmerte er und reichte ihm zitternd die Rolle. »Wollt Ihr Geld? Ich kann Euch welches geben! Bitte, Herr, ich tat das alles doch nur für mein Weib. Sie ist krank, und der Medicus ist teuer.«
    Er redete unablässig weiter in einem fürchterlich klagenden Singsang, der Felding noch den Verstand rauben würde. Ungeduldig entriss er ihm Esthers Schreiben und tat so, als wisse er nicht, was er dort zu lesen bekam. Seine Augen glitten nur zum Schein über die ersten Zeilen, wobei ihm auffiel, dass das Frauenzimmer Marolds Schrift nicht eben gut getroffen hatte, wenn er nicht irrte. Verdammt, er hätte ihr auf die Finger sehen müssen. Jetzt war es zu spät. Sollte alles herauskommen und es eng für ihn werden, könnte er mit diesem Gekritzel kaum den Domherrn ans Messer liefern. Er würde doch Esther opfern müssen, ein Gedanke, der ihm deutlich missfiel. Er wollte sie lebend und in Freiheit, er wollte sie für sich. Noch immer wehklagte Reinhardt unaufhörlich und bat wieder und wieder um Gnade. Felding hörte kaum hin. Er steckte die von Esther geschriebene Fassung in sein Gewand. Das Vorhaben musste eben gelingen, man durfte ihm nicht auf die Schliche kommen, dann wären seine einsamen Nächte gezählt.
    »Diese Urkunde wolltet Ihr also nach Parma schicken«, donnerte er. »Wie hätte ich wohl dagestanden vor dem Grafen, wenn der Kaiser sie erst unterschrieben und mit seinem Siegel versehen hätte, hä?«
    »So glaubt mir doch! Die Urkunde stammt nicht von mir. Ich habe sie nicht geschrieben. Ein schwarzer Mann gab sie mir. Er verlangte wie Ihr, dass ich sie dem Boten gebe. Mehr weiß ich Euch nicht zu sagen.«
    Wie einfallslos. Da behauptete dieses arme Würstchen doch in der Tat, noch jemand habe sein Pult nur als Übergabeort benutzen wollen. Nun schön, er wusste natürlich wirklich nicht, woher die Rolle plötzlich gekommen war. Es musste ihm scheinen, als wäre sie vom Himmel gefallen. Das hätte er noch weniger behaupten können. Felding merkte, dass er dieses Theaters hier müde wurde. Außerdem musste er sich sputen. Nicht mehr lange, dann käme der Bote. Vorher gab es noch etwas zu tun.
    Er tastete in seinem Gewand nach dem zweiten Gegenstand, den er für diese kleine Verabredung mitgebracht hatte.
    »Ihr habt mich enttäuscht, mein lieber Reinhardt, Ihr habt mich wahrlich enttäuscht.«
    »Nein, Herr, es ist ja nicht, wie Ihr glaubt.« Seine Stimme war nur noch ein Schluchzen.
    »Wisst Ihr, fast beneide ich Euch ein wenig. Ihr habt ein Weib, für das Ihr sogar bereit seid, Euch in Gefahr zu begeben. Auf der anderen Seite … Gerade diese Eigenschaft der sogenannten Liebe ist es, die mir nicht recht zusagen mag.« Er schlenderte langsam um das Pult und um den schlotternden Reinhardt herum. »Sie scheint einem den Geist zu vernebeln. Ihr hättet Euch ein Beispiel an mir nehmen sollen. Ich weiß stets, was zu tun ist.« Der Holzgriff seines Langsaxes lag sicher in seiner Hand. »Selbst als ich Euch verriet, welch doppeltes Spiel ich treibe, war das kein unbedachter Fehler von mir. Denkt Euch nur, schon in dem Moment wusste ich, dass Ihr keine Gelegenheit mehr haben würdet, es eilig herumzutratschen.«
    »Was meint Ihr damit?«
    In

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