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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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Abschrift des von seinem Großvater, Kaiser Barbarossa, verfassten Briefs verkauft werden soll?«
    »Es war nicht sehr kompliziert, den Zusammenhang zu begreifen. Die Andeutungen des Grafen und der Wortlaut, den ich zu verfassen hatte, haben mir verraten, wofür der Brief verwendet werden soll, erlauchte Gräfin.«
    »Hört schon auf mit dieser hochgestochenen Anrede. Ihr habt mich auf Euren Knien geschaukelt, als ich kaum laufen konnte. Und Ihr wart, solange ich denken kann, ein Getreuer meines Großvaters, Gott hab ihn selig. Ich spreche zu Euch nicht als Gräfin, sondern als Mensch. Ihr müsst mir schwören, dass ich Euch als Mensch und als Freund meines Großvaters, des Bischofs, vertrauen kann.«
    »Das könnt Ihr. Ich würde mein Leben für Euch geben, so wie ich es für den Bischof gegeben hätte, wenn es Gott der Herr von mir verlangt hätte.« Ein Blick in seine wässrig blauen Augen sagte ihr, dass er die Wahrheit sprach.
    »Hört zu, Magnus, Ihr wisst, dass der Graf großes Unrecht von Euch verlangt. Viel weiß ich nicht über Eure Vergangenheit, nur so viel, dass man Euch auf der Stelle hängt oder rädert, wenn man Euch erwischt. Nach einem anderen, der hinter der Sache stehen könnte, wird niemand suchen. Ihr seid ein perfekter Sündenbock, nehme ich an.«
    »Auf einen Fälscher wartet der Henker, gewiss. In diesem Falle, möchte ich meinen, wird man mir zuvor noch die Hand abhacken, mit der ich den Betrug am Kaiser versucht habe. Keine Seele wird an meiner Schuld zweifeln.« Er sprach ruhig, als hätte er sich mit seinem Schicksal bereits abgefunden.
    »Es scheint Euch nicht sehr zu kümmern.«
    »Habe ich denn eine Wahl? Ich werde Euch sagen, was mich wirklich kümmert. Ich bin unter Bettlern, Huren und Dieben groß geworden. Bevor ich lernte, mit dem Löffel zu essen, konnte ich schon ein paar Kartoffeln vom Feld stibitzen oder einem edlen Herrn ein Loch in die Geldkatze stechen und die Münzen fangen, ohne dass er es bemerkt hätte. Ich war flink und furchtlos wie kein Zweiter. Mit acht Jahren begegnete ich dem Bischof, Gott hab ihn selig, der damals noch die Regentschaft in Lippe innehatte und einer der einflussreichsten weltlichen Herren der gesamten Gegend war. Er trug die herrlichsten Spangen auf seinen Schuhen, die ich jemals gesehen hatte. Nur eine davon hätte, den richtigen Halunken angeboten, ein kleines Vermögen gebracht. So griff ich also zu, als mir die Gelegenheit günstig erschien. Ich hatte Ihren Großvater unterschätzt. Er war aufmerksam wie ein Habicht. Entdeckt zu werden war mir nicht neu, doch am Schlafittchen gepackt zu sein, bevor ich mich davonmachen konnte, das hatte ich zuvor noch nicht erleben müssen.«
    »Hat er Euch bestraft?«
    »Nein. Aber er hat mir in allen Farben und Einzelheiten ausgemalt, welche Strafe mich erwartet, wenn ich mir noch ein einziges Mal etwas zuschulden kommen lasse. Dann hat er mich mit sich genommen und dafür gesorgt, dass ich zum Ritter ausgebildet werde.«
    »Warum hat er das getan?« Sie war verwirrt. Einem Dieb wurde für gewöhnlich die Hand abgehackt. Ihm stattdessen eine Ausbildung zum Ritter zukommen zu lassen war mehr als ein gnädiges Entgegenkommen, es war ein kostbares Geschenk.
    »Weil er ein guter Mensch war. Seht Ihr, jeder sagte damals, er habe mich zu sich genommen und das Handwerk eines Ritters lernen lassen, weil er mein Talent, meine Schnelligkeit und meinen Mut erkannt hatte und für seine Zwecke nutzen wollte. Ich aber bin gewiss, dass es meine Not war, die er erkannt hat, und dass er mich auf den Pfad Gottes führen wollte. Nun etwas tun zu müssen, das ihm nicht gefallen hätte, das nicht recht auf den Weg des Herrn passt, das ist es, was mich kümmert, oder sollte ich besser sagen, was mich bekümmert.«
    Sie dachte eine Weile über das Gehörte nach, dann sagte sie: »Nun wird mir klar, warum es Herren gibt, die Euch nicht als Ritter und Vertrauten des Bischofs anerkannt haben, bis heute nicht. Wenn sie Euch gegenüberstehen, sehen sie Eure dubiose Vergangenheit und zuallererst Eure niedere Herkunft.« Sie nickte und ging langsam durch ihre Kammer. »Ihr seid der perfekte Sündenbock«, wiederholte sie. »Es scheint ein perfekter Plan zu sein. Doch er wird nur aufgehen, wenn Ihr in der verlangten Weise mitspielt.«
    Er machte sich in dem kleinen Sessel gerade. »Was meint Ihr?«
    »Wie weit seid Ihr mit dem Pergament?«, fragte sie, ohne ihm zu antworten.
    »Schon morgen beim ersten Hahnenschrei werde ich in den Wagen

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