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Die unsichtbare Pyramide

Titel: Die unsichtbare Pyramide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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nach Macht besser stillen können als an einer Quelle, aus der die Kräfte des Triversums sprudelten?
    Mit einem Mal erschien ihm alles klar. Seine Pilgerfahrt war noch lange nicht zu Ende, sie hatte gerade erst begonnen.
    Trevir rollte die Pergamente zusammen und verstaute sie wieder in dem Dokumentenhalter. Dann zog er Aluuins Stab aus der Erde und sagte: »Warte nur, Molog, warte, Verbotene Stadt – ich komme, wo auch immer ihr euch befinden mögt.«
     
     
    Die Schenke Zum lockeren Mundwerk gehörte nicht eben zu jenen Gasthäusern, in denen Trevir von dem Wunsch übermannt wurde, sesshaft zu werden. Das alte Fachwerkhaus erinnerte an einen tatterigen Greis, der sich nur noch mithilfe eines Stocks auf den Beinen halten konnte – die zum Innenhof weisende Nordwand des Gebäudes sah beängstigend schief aus und musste mit einem dicken Stützbalken am Einsturz gehindert werden. Wenigstens war der aus festgestampftem Erdreich bestehende Boden des Gastraumes mit frischem Stroh bestreut und der Wirt hatte noch fast alle Zähne sowie nur wenige Flecken auf seinem fadenscheinigen Wams. Aus der Küche drang zudem ein verführerischer Geruch. Eine Nacht im Lockeren Mundwerk konnte wohl nicht schaden, dachte Trevir. Nach seiner Flucht aus Zennor Quoit war er vier Tage lang nach Nordosten marschiert. Jetzt verspürte er das dringende Bedürfnis, ein Bad zu nehmen und endlich einmal wieder etwas zu essen, das er nicht selbst erlegt und zubereitet hatte.
    Noch konnte er sich den Luxus einer solchen Unterkunft leisten. Während seiner Zeit beim Bader Clutarigas hatte er wenig Geld ausgegeben, aber ein hübsches Sümmchen sparen können. Trevir verzichtete auf eine Übernachtung im Gemeinschaftsschlafraum und gönnte sich ein eigenes Zimmer. Das Bad in einem großen Zuber fand dagegen unter freiem Himmel im Hof des Lockeren Mundwerks statt. Erfrischt begab er sich anschließend in die Schankstube und suchte sich eine Bank am Rande des Raumes.
    »Wie lebt man so in einem Ort, der nur wenige Tagereisen von Zennor Quoit entfernt liegt?«, fragte er den Wirt, als dieser ihm einen dampfenden Eintopf in einer Holzschale servierte.
    Das Gesicht des nicht sehr großen Mannes nahm einen besorgten Ausdruck an. »Prächtig«, antwortete er.
    »Ihr könnt mir ruhig die Wahrheit sagen, guter Mann. Ich bin keiner von Mologs Spionen.« Trevir lächelte gewinnend.
    Der Wirt schien zu spüren, dass sein Gast nichts Böses im Schilde führte, und fasste Zutrauen. Mit einem Achselzucken bemerkte er: »Man schlägt sich eben so durch. Unser Dorf gehörte zu den ersten, die Molog unterworfen hat. Wir haben gelernt, ihm pünktlich unseren Tribut zu zahlen, und er lässt uns dafür in Ruhe. Ihr seid nicht aus der näheren Umgebung, junger Herr?«
    Trevir schüttelte den Kopf. »Ich bin aus Eire rübergekommen.«
    »Es heißt, Molog überfällt die Dörfer dort nur selten. Was führt euch nach Valisia?«
    »Wie Ihr sagtet: Ich bin jung. Ein Pilger auf der Suche nach dem heiligen Ort der Wahrheit«, erwiderte Trevir ausweichend.
    Der Wirt lachte. »Wohl eher ein Abenteurer! Na, dann seht zu, dass Mologs Schergen Euch nicht erwischen. Die suchen ständig Frischfleisch für das Schwarze Heer.«
    Der Löffel in der Hand des Pilgers verharrte mitten auf dem Weg zum Mund. »Ich bin nicht sicher, ob ich Euch richtig verstanden habe.«
    »Soldaten. Molog hat ständig Bedarf an Kriegern. Ein Teil unseres Tributs besteht aus unseren Söhnen, die wir ihm für sein Heer ›leihen‹ müssen – bis heute hat er noch keinen zurückgegeben. Seine Rekrutenfänger schnappen sich jeden kampftüchtigen Mann, den sie erwischen können. Ich wette, in Eire habt Ihr davon noch nichts bemerkt, oder?«
    Trevir schlürfte seinen Holzlöffel leer und schüttelte abermals den Kopf. »Dann wäre es wohl besser, ich gehe dem Schwarzen Heer aus dem Weg. In welcher Gegend überfällt es denn derzeit die Dörfer?«
    »Das weiß niemand.«
    »Wie meint Ihr das?«
    »In einem Gasthaus hört man so einiges, aber seit kurzem sind die Nachrichten von unserem Lehnsherrn so gut wie abgeschnitten. Anscheinend hat er seinen Spaß an neuen Eroberungen verloren.«
    »Oder sein Augenmerk auf ein lohnenderes Ziel gerichtet«, murmelte Trevir. Er musste an Das Gesetz der Triversalen Wellen denken, das Manuskript in dem Dokumentenhalter, der mit Aluuins Stab auf der Bank hinter ihm lag. In weniger als vierzehn Monaten würden sich die drei Welten berühren.
    Der Wirt konnte mit der Äußerung

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