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Die unsichtbare Sonne

Die unsichtbare Sonne

Titel: Die unsichtbare Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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sind auf meinen Wunsch hin Vorposten aufgestellt worden, die ihn davor warnen, weiter vorzudringen. Ich kann nur hoffen, daß er genügend Vernunft zeigt.«
    »Aber was wollen Sie mit ihm anfangen? Er muß auch essen.« Gujgengi zuckte zusammen. »Hier, trinken Sie noch einen Schluck«, forderte Chee ihn auf.
    »Wir … ak-krrr … können uns vielleicht auch in dieser Beziehung einigen. Alles hängt davon ab, welche Befehle ich aus der Hauptstadt erhalte.«
    »Aber wenn Adzel hierher unterwegs ist, kommt er früher als Ihr Kurier an. Kommen Sie, trinken Sie aus, damit ich nachschenken kann.«
    »Nein, nein, ich habe schon genug.«
    »Ich trinke aber nicht gern allein«, meinte Chee.
    »Sie haben noch nicht viel zu sich genommen.«
    »Ich bin kleiner als Sie«, warf Chee ein und trank ihre Schale leer. »Allerdings können Sie sich wahrscheinlich gar nicht vorstellen, wieviel ich vertrage.«
    Gujgengi beugte sich nach vorn. »Gut, als Beweis meiner freundschaftlichen Gefühle leiste ich Ihnen Gesellschaft.« Chee konnte förmlich seine Gedanken lesen: Wenn sie betrunken ist, plaudert sie vielleicht etwas aus. Sie ermutigte ihn durch ein leises Rülpsen.
    Er trank gleichmäßig, aber wenig, während Chee den Schnaps immer schneller in sich hineingoß. Trotzdem mußte sie ihm vorspielen, betrunken zu sein, während er selbst einen leichten Schwips hatte, der bestimmt nicht gespielt war. Dabei blieb er allerdings soweit nüchtern, daß er sie recht geschickt ausfragte und sofort das Thema wechselte, als er auf Widerstand stieß. »Sprechen wir lieber über etwas anderes«, sagte er einmal. »Zum Beispiel über Ihre Fähigkeiten.«
    »Ich bin fähiger als Sie«, versicherte Chee ihm.
    »Ja, ja, natürlich.«
    »Viel fähiger!«
    »Nun, Sie haben bisher gewisse … «
    »Außerdem hübscher.«
    »Uk-k-k, über den Geschmack kann man nicht streiten, wissen Sie. Aber ich muß zugeben, daß Ihr Aussehen …«
    »Ich bin also nicht schön?« Chee sträubte den Pelz.
    »Ganz im Gegenteil, Edelste. Glauben Sie mir …«
    »Ich singe auch wunderbar. Hören Sie zu.« Chee stand schwankend auf, schlug mit der Tonschale den Takt gegen die Wand und jaulte dazu erbärmlich. Gujgengi hielt sich die Ohren zu.
    »Wunderbar! Ausgezeichnet! Ich muß jetzt wirklich gehen, fürchte ich.« Gujgengi erhob sich.
    »Bleiben Sie noch, alter Freund«, bat Chee. »Lassen Sie mich nicht allein.«
    »Ich komme bald wieder. Ich …«
    »Bitte!« Chee stolperte und hielt sich an ihm fest. Gujgengi schwankte ebenfalls und verlor dabei seine Brille. Chee warf sich darauf. Ihre Schale fiel zu Boden. Irgend etwas zersplitterte.
    »Hilfe!« rief Gujgengi. »Meine Brille!«
    »Tut mir leid, tut mir wirklich leid.« Chee suchte nach Bruchstücken.
    Die Wächter stürzten herein. Chee zog sich vor ihnen bis an die Wand zurück. Gujgengi blinzelte unsicher. »Was ist geschehen, Edelster?« fragte der Soldat, der mit gezücktem Schwert vor ihm stand.
    »Ein kleiner Unfall«, sagte Chee. »Tut mir ausgesprochen leid. Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«
    »Stehenbleiben!« befahl der Soldat. Der zweite Posten sammelte die zerbrochenen Gläser auf.
    »Das war ohne Zweifel unbeabsichtigt«, meinte Gujgengi und machte ein Zeichen gegen die Dämonen. »Am besten schlafen Sie jetzt.«
    »Ich kann Ihnen aber helfen. Wir haben Ärzte, die Ihre Augen behandeln, so daß Sie nie wieder eine Brille tragen müssen.« Chee wunderte sich darüber, daß sie den Vorschlag völlig ernst meinte. Aber der kaiserliche Gesandte war eigentlich doch ganz annehmbar, und jetzt würde er bestimmt Mühe haben, eine passende Brille aufzutreiben.
    »Ich habe noch eine zweite Brille«, antwortete Gujgengi. »Führt mich zu meinem Quartier.« Er verbeugte sich vor Chee und verließ die Zelle.
    Chee rollte sich auf ihrer Matratze zusammen. »Das Licht ist zu hell«, beschwerte sie sich. »Zieht den Vorhang zu, damit ich schlafen kann.«
    Die Soldaten schlossen den Vorhang, gingen hinaus und schoben den Riegel vor. Chee wartete vorsichtshalber noch einige Minuten, bevor sie aufstand, aber selbst dann schnarchte sie überzeugend weiter. Sie griff unter den Strohsack und holte einige Glassplitter hervor, die sie beiseite geschafft hatte, während Gujgengi hilflos in der Dunkelheit umhertappte. Dann machte sie sich an die Arbeit und sägte geduldig an den Tauen, die das Gittergeflecht an der Rückwand der Hütte zusammenhielten. Sie wußte, daß diese Arbeit einige Stunden in Anspruch nehmen würde,

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