Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
war.«
»Bei mir waren es nicht die Greenies. Es war Randall.«
»Mein Gott.«
»Er hatte herausgefunden, dass ich mich deaktivieren ließ. Einer seiner Freunde hielt mich fest, und er nahm einen Kleiderbügel und spielte ein wenig Picasso.«
»Es tut mir leid.«
»Das muss es nicht. Danach hat er mich sitzen lassen. Wenn ich gewusst hätte, dass das alles war, um von ihm loszukommen, dann hätte ich es schon viel früher gemacht. Ich habe Angst vor ihm. Ich hatte immer Angst vor ihm. Sogar jetzt, wo er tot ist. Vor allem jetzt, wo er seinen Hass an so viele weitergegeben hat. Ich weiß nicht, wie sie aussehen oder wer von ihnen mich letztlich finden wird. Ich wusste nie, wer vielleicht gerade hinter der nächsten Ecke lauert. Die Polizei, die Euthanasie-Spezialisten, die Irren draußen in den offenen Gebieten – das ist alles nicht so schlimm. Aber ich weiß, dass Randalls Anhänger ein Auge auf mich geworfen haben. Ich weiß, dass es eine Sanduhr gibt, auf der mein Name steht.«
Sie zog ihr Shirt hoch. Ich sah das eingeritzte Datum. Die Zahlen sahen aus wie Tränen, als wären sie mit einer alten Gabel eingeritzt worden.
27/6/1999
»Morgen werde ich achtzig Jahre alt«, sagte sie. »Das ist der Tag, an dem er mir gesagt hat, dass er mich wiedersehen wird. Das ist mein Ablaufdatum. Das ist der Tag, an dem ich verderben werde.«
»Ich kann das in Ordnung bringen. Ich kann es entfernen lassen.«
»Du bist nicht der Erste, der mir das anbietet.«
»Ja, aber ich werde der Erste sein, der es durchzieht.« In diesem Augenblick fasste ich den Entschluss, ihren Tod selbst vorzutäuschen und ihn als tatsächliche Euthanasie zu den Akten zu nehmen. Ich kümmerte mich nicht um die Konsequenzen. »Ich kann die Narbe entfernen und deine Akte vernichten. Und ich kann dich in einem Reservat unterbringen, in dem sie dich nicht suchen werden. Sie sehen sich immer nach einfacheren Zielpersonen um. Außerdem gehört die Wohnung mir. Es gibt niemanden, mit dem du ein Zimmer teilen musst. Du hast es ganz für dich.«
»Warum solltest du das für mich tun?«
»Ich habe dir bereits gesagt, warum.«
»Nein, das ist nicht alles.« Sie sah an sich hinunter. Ihr Shirt (mein Shirt) war auf der linken Seite immer noch nach oben gerutscht, ihr Rock saß tief auf ihrer Hüfte, und ich sah den Bogen der Hüfte und den winzigen Hüftknochen, der aus der weichen Haut hervorragte. Ich fühlte mich himmlisch, wenn ich sie ansah, ich fühlte mich, als würde ich in ein paar Millionen Sonnen explodieren. Sie rückte ihr Shirt zurecht, und es bedeckte ihren ganzen Körper. »Oder?«
Sie wartete darauf, dass ich mich zum Idioten machte. Ich widerstand der Versuchung. »Doch, das ist es«, erklärte ich ihr. »Es gibt wenige Dinge, auf die ich stolz sein kann, doch ich bin stolz darauf, von mir sagen zu können, dass ich einen gewissen Sinn für Professionalität besitze.«
»Deine Gedanken sind im Moment also vollkommen unschuldig.«
»Vollkommen.«
Sie seufzte. »Ich habe es satt, dass sich die Männer ständig in mich verlieben.«
»Das bezweifle ich keine Sekunde lang. Aber ich mache das bereits seit zwei Jahrzehnten. Ich vermische Liebe und Tod nicht gern.«
Sie hielt den Blick auf mich gerichtet, und ich zeigte ihr das beste Pokerface, zu dem ich fähig war. Ich liebte sie seit dem Augenblick, als ich sie auf dem Marktplatz gesehen hatte. Vielleicht liebte ich sie schon sehr viel länger.
Wie durch ein Wunder schien sie mir zu glauben. »In Ordnung«, sagte sie. »Dann wird es also Zeit, dass du mich tötest.«
Ich duschte und packte die Sachen zusammen. Solara übergab sich auf der Toilette. Sie würde nicht wirklich sterben, doch sie meinte, dass es sie dennoch nervös machte.
Ich holte die Liste mit den Fragen für das Interview hervor und ging sie gemeinsam mit ihr durch. Ich bat sie, während des Gesprächs äußerst aggressiv aufzutreten. Ich zeigte ihr die Spritze mit der Salzlösung, die ich anstelle des Natriumfluoracetats verwenden würde. Dann studierte ich die Karte an der Hintertür des Hotelzimmers und legte einen Plan zurecht. Ich hängte mir die Lizenz um den Hals, nahm meine Pistole heraus, drückte sie ihr gegen den Rücken und führte sie aus dem Zimmer. Familien und Männer in billigen Anzügen verstopften den Flur und eilten vorbei wie Ungeziefer. Ich führte Solara zurück zur Feuerleiter und hinunter ins Erdgeschoss. Wir gingen den überfüllten Flur entlang, bis ich den Eingang zur Hotelküche
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