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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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nicht selbst umbringen kann, will sie dich zwingen, es zu tun. Im Austausch gegen ein Versprechen, das sie nicht halten kann. Sie hat keinen Schimmer, wie man das Tor öffnet. Das kann sie nicht – sie herrscht nicht über die Unterwelt. Wenn ich erst tot bin, wird sie dich eingeschlossen in deinem Käfig zurücklassen, und die anderen Götter werden dich wieder unter ihre Kontrolle bringen. Lass mich und meine Familie leben, und ich schwöre, ich lasse dich frei, wenn wir zu deiner Höhle kommen.“ Ich hielt inne und schluckte schwer. „Ich bin deine beste Chance, und das weißt du auch.“
    Vollständig eingehüllt in den dichten Nebel, stand mir nur das Bild von Henry vor Augen, wie er gebrochen und blutüberströmt in dieser Höhle lag, während Calliope vor Vergnügen lachte. Und mittlerweile war meine Mutter zweifellos ebenfalls eine Gefangene. Wenn das hier nicht funktionierte, würde ich alles verlieren.
    „Ich weiß, wie es ist, allein zu sein“, flüsterte ich. „Nicht … nicht so lange, wie du es warst, aber ich weiß, wie es sich anfühlt, alles zu verlieren, was man liebt. Und die Art, wie sich die Götter gegen dich gewendet haben, ist nicht fair. Du warst immer freundlich zu ihnen. Du hast ihnen alles gegeben, was sie sich nur erträumen konnten, und zum Dank haben sich dich für alle Ewigkeit eingesperrt. Das ist nicht fair. Du hast ein Recht darauf, frei zu sein.“
    Es machte mir Angst, wie leicht mir die Worte über die Lippen kamen, als glaubte ich sie wirklich. Vielleicht tat ein Teil vonmir das insgeheim sogar. Nicht dass Kronos die Freiheit verdient hatte; aber dass ich in gewisser Weise verstand, was er durchgemacht hatte. Ich hatte so große Angst vor dem Alleinsein gehabt, dass ich die Hälfte vom Rest meines Lebens für die Chance aufgegeben hatte, dem zu entkommen.
    „Lass mich dir helfen.“ Das Herz hämmerte mir in der Brust, als die Luft langsam dünner wurde. „Bitte. Ich möchte es. Und vielleicht … vielleicht können wir uns gegenseitig helfen.“
    Jetzt wurde es bitterkalt, als die letzte Wärme der Wüste verschwand, und ich erschauerte. Ich hatte mich kaum bewegt, doch es war genug; der Nebel berührte meine bloße Haut, kalt und seidig und viel fester, als ich erwartet hatte. Wie Federn vielleicht oder Schnee.
    Es tat nicht weh.
    Stattdessen liebkoste er, wie er es bei Calliope getan hatte, meine Wange, und in dieser einen Berührung spürte ich eine Macht jenseits aller Vorstellungskraft. Das war nicht zu vergleichen mit dem, was Henry und die anderen eingesetzt hatten, um Kronos fortzujagen. Es war unermesslich, als wäre das gesamte Universum in dieses kleine Stück Nebel eingeschlossen. Zu guter Letzt verstand ich, warum sie ihn alle fürchteten.
    Seine Berührung dauerte nur eine halbe Sekunde, und er war fort, bevor ich die Augen öffnen konnte. In meinem Kopf drehte sich alles, während ich versuchte, zu begreifen, was geschehen war. Trotz der Sonne, die wieder mit voller Macht auf mich herabbrannte, war meine Haut eiskalt. Ich brach zusammen, fiel auf Hände und Knie. Der raue Sand schürfte mir die Handflächen auf, doch das spielte keine Rolle.
    Er hatte mich verschont.
    Augenblicklich waren James und Ava an meiner Seite. Sand stob auf, als Ava auf die Knie fiel, und James stand über mich gebeugt, die Hände einen Zentimeter über meinem Rücken, als hätte er Angst, bei einer einzigen Berührung könnte ich zu Asche zerfallen.
    „Du bist am Leben?“, fragte Ava und sah mich mit großen Augen an, als könnte sie es nicht glauben. Besorgt griff sie nach meiner Hand und hielt sie fest, als wäre sie das Einzige, das mich noch an diesen Ort band. Ich war mir gar nicht so sicher, ob sie damit nicht recht hatte.
    „Was ist passiert?“, wollte James wissen, und in seiner Stimme schwangen Sorge und Dringlichkeit mit. Zitternd richtete ich mich auf und ließ mich auf meine Knie sinken, doch ich konnte ihn nicht ansehen. Ich konnte sie beide nicht ansehen. Ich hatte Kronos angelogen und jede Chance zunichtegemacht, die James und Ava noch gehabt hatten, um lebend aus der Sache herauszukommen. Ich hatte keinen Schimmer, wie man das Tor öffnete, und wenn ich die Wahrheit eingestand …
    So weit würde es nicht kommen, nahm ich mir fest vor – oder zumindest so fest es ging mit einem Hirn, das sich anfühlte, als hätte es sich in Wackelpudding verwandelt. Ich hatte uns eine Galgenfrist verschafft. Bis wir das Tor erreichten, konnte noch viel geschehen. Wenn wir

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