Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
Michelle Turin, Liza Harvin und Jenna Frank auftrittst. Das steht alles in deiner Akte. Und die kenne ich auswendig.«
»Das ist wunderbar, aber du kannst keine Akte haben. Du suchst nach einer anderen Idiotin, die irgendwo anders ist.«
»Müssen wir jetzt ewig so weitermachen? Ich will dich nicht erschießen müssen, bloß um eine Bestätigung für deine Identität zu bekommen, die ich bereits habe.« Ich hielt meinen WEPS hoch und zeigte ihr das Foto, das die Eindämmungsbehörde von ihr in den Akten hatte.
»Also gut, du hast also mein Todesurteil dabei. Warum hast du mich dann nicht schon längst erschossen?« Ich zögerte, und sie vermutete das Schlimmste, was zur Hälfte auch stimmte. »Ach, du machst doch verdammt noch mal Witze, Kumpel.«
»Das ist nicht der Grund«, sagte ich.
»Schwachsinn. Ich weiß genau, wer du bist. Du warst dieser Irre in Manhattan, der versucht hat, mich anzubaggern.«
»Und dann hast du meine beste Freundin ermordet.«
»Ich habe niemanden ermordet.«
»In den Akten steht aber etwas anderes.«
»Die Akten lügen. Glaubst du wirklich, dass jedes Wort, das dir die Eindämmungsbehörde zuspielt, wahr ist? Bist du wirklich so dämlich? Ist das deine Rechtfertigung dafür, dass du herumläufst und Menschen abknallst?«
»Du wurdest in Abwesenheit schuldig gesprochen.«
»Das wurden alle anderen auch.«
»Du bist schuldig. Ich habe gesehen, wie du davongerannt bist.«
»Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass ich vor dir davongerannt bin, weil ich keine Lust hatte, an diesem Tag von noch einem Vollidioten angebaggert zu werden?«
»Ich glaube, du wirst so oft angebaggert, dass du dir eine bessere Methode zurechtgelegt hast, um Typen abzuweisen, als davonzulaufen.«
»Dann erklär mir mal das hier.« Sie zeigte auf ihren Körper, und ich ließ meinen Blick zugegebenermaßen eine Sekunde länger auf ihr ruhen, als es unter diesen Umständen angemessen war. »Sehe ich so aus, als wäre ich seit damals gealtert? Ich habe mich deaktivieren lassen. Scheint dir das charakteristisch für eine Pro-Todes-Terroristin zu sein?«
»Nein, aber du hattest Kontakt mit Randall Baines, und du wurdest an den Schauplätzen von zwei weiteren Bombenanschlägen gesehen, die innerhalb von drei Monaten nach den Anschlägen vom dritten Juli stattfanden. Ich glaube nicht, dass das ein Zufall war. Ich glaube nicht, dass du genau zu diesen Zeitpunkten zufällig vor Ort warst und versucht hast, Verehrer loszuwerden.« Ich ließ die Waffe sinken. Sie bewegte sich nicht. »Katy Johannson war meine beste Freundin«, erklärte ich ihr. »Sie wollte sich an dem Tag, als ich dich gesehen habe, deaktivieren lassen. Sie befand sich in der Praxis des Arztes, als die Bombe hochging. Es ist nichts von ihr übrig geblieben. Sie haben nicht einmal einen Zahn gefunden – nichts, was sie ihrer Familie hätten schicken können, damit diese es begraben konnte. Sie wurde ausgelöscht. Ich habe das Recht, dich zu töten, aber ich möchte bloß wissen, warum du davongelaufen bist. Das ist alles. Ich bin nicht arrogant genug, um zu glauben, dass jede Frau, auf die ich zugehe, die Arme ausstreckt und sich mir entgegenwirft. Aber du bist davongelaufen, als hättest du etwas getan . Und ich möchte wissen, was.«
Ihre Haare fielen ihr ins Gesicht, und sie blies sie zur Seite, als handelte es sich um eine Fliege. Sie setzte sich auf die Motorhaube eines schmutzigen, weißen Nissan und sagte drei Minuten lang nichts. Schließlich hob sie ihren Blick.
»Ich war mit ihm zusammen«, sagte sie. »Mit Randall. Ich habe dreimal die Lage für ihn sondiert. Ich sollte deinen Arzt für ein Beratungsgespräch aufsuchen, um die Praxis auszukundschaften. Damals wollte ich mich noch nicht deaktivieren lassen. Ich habe bloß so getan, als wäre ich eine Patientin. Aber ich habe nie eine Bombe gelegt. Ich habe nie jemanden getötet. Ich stand bloß da. Ich sollte nach Polizisten Ausschau halten, das ist alles.«
»Warum hast du ihm geholfen?«
»Weil er gewalttätig war, okay? Gewalttätig genug, um mich glauben zu lassen, dass er wie eine Wolke über allem schwebte. Ich war ein Feigling, ich gebe es zu. Ich bin nicht stolz darauf, aber ich bin keine Mörderin. Es tut mir leid, dass er deine Freundin umgebracht hat.«
Ich spürte den Drang, näher an sie heranzurücken. Diese Frau war fünf Jahrzehnte lang in meinen Gedanken bei mir gewesen. Die Erinnerung an alle anderen, die ich gekannt habe, ist in dieser Zeit immer mehr
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