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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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gebracht, meine eigene Fassung niederzuschreiben.«
    »Was sagt Ihr da? Wie könnt Ihr es wagen?« Esther war aufgesprungen und stand nun vor ihm. Zum ersten Mal in ihrem Leben spürte sie Lust, einem Menschen Schmerz zuzufügen. Wie er da lag und um sein Davonkommen log, hätte sie am liebsten nach ihm getreten.
    »Aber ja«, säuselte er. »Zunächst wollte ich nur für beide Seiten die Dokumente anfertigen und Gott unseren Herrn entscheiden lassen, welche ihr Ziel erreicht.«
    »Lass Gott aus dem Spiel, du Bastard«, drohte Magnus.
    »Mir war es gleich. Es war wie eine Wette, müsst Ihr wissen. Doch dann erfuhr ich von Esther, die immerhin selbst den Einfall hatte, eine Urkunde zu fälschen. Ich habe sie nicht darauf gebracht, das könnt Ihr mir nicht vorhalten.« Er sah ihr direkt in die Augen, bis sie wegschauen musste. Es stimmte ja. Und zu allem Überfluss lag ein Schimmer in seinem Blick, der sie merkwürdig berührte. »Euch ging es nicht um Lübeck und seine Bürger, Euch ging es allein um den Vorteil eines jämmerlichen Kaufmanns, der es ohne Taschenspielertricks anscheinend zu nichts bringt.«
    »Ich werde Euch gleich …« Vitus sprang auf ihn zu und packte ihn am Kragen.
    »Nein, nicht, Vitus!«, rief sie.
    »Ach was, lass ihn doch«, meinte Kaspar. »Der hat es verdient, dass ihm mal jemand gehörig die lange Nase krumm haut.«
    »Nein«, beharrte sie. »Magnus hat ganz recht, wir brauchen ihn lebend, damit er dem Domherrn Marold alles gesteht, was er getan hat.«
    »Lebend schon, aber gern mit zerschlagener Visage«, gab Kaspar zurück.
    Vitus’ Faust war noch immer in der Luft, mit der anderen Hand hielt er Felding in eisernem Griff. Er atmete hörbar aus und warf ihn ins Gras zurück.
    »Ihr habt es nötig, von Taschenspielertricks zu faseln. Ich habe Eure Version der Privilegien gelesen. Mit den Vorteilen, die Ihr den Kölner Englandfahrern ergaunern wolltet, lässt sich’s leicht Handel treiben. Jeder Narr könnte das.«
    »Genug der Worte!« Magnus baute sich neben Vitus auf. »Wir sollten uns auf den Weg machen. Was denkt Ihr?«
    Vitus nickte. »Ihr habt recht, gehen wir.«
    »Und was ist mit Bille und ihrem Vater?« Kaspar sprang auf. »Wir können sie nicht einfach hier zurücklassen.« Er zog die Oberlippe ein.
    »Am besten, wir versuchen bei einem der Hofbauern unterzukommen«, überlegte Norwid laut. »Vielleicht kann ich dort Arbeit finden.« Er half seinem Vater auf die Beine und sprach leise mit ihm.
    Esther nahm Magnus beiseite.
    »Ihr sagtet, die Gräfin sei im Hause des Bischofs zu Gast.«
    »Das ist richtig, ja.«
    »Und Ihr sagtet auch, der Teufel hat sein eigenes Eheweib nicht besser behandelt als die Mägde.«
    »Worauf wollt Ihr hinaus?«
    »Er trägt die Schuld an Billes erbarmungswürdigem Zustand. Wäre sie gesund, könnten alle drei ihre Dienste anbieten. So aber bekommt ein Bauer zu einem arbeitenden Burschen einen Alten und ein verkrüppeltes Mädchen dazu. Niemand wird sie aufnehmen.«
    Er nickte langsam. Dann sagte er laut: »Ich schlage vor, Ihr begleitet uns in die Stadt. Wir tragen Bille abwechselnd. Werdet Ihr den Weg alleine schaffen?«, fragte er den alten Müller.
    »Gewiss, wenn wir zwischendurch eine kleine Rast einlegen können.«
    »Das werden wir. Bille braucht so bald wie möglich einen Medicus. Den werden wir in der Stadt finden.«
    Das Gesicht des Vaters begann zu strahlen, seine Augen leuchteten. »Mit dem Geld, das Ihr uns gabt, könnten wir einen bezahlen. Worauf warten wir noch? Gehen wir! Kann sein, dass ich es auch ohne eine Rast schaffe.«
    Norwid trug Bille zuerst auf seinen Schultern. Vitus und Kaspar nahmen Felding, der schrecklich humpelte und sich auf einen dicken Ast stützte, den er gefunden hatte, in ihre Mitte. Esther ging mit gesenktem Kopf hinter ihnen her. Einen Schritt hinter ihr lief der Müller mit Magnus. Sie hörte, wie dieser sagte: »Im Hause von Bischof Bertold ist die Gräfin von Schauenburg zu Gast. Ich werde zu ihr gehen und ihr berichten, was ihr Gatte Eurer Tochter angetan hat. Habt keine Angst, sie ist eine gottesfürchtige und gute Frau. Sie wird für Euch sorgen.«

[home]
    Lübeck, 19 . April 1226  – Marold
    W as um alles in der Welt hat das zu bedeuten?« Er starrte die kleine Gruppe von Menschen an, die soeben Einlass in sein Kontor erbeten hatte.
    »Ich grüße Euch, verehrter Domherr. Erlaubt, dass ich mich vorstelle. Mein Name ist Vitus Alardus, Getreidehändler und Englandfahrer dieser Stadt.«
    »Ich kenne

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