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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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es überhaupt erreichten. Und bis dahin hatte ich noch etwas mehr Zeit, mir einen Plan auszudenken.
    „Wasser“, bat ich. Mein Mund fühlte sich so trocken an wie die Wüste um uns herum. Meine Lippen waren aufgesprungen, und meine Muskeln schrien bei jeder Bewegung protestierend auf, aber ich war am Leben.
    Ich zitterte, als hätte ich seit Jahren keine Wärme mehr gespürt, und gemeinsam hievten James und Ava mich hoch und halfen mir zu einer kleinen Oase in der Nähe. Hätte ich nicht gewusst, dass dies irgendjemandes Vorstellung vom Leben nach dem Tod war, hätte ich die Oase für eine Fata Morgana gehalten, so bilderbuchhaft perfekt sah sie aus.
    Wir erreichten sie schneller, als ich erwartet hatte. Vielleicht verging die Zeit für mich aber auch einfach schneller, jetzt, da ich wusste, dass ich keine Chance mehr hatte, lebendig aus dieser Höhle herauszukommen. Das Beste, auf das ich hoffen konnte, war, dass die anderen gingen, bevor Kronos eine Möglichkeit bekam, zuzuschlagen.
    Im Schatten eines Palmenwäldchens setzten sie mich ab. Ich lehnte mich an einen der Bäume und schloss die Augen. Ich hasste es, dass ich im Vergleich zu ihnen so schwach war. Sie hatten relativ mühelos gegen Kronos gekämpft, und ich konnte nicht einmal mit ihm sprechen, ohne mich danach vollkommen ausgelaugt zu fühlen.
    „Erzähl uns, was passiert ist“, bat James mich. Er brach eine Kokosnuss entzwei, wobei er sich die Kokosmilch über das komplette T-Shirt spritzte, doch das schien ihm nichts auszumachen. Eine der Hälften tauchte er in den kleinen Teich und hielt sie mir hin. Meine Hände zitterten, als ich sie nahm.
    Ich trank in tiefen Zügen. Das köstlich kühle Wasser schien mich zu durchströmen, und nachdem ich eine zweite Portion zu mir genommen hatte, setzte ich mich auf und machte eine Bestandsaufnahme meiner Verletzungen. Mein Bein pochte, und mir war schwindlig, aber Kronos hatte mich nicht noch einmal verletzt. Müde fuhr ich mir mit den Fingern durchs Haar, um es zu entwirren, aber es war zu verschwitzt und verklebt, als dass sich die Mühe gelohnt hätte. Also durchsuchte ich meine Hosentaschen nach einem Haarband, um es zusammenzubinden. Doch statt eines Haarbands stießen meine Fingerspitzen auf etwas, das sich fast wie Seide anfühlte. Nein, nicht Seide. Ein Blütenblatt. Verwirrt zog ich es aus meiner Tasche und legte die zerdrückte gelbe Blüte in meine Handfläche. Sie war klein, mit sieben spitzen Blütenblättern, die aussahen, als wären die Enden in lila Farbe getaucht worden, und langsam entfaltete sie sich.
    So etwas hatte ich noch nie gesehen, geschweige denn gepflückt und in meine Hosentasche gesteckt. Und die Blüte war lebendig, nicht tot oder zerdrückt, wie ich zuerst gedacht hatte. Innerhalb von Sekunden war sie heil und vollständig erblüht, und die Mitte sah aus wie ein schimmernder Tropfen Nektar. Sie konnte unmöglich aus der Welt dort oben stammen.
    Aber vielleicht aus einem der Leben nach dem Tod, die wir durchschritten hatten? Es musste so sein. Aber im Wald hatte ich die Hände in die Taschen geschoben – bevor Kronos unsgejagt hatte –, und da war sie noch nicht da gewesen. Hatte ich sie einfach nicht bemerkt? Das war die einzig mögliche Erklärung. Vielleicht war ich aber auch zu verwirrt, um klar denken zu können.
    Nachdenklich steckte ich sie zurück in meine Hosentasche, neben die Quarz-Perlen-Blume von Henry, und kämmte mein Haar mit den Fingern aus. Unsicher erkundigte ich mich: „Was habt ihr zwei … was habt ihr gesehen?“
    Wortlos reichte Ava mir ein Haarband, und ich nahm es. Es war leuchtend rosa. „Wir haben gesehen, wie Kronos dich aufgefressen hat.“
    „Du warst vollkommen eingehüllt“, erklärte James und zögerte. „Wir dachten, wir hätten dich verloren.“
    Ich starrte in den klaren Teich. Mein Spiegelbild erwiderte den Blick, und ich beugte mich vor, um mir Wasser ins dreckige Gesicht zu spritzen. Ich sah furchtbar aus. „Ich auch“, murmelte ich, während ich den Dreck abwusch.
    „Also, warum hat er dich nicht umgebracht?“, hakte Ava nach. In einer Hand hielt sie eine Kokosnuss, und eine Sekunde später erschien ein neonpinker Spiralstrohhalm aus dem Inneren. Sie saugte daran, und ich konnte die Kokosmilch durch den Strohhalm aufsteigen sehen.
    Ich antwortete nicht sofort. Ich musste ihnen die Wahrheit sagen, aber sie waren nicht dumm. Sie würden erkennen, was ich vorhatte, und sobald James und Ava dachten, dass ich auch nur in Erwägung

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