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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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die Suche nach jemandem begeben, der Mologs Blutbad überlebt hatte. Gleich bei der Ankunft fragte er den Schultheiß und dieser verwies ihn an die Kräuterfrau, »eine Schrulle, die am Dorfrand in einer Kate wohnt«. Die kleine Hütte sei unschwer zu finden, erklärte der Dorfvorsteher, der kaum älter als Trevir war. Sie werde von einer ehrwürdigen Linde überragt, die zur Hälfte abgestorben sei, halb dagegen neues Grün austreibe.
    Trevir fühlte sich, als habe er einen Zitteraal am Schwanz gepackt. Aluuin hatte ihn einst in diesem Baum gefunden! Unter den erstaunten Blicken Styfics und des Schultheißen sprang er in den roten Wagen, wo er von seinen Beobachtern unbemerkt den Dokumentenhalter unter seiner Tunika versteckte, hüpfte wieder heraus und rannte in die ihm bezeigte Richtung. Bald tauchte vor seinen Augen jener Baum auf, dem ein mächtiges Ross seinen Namen verdankte – der treue, zuletzt fast blinde Lindenwächter war zwei Jahre vor dem Überfall auf Sceilg Danaan gestorben. Die Aufregung des jungen Hüters machte sich in einem Kribbeln bemerkbar, das irgendwo hinter seinen Ohren entsprang und den ganzen Rücken herabrann. Er lief noch schneller und blieb schließlich atemlos vor der erwähnten Kate stehen. Die aus dem Boden ragenden Überreste einer Mauer ließen erkennen, dass hier vor vielen Jahren ein etwa doppelt so großes Haus gestanden hatte. Kahle Zweige beschirmten, absonderlichen Krallen gleich, die Hütte. Staunend folgten seine Augen dem grauen Astwerk bis zum Stamm. Auf der dem Haus abgewandten Seite waren frische Triebe zu sehen.
    Ehe er sich auf die Suche nach der vom Schultheiß erwähnten Frau machte, wollte er etwas längst Überfälliges für seine Sicherheit tun. Die Idee dazu war ihm gekommen, nachdem Styfic den baldigen Besuch Annwns angekündigt hatte. Trevir lief zu dem Baum, umrundete ihn und blieb schließlich vor der Öffnung stehen, die Aluuin einmal bildhaft umschrieben hatte als »Muttermund, der dich in unsere Welt brachte«. Feierlich streifte der Hüter seine Tunika bis über den Gürtel nach oben, zog den Dokumentenhalter heraus und trat an den Stamm heran. Viel zu lange schon schleppte er diese gefährlichen Schriften aus Mologs Burg mit sich herum. Da er ihren Inhalt längst auswendig kannte, wurde es Zeit, sie sicher zu deponieren. Welcher Platz war dazu besser geeignet als »seine« Linde? In dieser festen Überzeugung reckte er sich, die silberne Röhre in der rechten Hand, vor dem Loch nach oben. Als sein Arm bereits weit in die Öffnung eingetaucht war, hörte er plötzlich eine strenge Stimme.
    »Was soll das werden, Fremder?«
    Trevir erschrak, seine Hand öffnete sich und der Dokumentenhalter rutschte heraus. Langsam drehte er sich um und erblickte eine gebeugte Greisin, die vor der Kate stand, die Rechte auf eine Krücke gestützt, und ihn misstrauisch anfunkelte. Er lächelte verlegen. »Ich wollte Euch nichts stehlen, gute Frau.«
    »Da gibt es auch nichts zu holen. Was also wolltet Ihr dann?«, fragte die Alte barsch und stieß gleichzeitig ihren Stock energisch in die Erde. Es musste die vom Schultheiß erwähnte Kräuterfrau sein. Sie war schmächtig, hatte ein faltiges Gesicht mit lebendigen grünblauen Augen und langes, schneeweißes, struppiges Haar. Ihr fadenscheiniges Kleid aus grauer Wolle sah sauber aus. Furchtlos wackelte sie auf den Fremden zu.
    Dieser kam ihr ein Stück entgegen, breitete die Hände aus und erwiderte freundlich: »Lebt Ihr schon länger in Annwn, gute Frau?«
    »Ich wüsste nicht, was Euch das angeht. Sagt mir endlich, wer Ihr seid.«
    Trevir entschied sich zur Offenheit. »Ich bin ein Pilger von Sceilg Danaan. Mein Ziehvater gehörte zur Bruderschaft vom Dreierbund. Er gab mir den Namen Trevir von Annwn, weil er… Fühlt Ihr Euch nicht wohl?« Er trat schnell an die Alte heran, weil sie zu schwanken begonnen hatte und ihn wie einen Geist anstarrte.
    »Sagtet Ihr Trevir? Das sei Euer Name?«, fragte sie ungläubig.
    »Ja. Etwas ungewöhnlich, ich weiß.«
    »Das will ich wohl meinen! Es ist…«, sie schüttelte fassungslos den Kopf, »… unmöglich!«
    Jetzt war es an Trevir, verständnislos zu sein. »Was versetzt Euch so in Unruhe, gute Frau?«
    »Idana.«
    »Was?«
    »Mein Name lautet Idana.« Sie reckte den Hals und starrte Trevir mitten ins Gesicht. Dann schüttelte sie abermals den Kopf und murmelte: »Diese Augen! Sind fast schwarz geworden. Aber so wach wie eh und je.«
    Trevirs Zunge klebte ihm am Gaumen. Nur

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