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Die unsichtbare Handschrift

Die unsichtbare Handschrift

Titel: Die unsichtbare Handschrift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Johannson
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damals Interesse an dem England-Paragraphen hatte. Womöglich wird die Frau zu Unrecht beschuldigt, und dieser Typ aus Köln wollte ihr nur etwas anhängen.«
    »Das ergibt nicht viel Sinn«, wandte er ein und goss ihr erneut heißes Wasser in die Tasse.
    »Ja, das sehe ich genauso. Trotzdem will ich sichergehen. Falls sich nichts findet, muss ich eben meinen Hauptdarstellern auf den Leib rücken. Vielleicht lässt sich etwas über eine Schreiberin in Lübeck in der betreffenden Zeit herauskriegen, deren Vater zum Beispiel Englandfahrer war.«
    »Das wird eine ziemliche Sisyphusarbeit.«
    Sie versuchte in seinem Gesicht zu lesen. Hoffentlich eröffnete er ihr jetzt nicht, dass er sie für andere Aufgaben brauchte.
    »Ich kann Sie nicht komplett für diese Geschichte freistellen, aber mir ist natürlich klar, wie brisant Ihre Entdeckung ist.« Die Tasse in der Hand, lehnte er sich in seinem Ledersessel zurück. »Das ist doch ein starkes Stück. Wir sind immer davon ausgegangen, dass es Absprachen zwischen den Lübeckern und Friedrich  II . gegeben hat, die von Barbarossa erteilten Privilegien zu erweitern. Insgeheim habe ich noch immer gehofft, dass uns irgendwann entsprechende Unterlagen, Schriftwechsel vielleicht, in die Hände fallen, die das belegen. Wie es aussieht, können wir darauf lange warten.«
    »Es hat keine Absprachen gegeben.«
    »Die Lübecker haben betrogen.«
    »Geschummelt«, korrigierte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. »Das klingt doch viel netter.«
    »Keine Absprachen. Die zusätzlichen Rechte und Vorteile, die in unserer Abschrift des Barbarossa-Privilegs fehlen, sind einer Fälschung einfach zugesetzt worden. Aufgrund dieser erweiterten Abschrift, die man dem Kaiser als Original seines Großvaters untergejubelt hat, hat dieser den Reichsfreiheitsbrief ausgestellt und mit seinem kaiserlichen Siegel versehen.«
    »Alle Achtung!«
    »Gilt das mir oder den Lübeckern?«
    Ihre Antwort war ein Schmunzeln.
    »Eins steht fest. Entweder war die Frau nur am Rande an dem Schwindel beteiligt. Dann müssten wir wohl davon ausgehen, dass der Rat der eigentliche Drahtzieher war.« Er machte eine Pause und dachte nach.
    »Oder?«
    »Oder sie war beispielsweise Albrecht  II ., Graf von Orlamünde, zugetan, und es ging ihr in erster Linie darum, ihm Genugtuung zu verschaffen.«
    »Wie meinen Sie das?« Sie richtete sich auf ihrem Stuhl auf.
    »Hausaufgaben nicht gemacht?«
    Sie rollte mit den Augen.
    »Der Graf hat seinem Onkel, dem Dänenkönig Waldemar, zur Stadtherrschaft über Lübeck verholfen. Diejenigen, die ihn in Gefangenschaft gebracht haben, waren darauf aus, sich eben dieser Herrschaft zu bemächtigen. Und sie hätten auch die besten Chancen gehabt, würde nicht in diesem Dokument stehen, dass Lübeck frei zu sein hat.«
    Christa las die entsprechende Passage: »Die obengenannte Stadt Lübeck solle stets frei sein, das heißt, sie solle eine unmittelbare Stadt, ein Ort des Reiches sein und unmittelbar der kaiserlichen Herrschaft unterstehen, wobei sie niemals von dieser unmittelbaren Herrschaft getrennt werden soll.«
    »Pech für diejenigen, die sich die Stadt schnappen wollten. Immerhin ein bisschen Wiedergutmachung für Albrecht.« Er stützte sich mit beiden Händen auf die Armlehnen seines Sessels, als wollte er aufstehen. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Besprechung beendet war. »Versuchen Sie noch etwas mehr in die Finger zu kriegen, bevor wir die Pressevertreter einladen.«
     
    Es war spät geworden, bis sie hatte Feierabend machen können. Mit brennenden Augen und schmerzendem Nacken kehrte sie in ihrer Lieblingskneipe in der Fleischhauerstraße unweit ihrer Wohnung ein. Sie schätzte das Ambiente des historischen Gewölbes, das ihr stets half, sich in vergangene Zeiten zu versetzen und Probleme, die ihr so manche Restaurierung aufgab, zu lösen. Außerdem gab es hier gutes Essen. Ideal, wenn man ungern am Herd stand, mit Fertiggerichten aber auch nichts anfangen konnte.
    Christa nahm an einem Tisch auf der Galerie Platz, von wo sie einen Blick auf den Eingang, den Tresen und den offenen Kamin hatte. Sie stellte sich vor, dass diese Frau, der jemand ein kleines Vermögen vermacht hatte, hier im alten Stadtkern gelebt hatte. Gut möglich, dass das Haus, in dem sie jetzt hockte und auf ihr Abendessen wartete, damals schon stand. Es war auch denkbar, dass es gerade erbaut wurde. Nun gut, wahrscheinlicher war, dass an der Stelle ein anderes Haus gestanden hatte, welches im

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