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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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öffnete den Deckel.
    Drinnen befand sich ein kleiner, kabelloser WEPS-Lautsprecher, der etwa die Größe eines Daumennagels hatte. Laute Atemgeräusche waren daraus zu hören.
    »Das ist eigenartig.« Gerade als ich das sagte, schüttelte Ernie seinen vierten Sarg. Im selben Moment flog der Deckel auf wie bei einem dieser Springteufel, die aus einer Schachtel schnellen, und ein wahnsinnig aussehender Greenie mit einem Messer in der Hand sprang heraus. Er kreischte »Hallo!« und stieß das Messer tief in Ernies Oberschenkel. Dann lachte er, und das Geräusch hallte durch die drei Jahrzehnte lang aufgestauten Albträume in meinem Gehirn. Eine Tür sprang auf, und Dutzende von ihnen füllten plötzlich den Raum wie ein sich selbst replizierendes Virus. Mein Gehirn feuerte Befehle ab. Ich musste die Pistole des Texaners nehmen, ich musste irgendwohin zielen. Irgendwohin. Ich musste den Abzug drücken. Doch keiner der Befehle kam bei meiner Schulter, meinem Arm oder meiner Hand an. Angst, Wut und Verzweiflung rasten durch meine Gedanken und blockierten alles andere. Die Greenies hatten mich innerhalb von Sekunden überwältigt, und schließlich schaffte ich es törichterweise auch, mich zur Wehr zu setzen.
    »Runter von mir!«, brüllte ich.
    Ernie lag zusammengekrümmt in einer Ecke. Ein furchtbar fetter Greenie zog ein langes Messer hervor und presste die stumpfe Seite gegen mein linkes Augenlid. »Ein gutes Auge«, sagte er. »Ein gutes Auge. Sollte einen angemessenen Preis erzielen. Halt schön still, wir wollen doch nicht, dass ein Blutgefäß platzt. Und was ist das?« Ein anderer schob meinen Ärmel hoch und fuhr mit seinen schmutzigen grünen Fingerspitzen über meine Narbe. Er stach mit seinem langen, rosafarbenen Nagel hinein. Ein Nagel, wie ihn Kokainabhängige oft haben. Ein wenig Blut begann aus der Wunde zu tropfen. »Ich sehe, dass wir uns schon früher einmal getroffen haben.«
    »Macht schon, ritzt es noch einmal ein«, sagte ich zu ihm. »Es ist mir egal.«
    »Bitte. Es noch einmal einritzen? Das ist nicht mehr so lustig, wie es einmal war.« Ich sah, wie einer der Trolle Ernies Gesicht mit einem nassen Tuch sauber wischte. »Nein, wir werden euch die Hände und Füße absägen. Das ist viel kreativer. Ihr werdet euer Leben dann so verbringen wie Mr. Kitty hier.« Er hielt eine gestrickte Puppe in Form einer Katze hoch. Sie hatte bloß lange ausgestopfte Stulpen als Arme und Beine. Mehr nicht. »Hallo, Mr. Kitty! Du bist ja so ein liebes Kätzchen. Ja, das bist du!«
    »FAHR ZUR HÖLLE!«
    Ich spürte, wie eine Hand von hinten ein weißes Stück Stoff in mein Gesicht drückte. Ein strenger Geruch wanderte meine Nase empor, und ich glitt sofort in eine erstaunlich farbenfrohe Ohnmacht hinüber, die keinem der Träume ähnelte, die ich jemals gehabt hatte. Ich glitt eine Rutsche auf einem Spielplatz hinunter und landete in einem riesigen Haufen aus gehäckselten Autoreifen. Ich lag auf dem Haufen und wurde immer wieder in die Höhe geschleudert, als befände ich mich auf einem riesigen Trampolin. Neben mir schwang jemand fröhlich auf einer Schaukel hin und her. Ich sah von meinem Federbett aus alten Bridgestone-Reifen empor und erblickte eine unverkennbare Blondine mit einem aufsehenerregenden Körper. Sie sagte: »Hi.« Ihre Stimme klang, wie sie immer geklungen hatte. »Hi«, antwortete ich. Sie lächelte. Ich fühlte mich gut.
    Dann änderte sich die Szene. Ich saß in einem Flugzeug am Fenster, und wir flogen gerade durch einen Schneesturm. Die Blondine saß neben mir. Sie war vollkommen ruhig, als das Flugzeug zur Landung ansetzte. Ich warf einen Blick aus dem Fenster und sah, wie sich der Schnee auf die Tragflächen legte und das Flugzeug sich bald darauf auf gleicher Höhe mit den Wolkenkratzern von New York befand. Das Flugzeug landete sanft auf dem eisigkalten Hudson River. Hunderte Fährboote bildeten rechts und links von uns eine Linie, und ihre Lichter sahen aus wie eine improvisierte Rollbahn. Ich sah zu, wie das unglaublich blaue Wasser an meinem Fenster emporstieg, als wäre es ein Aquarium. Ich blieb vollkommen unbeeindruckt, ich klebte auf meinem Sitz. Ich wehrte mich nicht. Ich versuchte nicht aufzustehen. Ich sah bloß zu, wie alles um mich herum im Chaos versank.
    Dann war es, als hätte jemand meinen Sitz mit einem Defibrillator bearbeitet, und ich war wieder am Leben, zurück im Hier und Jetzt, im Erdgeschoss im Haus der Glampire. Schwarze Wände um mich herum. Draußen wurde es

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