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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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wäre ein Fuhrwerk über sie hinweggerollt. Sie hatte kein Glück gehabt. Ihr Mann war nicht etwa rasch mit dem Beischlaf fertig gewesen, wie sie erwartet hatte. Anscheinend hatte das Geplänkel mit der blutjungen Magd ihn so erhitzt, dass er gar nicht genug bekommen konnte.
    »Du bist mir rechtmäßig angetraut«, hatte er geschrien und ihr brutal ins Gesicht geschlagen. »Ich kann von dir Gebrauch machen, wann immer, wie lange und so oft ich will.« Ein Schlag auf die andere Wange. »Und als mein mir rechtmäßig angetrautes Eheweib könntest du dir mal ein bisschen Mühe geben. Es kann doch nicht so schwer sein, es wie eine Hure zu treiben. Ich werde dir das Vergnügen daran schon beibringen. Und wenn ich es dir einprügeln muss«, hatte er gebrüllt und ihre Schenkel so weit auseinandergezerrt, dass sie glaubte, es würde sie zerreißen. Dreimal hatte sie die Glocke schlagen hören, bevor er endlich von ihr abgelassen hatte. Ihr einziger Trost war gewesen, dass sie eben kein Vergnügen daran empfunden hatte. Sie hatte ihren Mann nicht zum Verkehr ermuntert, sondern das alles lustlos über sich ergehen lassen. So war es keine Sünde und ihre Seele nicht in Gefahr.
     
    Nun war ihr Gesicht geschwollen, und ihr Schoß brannte erbärmlich. Sie fühlte sich wie ausgehöhlt. Bisher war es ihr stets unrecht erschienen, wenn sie schlecht von ihrem Gatten gedacht hatte. Der Beischlaf war ein Übel, mit dem sich jede Frau abfinden musste, so hatte man es ihr beigebracht. Er hatte ja recht, dass er nach seinem Belieben von ihr Gebrauch machen durfte. Doch sie derartig zuzurichten konnte nicht recht und nicht in Gottes Sinn sein. Sie dachte an die Worte ihres Großvaters. Und sie dachte an den zweiten Besuch des Fremden, der Magnus dazu benutzen wollte, Kaiser Friedrich  II . zu täuschen. Sie sah sich ängstlich in dem Schlafgemach um, als könnte jemand ihre Gedanken lesen. Eine Frau, die sich gegen ihren Gatten stellte, das war ungeheuerlich. Doch was blieb ihr übrig, wenn eben dieser Gatte auf der falschen Seite stand? Was hatte ihr Großvater noch gesagt? »Albrecht ist fromm im Herzen, Kind. Er hat wie ein Held gekämpft, um die Kirche von ihren ungläubigen Feinden zu befreien. Wer gegen ihn ist, ist auch gegen Gott.« Ihr Mann Adolf war gegen Albrecht von Orlamünde. Das bedeutete also, dass er gegen Gott war. Dafür würde er im ewigen Höllenfeuer schmoren. Niemand konnte von Heilwig verlangen, dass sie ihn auch dorthin begleitete.
    Sie rief nach dem Kammermädchen. Von dessen entsetztem Gesicht konnte sie ablesen, wie schlimm ihr Mann sie tatsächlich zugerichtet hatte. Dennoch tat Heilwig, als wäre nichts vorgefallen. Sie ließ sich ankleiden und die Haare hochstecken. Dann verlangte sie den Schreiber Magnus zu sehen.
     
    Magnus, hochgewachsen und seit geraumer Zeit erschreckend dünn, verneigte sich formvollendet. Seine Miene verriet nicht im mindesten, was er von ihrem Anblick hielt. Als er sich aufrichtete, schüttelte ihn ein trockener Husten, den er zu unterdrücken versuchte. Sein graues Haar, für sein stolzes Alter noch erstaunlich dick und voll, umwehte das magere Antlitz.
    »Setzt Euch, Magnus«, forderte Heilwig ihn auf. Sie war besorgt um seine Gesundheit und fürchtete, dass er nicht mehr die Kraft hatte, sich lange auf den Beinen zu halten.
    »Danke.« In dem zierlichen Sessel mit den geschwungenen Armlehnen wirkte er merkwürdig deplaziert.
    »Ich will nicht lange um die Sache herumreden«, begann sie, obwohl es ihr äußerst schwerfiel, auf den Punkt zu kommen. »Der Graf hat Euch kürzlich eine Wachstafel zukommen lassen, deren Wortlaut Ihr auf Pergament übertragen sollt. Habt Ihr Euch nicht gefragt, warum der Verfasser das nicht selbst erledigt hat?«
    »Nein, erlauchte Gräfin.« Seine knittrigen Lippen verzogen sich zu einem schmalen Lächeln. »Weder steht es mir zu, mir derlei Fragen zu stellen, noch zweifle ich an dem Nutzen dieser Tätigkeit.«
    Sie zog fragend die Augenbrauen hoch, was ihr einen brennenden Schmerz einbrachte. So bemühte sie sich rasch wieder um entspannte Züge.
    »Nun, der Schreiber tut sich schwer mit der rechten Reihenfolge und Vollständigkeit der Buchstaben, erlauchte Gräfin«, erklärte er. »Da ist es wohl nützlich, jemanden zu bitten, der dies besser beherrscht. Zumal das Schreiben von nicht unerheblicher Bedeutung ist.«
    »Das ist es allerdings«, stimmte sie nachdenklich zu. »So wisst Ihr also, dass es dem Kaiser höchstselbst vorgelegt und als exakte

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