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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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Blume hinab. „Kronos hat die Zeremonie unterbrochen.“
    „Na und? Königin bist du trotzdem. Dazu brauchst du keine dämliche Zeremonie.“
    Während ich die Blüten zu meinen Füßen betrachtete, erkannte ich überrascht, dass es die gleichen waren, die Henry mir die ganze Zeit geschickt hatte. Hier hatte er sie also her – sie waren tatsächlich von ihm gekommen. Er hatte gewollt, dass ich herkam. Er wollte meine Hilfe.
    „Das Risiko kann ich nicht eingehen“, murmelte ich, obwohl meine Entschlossenheit bereits ins Wanken geraten war. „Ich kann Henrys Leben nicht riskieren.“
    Entnervt funkelte Ingrid mich an. „Jetzt hör mir mal zu. Die sind schon seit Ewigkeiten da drinnen. James und Ava sind nicht zurückgekommen, und auch wenn sie vielleicht immer noch versuchen, unbemerkt an Calliope vorbeizuschleichen, könnten sie genauso gut schon Gefangene sein. Wenn sie nicht wieder rauskommen, was willst du dann tun? Darauf warten, dass Calliope die Knochen nach draußen wirft, damit du Bescheid weißt? Oder wirst du deine Rolle als unsere Königin annehmen und um dein Reich kämpfen?“
    Doch es war nicht mein Reich. Es gehörte Henry. „Ich verdiene noch nicht mal, hier zu sein“, brach es aus mir heraus. „Henry hätte mich sterben lassen sollen. Ich verdiene es nicht, eine Göttin zu sein oder seine Frau oder seine Königin – nichts von alledem. Das hab ich nie. Ich bin bloß hier, weil ich als Letzte übrig war.“
    Leicht neigte Ingrid den Kopf zur Seite. „Natürlich verdienstdu es, hier zu sein. Henry ist nicht dumm. Er würde niemals jemandem sein gesamtes Reich anvertrauen, wenn er ihm nicht zutraute, damit fertigzuwerden.“
    Außer die einzige Alternative bestand darin, es ganz zu verlieren. Doch diesen Gedanken sprach ich nicht aus.
    Frustriert schüttelte sie den Kopf und fing an, um mich herumzugehen, als wollte sie mich abschätzen. „Kapierst du’s nicht? Du wurdest auserwählt, weil du besonders bist. Genau wie ich.“ Sie warf sich das Haar über die Schulter. „Wenn Calliope nicht wäre, stünde ich jetzt an deiner Stelle, und weißt du was? Ich hätte auch Angst. Ich hätte so richtig große Angst. Mut zu haben bedeutet nicht, dass man sich niemals fürchtet, weißt du. Es bedeutet, dass man trotzdem loslegt, weil man weiß, dass es das Richtige ist.“
    „Aber ich kann nichts tun “, entgegnete ich unglücklich.
    „Wie willst du das wissen, wenn du’s noch gar nicht probiert hast?“ Sie blieb vor mir stehen und deutete zur Felswand hinüber. „Du bist diejenige, die den Deal mit Kronos hat, nicht die anderen. Wenn ihnen was zugestoßen ist, könntest du ihre letzte Hoffnung sein. Geh und hilf ihnen. Beweis dir selbst, dass du das hier verdienst. Führ dir vor Augen, warum Henry an dich glaubt.“
    „Was, wenn sie mich umbringen?“ Unentschlossen kickte ich einen kleinen Stein weg, und er hüpfte über den Boden, bis er auf die Felswand traf. „Was, wenn meinetwegen alle umgebracht werden?“
    „Was, wenn sie deinetwegen überleben?“
    Es war leicht zu erkennen, weshalb Henry sie als potenzielle Königin ausgewählt hatte. Sie war klug – auf eine Art, von der ich mir nicht sicher war, ob ich sie je erreichen würde, egal wie lange ich lebte –, und ihr Optimismus war ansteckend.
    Was, wenn sie richtiglag? Was, wenn James und Ava und – so wenig ich sie auch leiden konnte – Persephone in Schwierigkeiten steckten und mich brauchten? Wenn ich durch diesenFelsen ging, war es gut möglich, dass mein Leben nicht länger in meiner Hand läge, aber hatte es das je getan?
    Ich war so lange ohne Erwartungen oder Ambitionen durchs Leben getrieben, dass ich vergessen hatte, wie es sich anfühlte, es selbst in die Hand zu nehmen. So viel von meiner Kraft war dafür draufgegangen, meiner Mutter beim Kampf um ihr Leben zu helfen, dass ich dabei mich selbst vergessen hatte. Von Anfang an hatte ich getan, was sie und Henry und alle anderen mir gesagt hatten. Selbst die wenigen Entscheidungen, die ich getroffen hatte – wie zum Beispiel, nicht zu Henry nach Eden zu gehen, als er mich das erste Mal gefragt hatte –, waren in Katastrophen geendet, die mich in eine Richtung gezwungen hatten, die ich nicht hatte einschlagen wollen. Das machte mir nichts aus, nicht wirklich. Ich liebte Henry, und der Rat wurde für mich langsam zu der Familie, die ich nie gehabt hatte. Und solange ich Calliopes Zorn überstand, war die Unsterblichkeit auch nicht schlecht. Zumindest bis alle

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