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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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makellosen Tag. Ich nahm mir vor, die blonde Frau eines Tages wiederzufinden. Nun hatte ich alle Zeit der Welt dafür.
    GEÄNDERT AM:
    20.06.2019, 14:06 Uhr

»Du weißt aber schon, dass du jetzt nie mehr in Rente gehen kannst, oder?«

    Selbst wenn sich das Heilmittel als kompletter Humbug entpuppen sollte (und jetzt, wo ich es mir habe verpassen lassen, wird es sicher so sein), empfehle ich Ihnen, sich deaktivieren zu lassen. Der Placebo-Effekt ist unglaublich. Ich sollte mich eigentlich nicht wie neugeboren fühlen, nachdem ich mich habe deaktivieren lassen, aber ich tue es dennoch. Und selbst wenn ich nach zehn Jahren merke, dass alles eine Lüge war, dann habe ich mir trotzdem zehn Jahre lang vorgemacht, dass ich mich einfach wunderbar fühle. Wenn es so weit kommt, dann lasse ich es gleich noch mal machen.
    Als ich gestern auf die Straße hinaustrat, fühlte ich mich, als wäre ich in der Lage, einen Marathon zu laufen. Weil ich jedoch viel zu faul für solche Dinge bin, entschied ich mich stattdessen für einen gemütlichen Spaziergang in Richtung Downtown. Ich blieb auch stehen, um mir einen Donut zu besorgen, denn das schien mir in diesem Moment genau das Richtige zu sein. Als ich weiterging, hörte ich weit entfernt eine Menschenmenge, deren Geräusche immer lauter wurden. Nach einigen weiteren Blocks wurde mir einiges klar. Ich befand mich in der Nähe des UN-Hauptquartiers. Pro-Deaktivierungs-Demonstranten hatten sich vor dem Gebäude versammelt. Und wenn es Menschen gibt, die noch fanatischer sind als die Pro-Todes-Demonstranten, dann sind es die Pro-Deaktivierungs-Leute. Sie sahen verärgert aus. Eine Frau trug ein Schild mit der Aufschrift LEGALISIERUNG JETZT. IHR LASST UNS ALLE STERBEN. Sie zitterte vor Zorn, während sie vor dem Gebäude auf und ab marschierte und mit den Füßen auf den Boden stampfte wie T-Rex.
    Ich bog ab, um in Richtung Second Avenue zu gehen, doch die Polizei hatte bereits Absperrungen errichtet. Hubschrauber flogen über die Menge. Die einzige Möglichkeit fortzukommen war, wieder in Richtung First Avenue zu gehen. Ich machte rasch kehrt, um das alles hinter mir zu lassen. Eine kleine Gruppe neuer Demonstranten kam mir entgegen. Einer drückte mir ein Flugblatt in die Hand.
    »Nimm diese Scheiße nicht tatenlos hin«, sagte er. Die Überschrift auf dem Flugblatt lautete: EIN KONSERVATIVES MANIFEST ZUR LEGALISIERUNG DER DEAKTIVIERUNG, VON ALLAN ATKINS. Ich wusste nicht, dass es Allan Atkins’ Schimpftiraden mittlerweile auch in Flugblattform gab. Ich betrachtete die Menge vor dem Hauptquartier. Normalerweise protestierten Demonstranten friedlich und liefen im Kreis oder was auch immer. Doch diese Leute hatten Reihen gebildet. Sie sahen alle in eine Richtung und drängten sich so nahe an das Gebäude heran, wie es die Polizisten erlaubten. Sie schienen sich nicht damit zufrieden zu geben, lediglich ihr Missfallen zu bekunden. Es schien, als wollten sie das Gebäude stürmen. Ich ging wieder zurück und eilte so schnell ich konnte durch die Stadt.
    Zurück in unserer Wohnung stürzte ich einen billigen Champagner hinunter, aß eine kalte Dosensuppe und sah mir einen Nachrichtenbeitrag über die Szene an, die ich gerade mit eigenen Augen gesehen hatte. Offensichtlich hatten die Cops etwa eine Stunde, nachdem ich fort war, mit Gummipatronen in die Menge geschossen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie so etwas zum ersten Mal getan hatten.
    Als ich in die Bar kam, war Katy bereits betrunken. Ich hatte einiges aufzuholen.
    »Alles Gute zum Deaktivierungstag!«, schrie sie.
    »Psst!«
    »Okay, okay. Ich bin ja schon still. Aber du musst mir alles darüber erzählen. Und du schuldest mir noch die Telefonnummer dieses Arztes. Jetzt ist Zahltag, mein Lieber!«
    Wir zogen uns an einen Tisch in der Ecke zurück. Ich gab ihr die Kontaktdaten von Dr. X und erzählte ihr alles: von dem Stuhl, den Nadeln, den Demonstranten und so weiter. Sogar von der blonden Frau.
    »Sie scheint heiß zu sein.«
    »Das ist sie.«
    »Na dann, alles Gute zum Deaktivierungstag! Cheers!«
    »Cheers.«
    »Du weißt aber schon, dass du von nun an immer so aussehen wirst wie jetzt gerade, oder? Von heute an? So wirst du aussehen, wenn du stirbst. Das weißt du schon, oder? Es ist, als würde ich eine Leiche anstarren.«
    »Daran habe ich noch gar nicht gedacht, nein. Aber danke für den Hinweis.«
    »Du weißt schon, dass du jetzt nie mehr in Rente gehen kannst, oder?«
    »Was?«
    »Du kannst jetzt nie mehr in

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