Die unsichtbare Pyramide
erblickt hatte. Featherbeard und Deonorth waren nur zwei von jenen Spähern gewesen, die unablässig die Gegend erkundeten. Gewöhnlich wurden die Truppen feindlicher Kriegslords, wie sie ihm freimütig erklärten, eingekreist und bis auf den letzten Mann niedergemacht. Einzelne Wanderer oder kleinere Gruppen von Reisenden nahm man dagegen zunächst fest. Sie durften sich für den Dienst in Mologs Armee oder für den Tod entscheiden – die meisten wählten Option Nummer eins.
Trevir machte da keine Ausnahme, wenngleich hierfür weniger sein Lebenserhaltungstrieb den Ausschlag gab. Zunächst musste er herausfinden, was Molog plante, und wenn dieser Punkt geklärt war, sollte er sich für das Massaker auf der Sturminsel verantworten.
Die Rekrutierung war ein vergleichsweise einfaches Verfahren. Der Bewerber wurde vor einen Hauptmann geführt, der die einfache Frage stellte: »Schwörst du, Molog, deinem Herrn, fortan mit deinem Schwert, deinem Blut und deinem Leben zu dienen?«
Trevir warf einen Blick auf Deonorth, der mit dem Breitschwert neben ihm stand, grinsend und zum tödlichen Streich bereit. Hierauf wandte er sich wieder dem Hauptmann zu und antwortete: »Sieht aus, als hätte ich gar keine andere Wahl.«
Der Hauptmann blinzelte irritiert. »Heißt das nun ja?«
»Das habe ich doch gesagt.«
»Also gut. Wir wollen mal nicht so sein. Herzlich willkommen in der schrecklichsten Armee von Trimundus.«
»Ich finde, er hat nicht richtig geschworen«, protestierte Deonorth.
»Halt die Klappe!«, bellte der Hauptmann. Weil er dem Blonden anscheinend nicht traute, befahl er Featherbeard: »Zeige unserem neuen Kameraden einen Platz in der Mitte des Lagers, wie es sich für Neuerwerbungen gehört.« Grinsend fügte er an Trevir gewandt hinzu: »Wir wollen doch nicht, dass du dich im Dunkeln verläufst.«
»Wann bekomme ich mein eigenes Schwert?«, fragte der Rekrut selbstbewusst.
»Das hat noch Zeit. Vorerst kannst du den Feind ja mit deinem Stecken verjagen. Wenn du dich bewährst, steht dir eine ruhmvolle Laufbahn offen. Nimm dir ein Beispiel an dem Herrn Cord von Lizard. Der hat auch wie du ganz klein angefangen und heute ist er Mologs rechte Hand.«
Trevir hatte von dem engen Vertrauten des Kriegslords gehört, der nicht allein wegen seiner überragenden Kampfkunst gefürchtet war, sondern fast noch mehr wegen seines Scharfsinns. Um sich keine Blöße zu geben, blieb der junge Rekrut hartnäckig. »Dann will ich wenigstens mein Messer zurückhaben.«
Der Hauptmann bedeutete Featherbeard durch einen Wink mit dem Kopf den Dolch zurückzugeben.
Der Dunkle gehorchte.
»Und was ist mit dem Geld, das mir Eure Männer abgenommen haben?«
Mit finsterem Blick streckte der Hauptmann die Hand aus. »Wer hat seinen Beutel? Her damit!«
Deonorth gab einen enttäuschten Laut von sich und förderte die Börse zutage. Der Hauptmann öffnete das Ledersäckchen, warf einen Blick hinein und nahm drei Münzen hinaus. Diese reichte er dem Rekruten. »Du darfst nicht denken, wir wären hier ohne Recht. Jeder Krieger Mologs darf Beute machen, so viel er will, und ein Zehntel davon behalten.«
»Und der Rest?«
»Ist für den Aufbau von Mologs großem Reich.«
Trevir nickte. »Schon verstanden.«
Nachdem Featherbeard zu seinem »Waffenpaten« erklärt und beide vom Hauptmann entlassen worden waren, führte der schwarzköpfige Recke den Rekruten durch das gewaltige Heerlager. Die einfachen Soldaten schliefen unter freiem Himmel, Mologs Truppenführer in Zelten. Der bärtige Krieger, dem die Einweisung des Neulings befohlen worden war, gab sich alle Mühe, freundlich zu sein. Er hieb seine Pranke auf Trevirs Schulter, dass diesem fast die Luft wegblieb, und brüllte: »Mein Platz ist da vorne. Am besten, du bleibst in meiner Nähe, bis Deonorth seine Enttäuschung überwunden hat.«
»Gerne«, antwortete Trevir und das war nicht einmal gelogen. »Werde ich Molog bald sehen?«
»Das kann man nie wissen, Junge! Manchmal heißt er die neuen Krieger persönlich willkommen, andere bekommen ihn wochenlang nicht zu sehen.«
»Wie ist das möglich?«
Der Krieger lachte schallend. »Molog reitet an der Spitze des Heerzugs, die Neuen marschieren meist hinten beim Vieh.«
Das klang nicht unbedingt nach einem schnellen Durchmarsch zum König der Kriegslords. Trevir kratzte sich am Kopf. Nun, wenn er sich über vier Jahre lang in Geduld gefasst hatte, dann würden ein paar zusätzliche Tage auch nicht mehr weiter ins Gewicht
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