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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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unverhüllten Augenregion abzulesen.) »Entschuldige, war nicht meine Absicht. Trotzdem würde mich interessieren, wie du das machst.«
    »Frag mich was Leichteres! Ich versuch’s ja selbst gerade herauszufinden. Es scheint, als könnte ich die auf irgendeinen Körper einwirkende Anziehungskraft von Anx ergreifen und in jede beliebige Richtung bewegen.«
    »Dann bist du nicht nur ein Seher, sondern auch ein Lenker.«
    Topra zog die Stirn kraus. Nach einer Weile zuckte er die Achseln. »Was soll’s. Ich kann auch nicht genau erklären, wie meine Muskeln funktionieren und trotzdem bin ich dankbar sie zu haben.«
    Die beiden lachten und verließen gemeinsam den Raum. Draußen blieb Asfahan unvermittelt stehen. »Warte bitte!« Er legte die Hand auf das unter Tüchern verborgene Kinn und betrachtete ein halb zerfallenes Gemäuer.
    »Woran denkst du?«, fragte Topra.
    »Ich würde gerne wissen, ob diese Kraft, über die du verfügst, nur die Anziehung umleiten oder sie auch verstärken kann.«
    »Wie meinst du das?«
    »Als ich einmal in Memphis war, um eine Charge Sklaven für das Millionenjahrhaus auszuliefern, traf ich einen Sternkundler. Von ihm weiß ich, dass es Himmelskörper gibt, auf denen die Schwerkraft um ein Vielfaches stärker ist als hier auf Anx.«
    »Das stimmt. Auf dem Amon – das ist der größte Planet unseres Sonnensystems – würden wir förmlich zerquetscht werden.«
    Asfahan nickte. »Na also, dann probier es mal aus.«
    »Was?«
    Der Fürst zeigte auf das Gebäude. »Siehst du das Haus da drüben, das keine Fenster hat?«
    »Könnte eine Waffen- oder Proviantkammer gewesen sein.«
    »Bring das Ding zum Einsturz.«
    Skeptisch betrachtete Topra den Bau. »Ich schätze, es genügt, mit dem Finger dagegen zu tippen.«
    »Täusch dich nicht. Lehmhäuser sind ziemlich stabil, besonders in den Mauerwinkeln. Benutze alle Macht, die du mobilisieren kannst, aber pass auf, dass du niemanden verletzt.«
    Topra seufzte. Wie sollte er das anstellen? Bis jetzt hatte er sich einfach nur eine Verdrehung der senkrechten sowie der beiden waagerechten Raumachsen vorstellen müssen, um die Schwerkraft zu beeinflussen. Nach einigem Grübeln glaubte er einen Weg gefunden zu haben. Er stellte sich einfach vor, eine Wand des besagten Gebäudes klebe an einem Gummituch. Diese elastische Unterlage zog er nun in Gedanken von dem Haus weg, während er das Gemäuer wie einen Lehmklumpen in einer Zwille festhielt. Als seine imaginäre Hausschleuder weit genug gespannt war, ließ er das Geschoss los. Die Wirkung war verblüffend. Das Gebäude wurde förmlich vom Fleck gerissen und zerbarst dabei in Myriaden von Einzelteilen, die alle in dieselbe Richtung rasten. Einen Bogenschuss weiter prasselten sie in den Wüstensand.
    »Das ist…!« Asfahan schüttelte fassungslos den Kopf.
    Topra meinte dagegen allmählich zu begreifen. Leise sagte er: »Wenn ich mich nicht irre, nennt man so etwas ›Krümmung des Raumes‹.«
    Nach etwa neun Monaten tauchte die Oase Siwa am nördlichen Horizont auf. Topra glaubte zunächst an eine dieser Erscheinungen, die sich nach der Rettung Jeminas rar gemacht hatten, in letzter Zeit aber wieder häufiger auftraten. Das Ziel der anstrengenden Reise sah aus der Entfernung nur wie ein brauner Hügel aus, der von einem Palmenhain umgeben war. Erst beim Näherkommen löste sich die Erhebung in einzelne Häuser auf, viele davon nur noch Ruinen. Das Zentrum von Siwa überragte die Gegend gleich in doppelter Hinsicht: Weil es zum einen tatsächlich auf einer Anhöhe lag und zum anderen hier die größten Gebäude standen, mehrstöckig ragten sie in den wolkenlosen Himmel empor. Ein Gefühl der Wehmut beschlich Topra, da er die Stunde des Abschieds von seinen Freunden nahen sah.
    Als die Reiter auf ihren elf Pferden und dem scheckigen Kamel in der Oase eintrafen, sorgten sie zunächst für helle Aufregung. Asfahan hatte die Eskorte für seinen Freund bewusst klein gehalten, um sich nicht dem Verdacht kriegerischer Absichten auszusetzen, aber nun kam es doch dazu. Das Gesetz der Gastfreundschaft verbot es zwar, die Teguar kurzerhand wieder in die Wüste zu schicken, aber bis zum endgültigen Nachweis ihrer Friedfertigkeit mussten sie am Rande der Oase kampieren.
    Unter einem sternenklaren Himmel fiel Topra in den Schlaf.
    Er hatte einen beunruhigenden Traum: Ein Mann in langem weißen Ornat – anscheinend ein Priester – vollzog in einer fensterlosen, kubischen Kammer ein seltsames Ritual. Vor ihm lag

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