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Die unsterbliche Braut

Die unsterbliche Braut

Titel: Die unsterbliche Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aimée Carter
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gehen, wenn sie sterben“, unterbrach ich sie. „Ich weiß. So viel hat er mir verraten. Wo ist er?“
    Doch während ich fragte, hatte ich das ungute Gefühl, dass ich das nur zu gut wusste.
    „Er und einige der anderen mussten sich um etwas kümmern“, antwortete meine Mutter vage. „Sie werden vor deiner Krönungszeremonie heute Abend zurück sein.“
    „Hat dieses Etwas zufällig mit einem riesigen Tor und Calliope zu tun?“
    Ava blieb abrupt stehen, und ich zog an ihrem Arm, doch sieweigerte sich standhaft, weiterzugehen. „Woher weißt du das?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Das hab ich vorhin versucht zu erklären – ich hab’s gesehen, gerade eben.“
    Oben in der normalen Welt wäre ich für solche Visionen eingewiesen worden, aber meine Mutter blinzelte nicht einmal. „Ja, Liebes, das wird von Zeit zu Zeit passieren, und nach einer Weile wirst du lernen, es zu kontrollieren.“
    „Toll“, erwiderte ich gereizt. „Könntest du mir wenigstens erklären, was es ist?“
    „Kein Grund, sich aufzuregen“, erklärte meine Mutter, und mein Ärger löste sich augenblicklich in Luft auf. Sie mochte nicht mehr im Sterben liegen, aber nachdem ich sie vier Jahre lang zwischen Leben und Tod hatte schweben sehen, hatte ich es verlernt, wütend auf sie sein zu können. Sechs Monate ohne sie hatten daran nichts geändert.
    „Tut mir leid“, murmelte ich, als ich von Schuldgefühlen erfasst wurde. Kurz blickte ich zu James, der sich im Hintergrund hielt, die Hände in die Taschen geschoben und das blonde Haar so verwuschelt, dass es sein Gesicht verbarg. Doch ich wollte Antworten und keinen weiteren Vortrag darüber, dass ich eine Wahl hatte. „Was geht hier vor? Warum konnte ich Henry sehen?“
    Meine Mutter legte mir den Arm um die Schultern, und ich lehnte mich gegen sie. „Warum gehen wir nicht rein, wo wir es gemütlich haben, und besprechen dann alles?“
    Irgendwie bezweifelte ich, dass ich je wirklich alles erfahren würde, was es über meine neue Familie zu wissen gab. Aber meine Jeans war feucht vom Herumkriechen auf dem Boden, und je früher wir in den Palast kamen, desto früher würde ich Henry sehen. Und dann …
    Und dann was ?
    Erneut musste ich an James’ Angebot denken. Es beschäftigte mich derart, dass ich es nicht länger ignorieren konnte. Er irrte sich. Er musste sich einfach irren. Ich hatte überlebt; ich hatte die Prüfungen bestanden, und Henry liebte mich. Wenn wir unserst wiedersahen, würde sofort alles einen Sinn ergeben, alles wäre richtig und endlich wieder normal. Und ich würde mich wie eine Idiotin fühlen, dass ich Henry je infrage gestellt hatte.
    Der Weg war kürzer, als ich gedacht hatte, und führte zu einem weitläufigen Hof vor dem Palast. Statt Blumenbeeten und Bäumen war der Boden von herrlichen Juwelen in allen Regenbogenfarben übersät, die im Licht funkelten. Genau wie die Gärten meiner Mutter Kunstwerke waren, war dies ein Meisterstück, und ich konnte die Augen nicht davon abwenden.
    „Persephone hat ihn entworfen“, erklärte Ava, während wir auf die imposanten Tore zugingen. Ich biss mir auf die Zunge, um nichts Unfreundliches zu erwidern. Bisher hatte ich keinen Gedanken darauf verwendet, wie sehr die Unterwelt Henry an Persephone erinnern musste. Nachdem sie Jahrtausende miteinander verbracht hatten, würde es ohnehin unmöglich für mich sein, jede Einzelheit von ihr aus Henrys Erinnerung zu verbannen. Doch ich war nicht darauf vorbereitet, schon so bald mit ihrem Bild konfrontiert zu werden.
    Ich holte tief Luft. Alles würde gut werden. Ich hatte bloß Jetlag, das war alles, und sobald ich mich ein bisschen erholte und Henry wiedersah, wäre alles wieder normal. Mich über jede Kleinigkeit aufzuregen würde mir gar nichts bringen.
    Die Eingangshalle war vollkommen anders, als ich erwartet hatte. Im Gegensatz zu der Dunkelheit außerhalb des Palasts war es drinnen hell und freundlich. Die roten Wände und Spiegel ähnelten denen von Eden Manor. Doch dieser Raum war kleiner, irgendwie heimeliger. Von den goldenen Zierleisten um die Spiegel bis hin zu den braunen Ledermöbeln, die im Korridor verstreut standen, wirkte alles warm und freundlich, kein bisschen Furcht einflößend.
    Es gefiel mir.
    „Hier wohne ich den Winter über?“, vergewisserte ich mich, und meine Mutter nickte.
    „Das ist der Privatflügel des Palasts, nur für dich, Henry und eure Gäste.“
    „Es gibt Gäste?“
    Ava hüpfte neben mir auf und ab und kugelte mir

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