Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
zweihundert Mäuse rübergeschoben hast und ich dich zu dem Euthanasie-Spezialisten-Kurs des Ministeriums für Eindämmungspolitik angemeldet habe. Danach musst du eine Prüfung ablegen, und dann wirst du zertifiziert.«
»Und wenn ich durchfalle?«
»Mach dir darüber keine Gedanken. Ich werde die Prüfung für dich ablegen. Gib mir einfach das Geld, und in fünf Minuten bist du ein lizensierter Euthanasie-Spezialist.«
Ich gab ihm das Geld.
»Wunderbar«, sagte er. »Also, weißt du, was sanfte Euthanasie bedeutet?«
»Ja. Sanfte Euthanasie ist freiwillig. Schwere Euthanasie nicht.«
»Genau. Und schwere Euthanasie ist, wie du sicher weißt, derzeit noch nicht legal. Wir alle wissen, dass der Zeitpunkt kommen wird, an dem sich das ändert. Wie auch immer, als Bruce und ich dieses Geschäft aufgebaut haben, haben wir beschlossen, dass wir uns immer nur mit sanfter Euthanasie beschäftigen werden. Also, ist es okay für dich, dass du niemals die Chance bekommen wirst, schwere Euthanasie durchzuführen? Oder macht dich der Gedanke an, einmal ein großer Kopfgeldjäger zu werden?«
»Nein. Die sanfte Tour ist okay. Das ist gut.«
»Verdammt! Du bist der Erste, der sich nicht darüber aufregt. Ich kann es nicht glauben. Jim muss dir vorab die Antworten gegeben haben.«
Matt stand auf, um einen Donut zu essen. Offensichtlich war unser Gespräch beendet.
»Heißt das, ich habe den Job?«
»Nun, ich werde dich mit Ernie zu einem Klienten schicken, und dann sehen wir, wie du dich machst. Wenn du dich gut machst, gebe ich dir mehr Jobs. Wenn du versagst, dann kannst du dich wieder als Tagelöhner durchschlagen.« Er kam zurück, den Mund voller Krümel. »Eines noch: Du hast doch als Anwalt gearbeitet. Und mir wurde gesagt, dass du gut warst. Richtig?«
»Ja.«
»Gut. Das heißt, du merkst, wenn die Leute dich verarschen. Deshalb haben Bruce und ich dich an Bord geholt. Wenn du also mit Ernie unterwegs bist und es dir vorkommt, als ob etwas nicht stimmt, dann hör auf deinen Instinkt und mach die Fliege. Verstanden?«
»Verstanden.«
»Okay. Dein erster Auftrag wartet auf einem Autofriedhof in Bowie. Irgendein Hippie-Arschloch hat uns angefordert. Hast du ein Elektroauto?
»Ja.«
»Wo hast du es geparkt?«
»Etwa anderthalb Kilometer von hier.«
»Das ist wunderbar. Wohnst du darin?«
»Nein, ich wohne bei einem Freund. Vielleicht für immer.«
»Okay. Ernie wird in fünfzehn Minuten so weit sein. Trag immer diese Kappe, wenn du für uns unterwegs bist.«
Er warf mir eine große orange Baseballkappe zu, auf der das Motto der Firma prangte:
JONESPLUS EUTHANASIE-SPEZIALISTEN
DAS HEILMITTEL GEGEN DAS HEILMITTEL SEIT 2057
»Es ist gut, seinen Namen bekannt zu machen«, sagte er. »Wenn ihr rechtzeitig zurück seid, dann bestelle ich Abendessen für euch. Hast du noch Fragen?«
»Ja. Bekomme ich einen Angestelltenrabatt?«
Er lachte überschwänglich. »Machst du Witze? Wenn du nur halbwegs gut bist, dann lasse ich dich schon nicht abkratzen.«
GEÄNDERT AM:
02.03.2059, 21:08 Uhr
Der Hippie auf dem Friedhof
Der größte Autofriedhof, den ich jemals gesehen habe, befindet sich entlang der I-76 in Nebraska. Die Menschen kommen sogar aus Florida und von der texanischen Küste, um dort zu leben. Sie haben kein Geld, kein Zuhause und es gibt keinen Ort, an dem sie sonst unterkommen könnten. Jeden Tag kommen immer mehr von ihnen und lassen sich auf dem ehemals kahlen Streifen in den Ebenen von Nebraska nieder, die nun entlang der Straße von einem Meer aus alten Autos bedeckt sind.
Früher war es ein typisches Durchzugsgebiet. Motorrad- und Autofahrer auf dem Weg nach Denver oder an die Westküste – oder an irgendeinen anderen Ort, der interessanter war als Nebraska – konnten stundenlang durch die unendliche Weite fahren, ohne etwas zu sehen. Wenn man einmal eine Kuh erblickte, war das ein aufsehenerregendes Ereignis. Doch es ist offensichtlich, dass gerade eine riesige Völkerwanderung stattfindet. Es scheint, als würde sich das ganze Land ins Landesinnere zurückziehen. Entlang des Pannenstreifens sieht man eine wilde Mischung aus Menschen, Zelten, Windschutzscheiben, Lagerfeuern und Wäscheleinen.
Und Autos. Von der Straße bis zum Horizont erstreckt sich auf beiden Seiten ein riesiger, wogender Teppich aus Metall, ein Muster aus Grün, Weiß, Blau und tausend anderen Farben, die man in der freien Natur nicht zu sehen bekommt. Die alten Limousinen wurden von den Menschen, die dort leben, zu
Weitere Kostenlose Bücher