Die unsichtbare Pyramide
Glauben, obwohl ich anderer Ansicht war.«
Überrascht schob Trevir sie ein Stück von sich, um ihr in die Augen sehen zu können. In der Schrift von den Immo- und automobilen Schwingungsknoten des Triversums hatte er den Namen der Blutquelle gelesen. »Dann ist also alles wahr«, hauchte er.
»Was?«
»Aluuin, mein Lehrmeister, war der Ansicht, dass ich aus einer anderen Welt stamme. Du musst wissen, es gibt nicht nur unsere, nicht nur Trimundus, sondern…«
»Noch zwei andere«, unterbrach Idana ihn und lächelte wissend. »Zusammen bilden sie das Triversum.«
Trevir machte große Augen. »Woher kennst du diese Geheimnisse?«
»Wir leben hier in der Nachbarschaft eines Ortes, der seit Menschengedenken als heilig gilt, weil dort außergewöhnliche Kräfte wirken. Wundert es dich da, wenn wir in Annwn – das ja dem Feenreich seinen Namen verdankt – auch entsprechende Überlieferungen haben? Ich stamme aus einem angesehenen Geschlecht; mein Vater war kein Geringerer als Redbeard, ein bis heute in dieser Gegend hoch geachteter Schultheiß. Unsere Familie hat es seit vielen Generationen als vornehme Pflicht angesehen, die alten Geschichten und Legenden zu bewahren.«
»Hast du schon einmal von einer Stadt gehört, die man die Verbotene nennt?«
Idana sah Trevir forschend in die Augen. »Du bist schon weit vorgedrungen.«
»Auch der Dreierbund, von dem allein ich noch übrig bin, hütete viele Menschenalter lang das Wissen um die Natur des Triversums. Leider wurde meine Ausbildung, ehe sie richtig begann, durch eine furchtbare Bluttat beendet. Deshalb weiß ich nur wenig über das große Unglück, das fast zum Untergang von Trimundus geführt hat. Aluuin sagte, die Verbotene Stadt liege in einem riesigen Wald verborgen.«
Idana nickte. »Im Kentish Weald.«
»Du kennst ihn!?«
»Ich war nie dort. Er liegt weit im Südosten Valisias. Die Leute sagen, der Kentish Weald sei verzaubert. Wer sich dort hineinwage, müsse entweder lebensmüde oder ein Dummkopf sein – möglichenfalls auch ein Held, was so ziemlich aufs Gleiche rauskommt.«
»Das Schwarze Heer Mologs scheint wie vom Boden verschluckt zu sein«, wechselte Trevir scheinbar das Thema.
Es sprach für Idanas Klugheit, dass sie seinem Gedankengang mühelos folgte. »Du glaubst, er sucht im Kentish Weald nach der Verbotenen Stadt? Das wäre eine Erklärung für sein Verschwinden. Aber warum sollte er das tun?«
»Weil es dort einen Ort gibt, an dem die Kräfte des Triversums vermutlich noch stärker sind als hier bei der Blutquelle. Von dort dürfte vor langer Zeit die Katastrophe ausgegangen sein, die Trimundus fast zerstörte.«
»Molog giert nach Macht. Warum sollte er alles aufs Spiel setzen, was er sich ein halbes Leben lang erkämpft hat?«
»Glaubst du, ein Mann wie er begnügt sich damit, nur über ein paar Inseln auf Trimundus zu herrschen, wenn er auf einen Schlag alles und noch mehr bekommen kann?«
»Hilf einer alten Frau auf die Sprünge, Junge. Was meinst du mit ›noch mehr‹?«
»Vielleicht will er auch die zweite und die dritte Welt beherrschen.«
»Könnte er das denn?«
Der Hüter des Gleichgewichts seufzte. »Ich hege da einen Verdacht…« Er schüttelte den Kopf. »Fest steht, dass Molog über Kenntnisse verfügt, in deren Besitz er niemals hätte gelangen dürfen.«
»Hat dieses Wissen etwas mit dem Ding zu tun, das du in meine Linde hinter dem Haus gestopft hast?«
Trevir erschrak. »Ich dachte…«
»Du meinst wohl, ich kann nicht mehr zwischen einem Stockschwämmchen und einem Gifthäubling unterscheiden, nicht wahr? Oh, ich sehe noch sehr gut, mein Lieber. Das Rohr, was war da drin?«
Trevir erzählte von seinem Besuch auf Mologs Burg. Und als Idana weiter nachhakte, ging er in der Zeit zurück bis in jene Tage, als er Aluuins Stab im Brunnen gefunden hatte. Schließlich nickte sie verstehend und sagte etwas Merkwürdiges.
»Viel ist nicht genug.«
Ihr Einstundensohn runzelte die Stirn. »Ich fürchte, jetzt kann ich dir nicht folgen.«
»Du sagtest vorhin, Molog will nicht nur Trimundus, sondern auch die zweite und die dritte Welt beherrschen. Und ich sage dazu: Viel ist nicht genug. Es gehört zu den bedauerlichen Lastern der Menschen, immer noch mehr zu wollen, anstatt sich mit dem bereits Gewonnenen zu bescheiden.«
»Ich habe mir schon gedacht, dass es kein Zurück mehr gibt«, sagte Trevir mit hängendem Kopf.
Idanas faltiges Gesicht sah besorgt aus. »Was hast du vor, Trevir?«
Er blickte sie
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