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Die unsichtbare Sonne

Die unsichtbare Sonne

Titel: Die unsichtbare Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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glühen.
    Schuster entlockte seiner Zigarre dichte Rauchwolken. »Ihre Astrologie verfolgt den Zweck, Gottes Willen zu erfahren und den Plan zu erkennen, nach dem er das Universum konstruiert hat. Meiner Auffassung nach bedeutet das im Grunde genommen, daß die Geweihten den Versuch unternehmen, das Wesen Gottes zu ergründen, soweit das für Sterbliche überhaupt möglich ist. Schon früher sind Ihre Theologen zu einigen Schlüssen gekommen. Sind diese Schlußfolgerungen jedoch endgültig? Gibt es nicht noch sehr viel mehr zu erforschen?«
    Herktaskor senkte sein Löwenhaupt und beschrieb einen feierlichen Kreis mit der rechten Hand. »Wahrscheinlich. Bestimmt. Auf diesem Gebiet hat sich seit Jahrhunderten nichts mehr ereignet, aber ich habe mir selbst oft genug überlegt, daß … Weiter, bitte.«
    »Wir Fremden sind nicht in die Geheimnisse Ihrer Religion eingeweiht«, fuhr Schuster fort. »Aber auf unsere Weise unternehmen auch wir seit Jahrtausenden den Versuch, das Wesen des Göttlichen zu ergründen. Auch wir glauben an einen Gott, der unsterblich, allmächtig, allwissend und vollkommen ist – an den Schöpfer aller Dinge. Vielleicht weicht unsere Theologie in entscheidenden Punkten von Ihrer ab, aber vielleicht auch nicht. Deshalb schlage ich vor, daß wir einen Vergleich der wichtigsten Prinzipien anstellen. Falls Sie mir zeigen können, in welchen Punkten unsere Auffassung falsch ist, lasse ich mich gern belehren und bin Ihnen dankbar dafür. Wenn ich Ihnen aber andererseits demonstrieren kann, in welcher Beziehung unsere Theologen weiter fortgeschritten als Ihre sind, sehen Sie und Ihre Freunde vielleicht ein, daß wir keine Bedrohung Ihrer Religion darstellen, sondern sie im Gegenteil noch fördern können.«
    »Ich bezweifle allerdings, daß Sketulo und die übrigen alten Priester sich zu diesem Eingeständnis durchringen werden«, warf Herktaskor ein. »Aber wenn auf diese Weise tatsächlich eine neue Wahrheit ans Tageslicht käme, die niemand mehr bestreiten könnte …« Er nickte langsam. »Gut, ich höre.«
    Schuster war keineswegs überrascht. Schließlich hatte es auch auf der Erde in vergangenen Zeiten genügend Theologen verschiedener Religionen gegeben, die bereitwillig einzelne Gedanken anderer Sekten übernahmen. Er lehnte sich behaglich in seinen Sessel zurück, weil er wußte, daß diese Diskussion einige Zeit in Anspruch nehmen würde.
     
    *
     
    Einige Stunden später verabschiedete Herktaskor sich in der Luftschleuse von Schuster. Er wankte wie ein Schlafwandler die Gangway hinab, aber Schuster war nicht weniger erschöpft.
    Mukerji stürzte aus dem Aufenthaltsraum. Seine Stiefel polterten über das Deck. »Martin!« rief er. »Davy lebt!«
    Schuster drehte sich rasch nach ihm um. Die Bewegung machte ihn schwindlig, so daß er sich an die Wand lehnen mußte.
    »Er hat sich gemeldet, nachdem Sie mit dem Brahmanen verschwunden waren«, erklärte Mukerji ihm. »Ich wollte Sie nur nicht stören, weil ich nicht wußte, was Sie mit ihm zu besprechen hatten … Ja, er ist an der Hand und am Bein verwundet, aber das ist nicht weiter schlimm, weil hier keine Entzündungsgefahr besteht. Davy hat das Bewußtsein verloren und muß gleich danach eingeschlafen sein. Er hat nur kurz berichtet, daß er sich wieder in Rebos Burg befindet; später will er sich noch einmal mit uns in Verbindung setzen und seinen Vorschlag erläutern, aber zuerst muß er sich ausschlafen. Kommen Sie, Romulo und ich haben schon eine Flasche aufgemacht, damit wir feiern können!«
    »Einverstanden«, sagte Schuster und betrat vor ihm den Aufenthaltsraum.
    Nach dem ersten Schluck fühlte er sich wieder erheblich besser. Er stellte sein Glas auf den Tisch und grinste etwas verzerrt. »Können Sie sich vorstellen, wie einem zumute ist, wenn man erfährt, daß man doch kein Mörder ist?« fragte er. »Genau das weiß ich jetzt.«
    »Lassen Sie doch den Unsinn«, protestierte Pasqual. »Schließlich sind Sie nicht für jeden Schritt Ihres Lehrlings verantwortlich!«
    »Nein, wahrscheinlich nicht, aber ich habe ihn dorthin geschickt, obwohl ich selbst hätte gehen müssen … Aber er lebt!«
    »Das würde allerdings kaum einen Unterschied machen, wenn Sie nicht hier wären«, meinte Pasqual. »Krish ist nur ein Raumfahrer, ich bin nur ein Ingenieur, und Davy ist nur ein junger Mann, der noch viel zu lernen hat. Wir brauchen jemand, der gerissen genug ist, uns aus dieser Klemme zu ziehen. Und Sie sind von Berufs wegen gerissen,

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