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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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gemeinsam in eine Klasse gegangen, und sie sah noch immer so aus wie damals. Groß, mit langen Armen. Einfache braune Haare. Man hätte sie als schlaksig bezeichnen können, obwohl ich es niemals gewagt hätte. Es schien immer so, als würde sie sich ihrer natürlichen Schönheit schämen und als wolle sie nur ja nicht die Aufmerksamkeit darauf lenken. Dadurch wirkte sie nur noch attraktiver. Ich kann mich erinnern, dass sie in der Schule stets einfache Kleider trug und dennoch das hübscheste Mädchen war, das ich jemals gesehen hatte. Gelegentlich gab es eine Veranstaltung, zu der sie sich etwas zurechtmachen musste – einen Tanzabend in der achten Klasse oder so was in der Art –, und sie zog sich nur um eine Spur besser an, als sie es sonst tat. Und dann war sie nicht nur das hübscheste Mädchen, das ich jemals gesehen hatte, sondern sie überragte alle anderen sogar um Längen.
    In der achten Klasse war ich ein Niemand gewesen. Ich war kein guter Sportler, und ich war bereits sehr groß, wodurch meine mangelnde Sportlichkeit nur noch mehr hervorgehoben wurde. Ich glaube, ich war wohl nicht wirklich unbeliebt. Ich hatte einige Freunde, doch ich befand mich am Rande des sozialen Gefüges unserer Schule. Ich war bloß ein weiterer Jugendlicher, der versuchte, irgendwie durchzukommen. Ich war einer jener Typen, die niemals auf den Schnappschüssen in den Jahrbüchern auftauchen.
    Während des Spanischunterrichts freundete ich mich mit Alison an. Sie war nett zu mir. Sie war zu allen nett. Manchmal saß ich neben ihr, was mich freute, mir aber gleichzeitig unsägliche Schmerzen bereitete. Ich sah sie in ihrer ganzen Schönheit und konnte sie riechen. Wenn sie einen Rock trug, konnte ich die kleine Furche sehen, die entlang ihres Oberschenkels verlief und die jedes Neutron in meinem Körper flackern ließ. Es kostete mich meine ganze Kraft, sie nicht während des Unterrichts zu schnappen und über sie herzufallen. Dieses Problem haben Jungs in der achten Klasse nun einmal.
    Mit der Zeit begann ich, sie zu Hause anzurufen und gelegentlich eine halbe Stunde mit ihr zu quatschen. Damals war das für mich so ziemlich das Einzige, für das es sich zu leben lohnte. Ich war ihr Freund, und ich glaubte, dass dies die beste Möglichkeit war, mehr daraus zu machen. Im Nachhinein war mir klar geworden, dass es der falsche Weg gewesen war. Ich blieb mit ihr befreundet, als sie mit dem Kapitän des Hockey-Teams ausging (er war ein Scheißkerl), und ging sogar so weit, ihr Beziehungsratschläge zu geben, obwohl ich keine eigene Beziehung hatte, auf die ich aus Erfahrung zurückgreifen konnte, und obwohl ich inständig hoffte, dass ihre Beziehungen zu anderen Männern kläglich scheitern würden.
    Wann immer Alison gerade keinen Freund hatte, nahm ich sie an den Tanzabenden zur Seite und fragte, ob sie mit mir ausgehen wollte. Mehr als einmal sagte ich ihr, dass ich sie liebte. Sie wies mich ab, doch immer mit einer solchen Liebenswürdigkeit und Gutmütigkeit, dass sie mich nie vollständig zurückstieß. Sie umarmte mich, nachdem sie mich abgewiesen hatte, und es war wie eine Folter für mich. Jedes Mal, wenn ich sie fragte, ob ich eine Chance bei ihr hätte, erklärte sie mir, dass sich die Dinge immer ändern konnten und sie nicht sagen könne, wie es sich in Zukunft verhalten würde. Das war ihre Art, meinen Schmerz zu lindern, doch letztlich war es um vieles grausamer, weil ich mir ständig vorstellte, dass sich die Dinge bald zum Guten wenden würden.
    Ich stellte mir vor, was geschehen müsste, damit ich sie bekommen würde. Ich träumte von einem Atomkrieg, den wir beide als Einzige überlebten. Ich stellte mir vor, wie ich sie vor einem aggressiven Verehrer retten würde, der gerade dabei war, sie zu vergewaltigen. Ich träumte davon, Gitarre spielen zu lernen und ein Rockstar zu werden. Dann würde ich sie während eines Konzertes im Publikum entdecken, und sie würde sich in mich verlieben, nachdem ich meinen besten Song nur für sie gesungen hatte und wir uns dabei die ganze Zeit in die Augen gesehen hatten. Ich nahm sogar Gitarrenstunden, um zu sehen, ob sich dieser Traum vielleicht realisieren ließe. Ich war eine vollkommene Niete, was dieses Instrument betraf.
    Meine Tagträume gingen jedoch weit über das erste Zusammenkommen hinaus. Ich träumte davon, dass sie mich so sehr lieben würde wie ich sie. Ich stellte mir vor, dass ich in den Krieg zog und im Nahen Osten kämpfte. Und wenn ich schließlich zu ihr

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