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Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Die Unsterblichen: Roman (German Edition)

Titel: Die Unsterblichen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Drew Magary
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Schlag und noch ein Schlag und noch ein Schlag. In kürzester Zeit war sein Lächeln verschwunden. Ich grinste ihn an, sein Blut war mir ins Gesicht gespritzt und lief zwischen meinen Fingern hindurch. Ich grinste ihn immer noch an und versuchte, ihm die unheimliche Freude zu vermitteln, die es mir gemacht hatte, sein Gesicht zu zerstören.
    »Falls ich dich jemals wiedersehen sollte«, erklärte ich ihm, »dann steche ich dir die Augen aus und schieße dir deine verdammten Ohren weg.«
    Er fiel in Ohnmacht. Ich ließ seinen Kopf zur Seite rollen, bis er mit der Wange den Asphalt berührte. Dann drehte ich mich zu Alison um. Ich hatte vergessen, mit dem Grinsen aufzuhören. Sie sah es. Sie sah die verrückte Freude. Sie wich vor mir zurück. Immer weiter und weiter.
    »Alison.«
    Sie trat noch einen Schritt zurück. Und noch einen. Ich versuchte, auf sie zuzugehen. Sie wich weiter vor mir zurück, sie war wie betäubt. Sie wich bis zum Ende des Bürgersteigs zurück, immer weiter von mir fort.
    »Alison, bitte. Alison.«
    Der Abstand zwischen uns wurde immer größer. Sie hörte den Lastwagen, der die Straße herunterkam, nicht. Sie sah ihn nicht einmal aus den Augenwinkeln, als sie über den Randstein und direkt vor ihn trat. Sie drehte sich nicht um, als er mühelos einfach durch sie hindurchfuhr. Es passierte im Bruchteil einer Sekunde, als hätte es jemand minutiös geplant.
    Ich lief zu ihr und nahm sie in die Arme. Sie fühlte sich an wie ein Sack voller Knochen. Wie mein Sohn, als ich ihn zum ersten Mal in den Armen gehalten hatte. Ich konnte die einzelnen Teile ihres Körpers spüren, doch die Struktur war verschwunden. Ich drehte ihren Kopf zu mir, um ihr ins Gesicht sehen zu können, doch es war zu spät für eine rührselige Verabschiedung. Sie war bereits fort. Mein Herz krampfte sich zusammen. Ich sah zu der Seitengasse hinüber. Die Pistole lag noch da. Der Troll war verschwunden. Mein Blick wanderte die Straße hinunter, und ich sah, wie sein Kopf ein weiteres Mal in der Dunkelheit verschwand, wie der letzte Rest des Fernsehbilds bei einem alten Fernseher, nachdem man ihn abgedreht hatte.
    Die Sirenen drangen in meinen Schädel und schwirrten verträumt dort herum wie ein Gespräch, das man im Halbschlaf belauscht. Ich sah, wie die Rettungssanitäter auf uns zugeeilt kamen. Sie versuchten, Alison aus meiner Umarmung zu befreien, doch ich weigerte mich instinktiv, sie freizugeben. Ich hatte so lange darauf gewartet, sie umarmen zu können. Ich presste sie an mich. Versuchte, sie in mich aufzunehmen. Doch sie nahmen sie mir fort.
    Die schönste Zeit meines Lebens ist nun zu Ende. Dieser Funke der wundervollen Realität, den ich für den Rest meiner unsterblichen Existenz versuchen werde festzuhalten, während er von mir forttreibt wie ein Staubkorn im immer größer werdenden Schwarz der Zeit. Alles, was von ihr übrig bleibt, ist dieses Gefühl – die Erinnerung daran, sie wiedergefunden und ihr gesagt zu haben, dass ich sie liebe. Die Erinnerung daran, dass sie schlussendlich meine zärtlichen Gefühle erwidert hatte.
    Ich liebe dich. Ich liebe dich, bis nichts anderes mehr existiert. Das war der Moment, an dem ich hätte sterben sollen, keine Sekunde später. Damals war alles in Ordnung. Nun wird es das niemals mehr sein.
    Während ich von der Polizei befragt wurde, fiel mir ein, dass mein Angriff auf den Troll in Texas mit dem Tod bestraft worden wäre. Ich wünschte mir, in Texas zu sein. Ich habe das Gleichgewicht verloren. Ich muss von hier verschwinden. Ich muss der Welt, die ich mir erschaffen habe, den Rücken kehren, bevor sie mich verschlingt. Ich muss sofort von hier verschwinden, damit alles, was übrig bleibt, nicht mehr ist als eine schnell verblassende Erinnerung.
    GEÄNDERT AM:
    23.06.2031, 03:07 Uhr

III

    SÄTTIGUNG
    MÄRZ 2059
    (ACHTUNDZWANZIG JAHRE SPÄTER)

»Das Heilmittel gegen das Heilmittel«

    Die Adresse auf dem Stück Papier führte mich zu einem grün lackierten Garagentor. Es war eine von vielen Garagen, die sich auf der Hinterseite der Straße befanden – in einer Gasse, die hinter den Läden verlief. Ich dachte zuerst, dass die Adresse falsch wäre, denn in den meisten Garagen befanden sich Reparaturwerkstätten für Elektroautos. Ich überprüfte noch einmal die Angaben auf dem Zettel.

    Jones Plus Euthanasie-Spezialisten, GmbH
    W. Martinson Street 206 B
    Falls Church, Virginia

    Ich klopfte. Niemand antwortete. Ich nahm meinen WEPS heraus und tippte die Nummer ein,

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