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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Dennoch behauptet Ihr, sie könne schreiben?«
    »Sie ist eine Hexe. Und das behaupte ich nicht nur, das kann ich Euch beweisen.«
    Während Felding seinen Mantel öffnete und daran herumnestelte, blickte Vitus betreten zu Esther. Die beiden machten wahrhaftig den Eindruck, als hätten sie etwas zu verbergen. Wenn es ihm auch nicht schmeckte, hatte es doch den Anschein, dass Vitus Alardus und diese Esther diejenigen waren, die an den Pranger gehörten.
    »Hier ist es schon!«, rief Felding triumphierend aus und hielt ihm ein kleines Stück Pergament hin.
    »O guter Gott«, betete Esther leise.
    Marold griff nach dem Fetzen und drehte ihn. »Was soll damit sein?« Ein leeres Pergament – war der Kölner jetzt vollständig verrückt?
    Der riss ihm das vermeintliche Beweisstück aus den Händen.
    »Aber das …«, stammelte er. »Das kann doch nicht sein. Sie hat darauf geschrieben. Ich habe es selbst gesehen.«
    »Niemand hat auf diesem Pergament je etwas geschrieben«, gab Marold böse zurück. Allmählich verlor er wirklich die Geduld mit diesem Kerl. »Es sei denn, er hat die Tinte wieder abgekratzt.«
    »Aber nein, Herr, so glaubt mir doch! Ich sah, wie sie Worte darauf schrieb, und steckte mir den Fetzen gleich darauf ein.« Er drehte und wendete den Gegenstand in seinen Fingern und hielt ihn gegen das Sonnenlicht, das durch das offene Fenster in das Kontor strahlte. »Das ist Teufelswerk«, kreischte er schließlich. Seine Augen waren weit aufgerissen. Man musste in der Tat fürchten, er sei dem Irrsinn anheimgefallen.
    »Da seht Ihr, wie Ihr diesem Haderlump glauben könnt«, warf Magnus ein.
    Marold drehte seinen Besuchern den Rücken zu und blickte hinaus auf die Baustelle des Doms. Er musste herausfinden, wer hier log und wer nicht. Nur leider war das nicht so einfach.
    »Beurteilt selbst, wem Ihr glauben könnt«, hörte er da Feldings Stimme, die mit einem Mal wieder sicher und stolz klang.
    Marold drehte sich zu ihm um und blickte auf eine Pergamentrolle, die er ihm reichte. Auch die anderen starrten gebannt darauf.
    »Dieses ist die Abschrift, die das Weib gemacht hat. Sie glaubte übrigens damit Eure Handschrift getroffen zu haben, was ihr jedoch keinesfalls gelungen ist, wie Ihr gleich sehen werdet. Dass das Schreiben aber von ihr ist, erkennt Ihr daran, dass darin eine Passage enthalten ist, die sie eigens für ihren Liebhaber verfasst hat. Wie niederträchtig, sich vom Kaiser eine Besserstellung der Lübecker Englandfahrer erschleichen zu wollen!« Die letzten Worte spie er geradezu aus.
    Marold nahm die Rolle und las. Er sah die sauberen, feinen Buchstaben eines geübten Schreibers und konnte sich beileibe nicht vorstellen, dass sie von einer Frauenhand stammten. Was er las, stimmte ihn zuversichtlich. Es war mit jedem Wort der Inhalt, den er in Auftrag gegeben hatte. Einzig ein Nebensatz, der Heinrich den Löwen als Stadtgründer benannte, ließ ihn stutzen. Dennoch, käme diese Abschrift in Parma an, wäre Lübeck vor dem Schauenburger gerettet.
    »Nun, was sagt Ihr? Ist das nicht infam?«
    »Ich weiß nicht, was Ihr meint.«
    »Die Stelle mit den Englandfahrern. Lest die Stelle mit den Englandfahrern!«, stieß er aufgebracht aus. Ein Speicheltropfen rann ihm aus dem Mund.
    Marold ließ das Pergament sinken und betrachtete ihn eingehend. Ja, dem Mann musste von all seinen eigenen Gaunereien in einem Maße der Kopf schwirren, dass es ihn den Verstand gekostet hatte. Anders war diese Posse hier nicht zu erklären.
    »Es gibt keine Stelle, in der Englandfahrer auch nur erwähnt würden«, sagte er streng.
    »Ihr lügt!«
    »Was erdreistet Ihr Euch? Jetzt ist es genug! Ich habe Euch Eure Chance gegeben, habe Euch sprechen lassen. Der Lüge bezichtigen lasse ich mich von Euch gewiss nicht.«
    »Verzeiht, bester Herr, verzeiht, so meinte ich es ja nicht. Ihr müsst noch einmal lesen, bitte. Da muss etwas stehen von Englandfahrern. Ich weiß es!«
    »Vitus Alardus, Magnus, schafft ihn fort zu den Häschern. Wenn Gott der Herr ihm gnädig ist, sieht man ihn als Kranken an, dem der Geist abhandengekommen ist. Dann sperrt man ihn vielleicht in die Stadtmauer oder bohrt ihm den Schädel auf, damit das Böse entweichen kann.« Zufrieden beobachtete er, wie der Fuchsgesichtige voller Angst die Augen aufriss. Das würde es ihm schon austreiben, einen Domherrn als Lügner zu bezeichnen.
    »Verzeiht, ich will Euch nicht widersprechen«, setzte Vitus an.
    »Dann tut es auch nicht«, schnitt Marold ihm das Wort

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