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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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gesprochen. Bei diesem Anschlag wurden fünf Menschen verletzt. Es wurde Ihnen ein Pflichtverteidiger namens Ken Blodgett zur Verfügung gestellt. Mr. Blodgett verteidigte Ihren Fall vor dem Landgericht in Loundoun County und hat dabei alles getan, was er tun konnte. Am sechzehnten Februar zweitausendneunundsiebzig wurden Sie von einer Jury bestehend aus Ihren Mitbürgern und Mitbürgerinnen schuldig gesprochen. Der Richter setzte die Todesstrafe fest, und JonesPlus Euthanasie-Spezialisten GmbH und KG wurde mit der Durchführung beauftragt. Das ist Ihre letzte Chance, eine öffentliche Erklärung abzugeben. Ihr Geständnis und Ihre Bereitschaft zur Sühne werden direkt an Richter Harry Edwards übertragen, der Sie verurteilt hat. Sollte Richter Edwards mit Ihrer Aussage zufrieden sein, wird er Ihren Angehörigen einen einmaligen Steuernachlass im Wert von achtzehnhundert Dollar anbieten. Wollen Sie eine öffentliche Erklärung über Ihre Schuld und Ihre Bereitschaft zur Sühne abgeben?«
    »Ich hasse dich, verdammt noch mal.«
    »Es geht dabei um Ihre Tochter. Sie haben keine Wahl mehr, was Ihre Zukunft betrifft, aber ihre Zukunft können Sie bis zu einem gewissen Grad noch mitbestimmen. Ihre öffentliche Erklärung kann auch nur an sie gerichtet sein, wenn Sie möchten. Wir können sie ihr zusenden.«
    Er schnaubte. »Nimm deinen Steuernachlass und deine kleine Abschiedsnachricht und dann stirb , verdammt noch mal.«
    »Okay.«
    Ich beendete die Aufnahme, zielte mit dem kleinen Gewehr auf seine Stirn und drückte den Abzug. Wenn man eine Waffe abfeuert, dann kommt es einem so vor, als wäre es schwer, den Abzug zu drücken, und zwar körperlich gesehen. Man muss fest drücken, und in der Sekunde, in der er nachgibt, hört man den Knall, schon lange, bevor man ihn ganz durchgedrückt hat. Diese schnelle Abfolge überrascht mich immer wieder. Ich hörte einen erstickten Knall wie von einem Feuerwerkskörper, der unter einem Kissen explodiert. Ich sah zu, wie Blut und Gehirnmasse plötzlich aus Mr. Lewis Kopf spritzten wie Flammen aus einer Rakete. Kleine Splitter des Schädelknochens verteilten sich auf dem Gras wie Plastik auf dem Ozean. Teile seines Schädels waren aufgebrochen und hingen lose herab. Er sah mich an, und seine Augen sahen wieder so aus wie die eines Neugeborenen. Suchend. Als wollte er alles über jedes Detail dieser Welt erfahren. All der Hass und die falsche Rechtschaffenheit waren verschwunden.
    Ernie kam mit einer Schachtel voller grober PVC-Rohre und anderer Utensilien zum Bombenbau aus dem Haus. Außerdem hatte er zwei Pistolen dabei. Wir steckten alles in unsere Beweisbeutel und versiegelten sie. Ich machte einige offizielle Fotos von Lewis’ Leiche für seine Akte.
    »Da drinnen ist nichts mehr«, sagte Ernie. »Bloß eine Menge Bücher. Er hat es offensichtlich gemietet. Du brauchst also keine Besitzunterlagen auszufüllen.«
    »Hast du im Kühlschrank nachgesehen?«
    »Weshalb? Ob er Nitroglyzerin dahat?«
    »Nein. Ob er Wasser dahat. Ich bin durstig. Ich möchte etwas trinken und nachsehen, ob er etwas zu essen hat. Und ruf Mosko an, damit er die Leiche abholt.«
    Er hatte einige Wasserflaschen im Kühlschrank, doch dieser war so kalt eingestellt, dass das Wasser teilweise gefroren war. Ich nahm dennoch eine Flasche heraus und drückte das Plastik zusammen, bis es das Eis im Inneren berührte. Dann stürzte ich die Flüssigkeit in einem Zug hinunter. Den Rest nahm ich mit ins Elektroauto.
    GEÄNDERT AM:
    23.06.2079, 06:07 Uhr

Das Mädchen auf dem Marktplatz

    Das Eden-Reservat war mit dem östlichen Falls-Church-Reservat durch ein Netzwerk von schmalen unterirdischen Gängen verbunden, durch die man lediglich zu Fuß gehen konnte. Das Netzwerk war provisorisch von einigen vietnamesischen Geschäftsinhabern errichtet worden, die nicht auf das zusätzliche Geschäft verzichten wollten, nachdem unser Teil der Stadt sich eingekapselt hatte. Sie gruben Gänge in unser Reservat und in andere Reservate überall in Arlington und McLean.
    Ich wandere gern dort unten herum. Die Gänge sind wie riesige Erdhörnchenbauten mit Halogenlampen an der Decke und Menschen, die ständig durch sie hindurchlaufen wie Zellen durch ein Blutgefäß. Doch die freigelegte Erde fühlt sich kalt an, wenn man sie berührt, und an Tagen wie gestern drücke ich gern meinen Körper dagegen und lasse die anderen Menschen an mir vorbeigleiten. Es fühlt sich an, als würde man seine Hände in eine Wasserquelle

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