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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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damit, oder ich schneide Euch Eure verlogene Zunge ab!«
    »Ich kann es Euch erklären«, wimmerte er und reichte ihm zitternd die Rolle. Nun blieb ihm nur noch eine Möglichkeit. »Wollt Ihr Geld?«, bot er an. »Ich kann Euch welches geben! Bitte, Herr, ich tat das alles doch nur für mein Weib. Sie ist krank, und der Medicus ist teuer.«
    Er redete unablässig auf ihn ein, doch Felding schien ihn gar nicht mehr zu hören. Seine Augen glitten über die Zeilen. Als er genug gelesen hatte, steckte er die Fassung des schwarzen Mannes in sein Gewand. Eine lag noch immer unter dem Lumpen, die von Felding verfasste war ebenfalls noch da. Er konnte dem langen dürren Kerl mit dem schwarzen Umhang also noch immer ein Pergament vorweisen und damit den Rest des in Aussicht gestellten Geldes bekommen, selbst wenn Feldings Plan aufgehen und seine Version den Weg nach Parma finden sollte. Wenn er nur den Kölner irgendwie besänftigen könnte. Danach sah es nur leider nicht aus.
    »Diese Urkunde wolltet Ihr also nach Parma schicken«, donnerte der. »Wie hätte ich wohl dagestanden vor dem Grafen, wenn der Kaiser sie erst unterschrieben und mit seinem Siegel versehen hätte, hä?«
    »So glaubt mir doch! Die Urkunde stammt nicht von mir. Ich habe sie nicht geschrieben. Ein schwarzer Mann gab sie mir. Er verlangte wie Ihr, dass ich sie dem Boten gebe. Mehr weiß ich Euch nicht zu sagen.« So, jetzt war es raus. Entweder Felding glaubte ihm oder nicht.
    Nicht mehr lange, dann käme der Bote. Vielleicht konnte er ihn mit seiner Geschichte wenigstens lange genug hinhalten. Dann würde er die Unruhe nutzen und an dem Boten vorbei auf und davon laufen.
    »Ihr habt mich enttäuscht, mein lieber Reinhardt, Ihr habt mich wahrlich enttäuscht.«
    »Nein, Herr, es ist ja nicht, wie Ihr glaubt.« Seine Stimme gehorchte ihm nicht mehr.
    »Wisst Ihr, fast beneide ich Euch ein wenig. Ihr habt ein Weib, für das Ihr sogar bereit seid, Euch in Gefahr zu begeben. Auf der anderen Seite … Gerade diese Eigenschaft der sogenannten Liebe ist es, die mir nicht recht zusagen mag.«
    Er überlegte angestrengt, was er darauf erwidern konnte. Zeit schinden, hämmerte er sich ein, irgendwie Zeit schinden, bis der Bote da war.
    »Sie scheint einem den Geist zu vernebeln. Ihr hättet Euch ein Beispiel an mir nehmen sollen. Ich weiß stets, was zu tun ist.« Felding war in aller Ruhe um ihn herumgeschlichen. Was führte er im Schilde? Würde er ihn ausliefern oder für ein weiteres finsteres Geschäft missbrauchen? »Selbst als ich Euch verriet, welch doppeltes Spiel ich treibe, war das kein unbedachter Fehler von mir. Denkt Euch nur, schon in dem Moment wusste ich, dass Ihr keine Gelegenheit mehr haben würdet, es eilig herumzutratschen.«
    Keine Gelegenheit mehr … Er würde doch nicht … Reinhardt stockte der Atem.
    »Was meint Ihr damit?« Er drehte sich zu ihm herum. Beim nächsten Wimpernschlag spürte er ein Brennen an der Kehle. Ihm wurde schwindlig. Felding hatte eine Waffe in der Hand. Er vermochte sich nicht zu erklären, woher sie so plötzlich gekommen war. Eine blutige Waffe!
    »Welch ein Narr Ihr doch seid, wenn Ihr geglaubt habt, ich könnte Euch am Leben lassen.«
    Reinhardt hörte die Worte wie durch einen Schleier. Etwas lief ihm feucht den Hals hinunter. Alle Kraft wich aus seinem Körper.
    »Das war nicht möglich, bei allem, was Ihr wisst.« Reinhardt nahm wahr, wie er rückwärtsgestoßen wurde und mit den Beinen an einen Hocker stieß. Dann legte sich Schwärze über ihn. Was würde dieser Unmensch Esther antun? Was würde aus seiner kranken Frau und seiner lieben Heimatstadt Lübeck werden? Er bat seinen Schöpfer, dem er nun würde entgegentreten müssen, um Vergebung, auf dass er nicht im ewigen Höllenfeuer schmoren musste. Sein letzter Gedanke galt seinem geliebten Weib. Ein schöner Gedanke. Reinhardt starb mit einem leisen Lächeln auf den Lippen.

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    Lübeck, 18 . April 1226  – Josef Felding
    E in seltenes Hochgefühl hatte Besitz von ihm ergriffen. Die Freuden, die ein Weib einem zuteilwerden lassen konnte, mochten auch nicht größer sein. Er blickte sich nach allen Seiten um. Hatte sich dort in dem finsteren Winkel zwischen den beiden Häusern nicht etwas bewegt? Nein, alles war ruhig. Hastig zog er das Schwert aus dem Ärmel, füllte den Eimer, holte ihn hinauf und spülte die Waffe gründlich ab. Wieder ein schneller Blick die Gasse entlang, dann schob er das Schwert zurück in die Scheide. Nun würde er

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