Die Unsterblichen: Roman (German Edition)
nichts mehr mit den Grippeopfern zu tun haben. Gib es an die Internen weiter. Morgen möchte ich einen Greenie erledigen. Oder einen Terroristen. Irgendjemanden, dessen Zähne ich einschlagen kann.«
»Nun, du bist heute aber keck! Haben dir die anderen bereits ein Angebot gemacht? Was immer sie dir bieten, ich ziehe mit. Vorausgesetzt, es ist nicht viel mehr als das, was du gerade verdienst.«
»Wir sehen uns morgen früh, Matt.« Ich legte auf und drehte mich zu Solara um. »Wie fühlst du dich?«
»Als wäre ich tot«, sagte sie.
»Es wird funktionieren.«
Dann brachte ich sie in ihr neues Zuhause.
GEÄNDERT AM:
26.06.2079, 17:17 Uhr
»Sie hören nicht auf zu essen«
Auf dem Weg nach Hause trafen wir auf keine der Banden. Wir redeten stundenlang und hätten noch viele weitere Stunden reden können. Ich brachte Solara in das Reservat von Fairfax. (Die Wachen am Tor kannten mich und machten sich nicht die Mühe, den Rücksitz meines Autos zu kontrollieren.) Dort angekommen, lief ich hinüber zum Drugstore, um ihr einige notwendige Dinge zu kaufen, darunter auch eine dieser altmodischen, nicht auf genetischer Veränderung basierenden Haarfarben. Sie hatte bisher bei einer Freundin gewohnt und kein Interesse daran, dorthin zurückzukehren, um ihre Kleider zu holen, weshalb ich in einen billigen Laden ging und ihr einen Armvoll Kleider besorgte, die ich auf die dreckige Decke auf meinem Rücksitz warf. Ich kaufte ihr außerdem noch einen neuen WEPS mit einer sauberen IP-Adresse und ließ ihn auf den Namen Katie Baker registrieren. Als wir schließlich in meiner Wohnung ankamen, war bereits die Nacht hereingebrochen. Für mich gibt es keine Tage mehr. Es ist bloß eine lange Abfolge von Dunst und Glühen.
Ich hatte keine Energie mehr. Solara verwendete meinen WEPS, um alle Spuren von Ingrid Malmsteen und auch die der echten Solara Beck zu eliminieren. Ich bat sie, ihren neuen WEPS nicht dafür zu verwenden, damit die Suchmaschinen nicht dadurch ihre neue Identität enttarnten. Ich fragte sie, ob sie Lust hätte, sich einen Film anzusehen, und sie sagte Ja. Also machte ich eine Tiefkühlpizza und gab ihr die Hälfte, während wir dasaßen und einen Film sahen. Sie saß auf dem Sofa, ich nahm den Lehnsessel. Wir freuten uns beide auf ein wenig Ablenkung.
Es war eine schlechte Idee gewesen, den Film Der kälteste Krieg auszusuchen. Ich hätte einen Film wählen sollen, bei dem ich meinen Verstand und meinen Körper auf Autopilot stellen konnte. Stattdessen entschied ich mich für eine Dokumentation über den arktischen Krieg, der im Internet folgende entsetzten und empörten Äußerungen hervorgerufen hatte:
Carl Laing:
Der Filmemacher Davis Coggeshall konnte einige großartige Interviews mit Soldaten und Generälen führen, die an diesem Krieg beteiligt waren, der zehn Millionen Menschen das Leben gekostet und schließlich zur russischen Übernahme Alaskas und Kanadas geführt hat. Es sind jedoch die Momentaufnahmen der Menschen, die am Rande des Konflikts standen, die seine katastrophalen Auswirkungen deutlich machen. Eine dieser Momentaufnahmen stellt das Interview mit einer Frau aus Alaska namens Sadie Carruthers dar.
Alaska diente, wie Sie ja wissen, während des Krieges als Stützpunkt der amerikanischen Armee. Die meisten Amerikaner wissen jedoch nicht, dass dieser Staat, genauso wie andere Staaten in der Nähe des arktischen Ozeans, von nicht autorisierten militärischen Banden aus Russland und Amerika heimgesucht wurde, die während des Konflikts desertierten und danach plündernd umherzogen. Sadie erzählt, wie Soldaten einer nicht autorisierten militärischen Einheit aus Amerika in ihr Haus eindrangen und begannen, alles zu essen, was ihnen in die Quere kam. Unter anderem auch die Zimmerpflanzen. Diese amerikanischen Soldaten hatten an einem frühen Testprogramm für Skeleton Key teilgenommen (in Russland gab es ein Programm, das ähnlich weit entwickelt war), und da der Impfstoff eine Gewichtszunahme verhinderte, erhöhten viele Soldaten, laut der Angaben in dem Film, ihre Kalorienzufuhr auf zehntausend und mehr Kalorien am Tag. Coggeshall fand von einem WEPS aufgezeichnetes Filmmaterial, das Mitglieder einer militärischen Bande aus Russland zeigt, die gerade eine lebende Robbe auffressen, bis nur noch die Knochen übrig bleiben. Sogar aus der Ferne sieht man das Blut auf den Gesichtern der Soldaten. Es ist erschreckender als jeder Horrorfilm, den Sie dieses Jahr noch zu sehen bekommen
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