Die Unsterblichen
entgegenkommender, als würde ich wirklich wollen, dass er vorbeikommt, auch wenn es zu spät ist.
Er sieht mich mit leuchtenden, belustigten Augen an. »Ja, ich bin sicher. Bis Montag dann«, antwortet er, schlägt ein schnelleres Tempo an und hält auf seinen Wagen zu, der im Halteverbot steht, und zwar unerklärlicherweise mit brummendem Motor.
Als ich bei meinem Miata ankomme, wartet Miles mit verschränkten Armen und zusammengekniffenen Augen auf mich; an seinem typischen Feixen sieht man deutlich, dass er verstimmt ist.
»Erzähl mir lieber mal, was da gerade abgegangen ist, das sah nämlich gar nicht gut aus«, sagt er und steigt ein, während ich die Fahrertür öffne.
»Er hat abgesagt. Meint, er schafft es nicht.« Ich schaue über die Schulter, während ich den Rückwärtsgang einlege.
»Aber was hast du denn gesagt, als er den Rückzieher gemacht hat?« Finster starrt er mich an.
»Gar nichts.«
Das hämische Grinsen wird heftiger.
»Im Ernst, ich bin nicht schuld daran, dass dein Abend im Eimer ist.« Ich fahre vom Parkplatz auf die Straße, doch als ich merke, dass Miles mich noch immer anstarrt, setze ich hinzu: »Was denn?«
»Nichts.« Er zieht die Brauen hoch und schaut aus dem Fenster, und obwohl ich weiß, was er denkt, konzentriere ich mich aufs Fahren. Also dreht er sich natürlich zu mir um und sagt: »Okay, versprich mir, dass du nicht sauer wirst.«
Ich schließe die Augen und seufze. Jetzt kommt's.
»Es ist nur - ich blick bei dir so was von nicht durch. Irgendwie ergibt nichts an dir einen Sinn.«
Ich atme tief durch und weigere mich zu reagieren. Vor allem, weil es gleich noch schlimmer werden wird.
»Zum einen siehst du absolut umwerfend megageil toll aus - jedenfalls glaube ich das, ist schwer zu sagen, wenn du dich dauernd unter diesen hässlichen, ausgeleierten Kapuzenteilen versteckst. Ich meine, tut mir leid, dass ich derjenige bin, der dir das sagt, Ever, aber dieses ganze Outfit ist total tragisch, wie 'ne Tarnung für Obdachlose. Und ich finde, wir sollten nicht so tun müssen, als wär's anders. Außerdem, ich sag's dir ja echt ungern, aber diesem absolut oberscharfen Neuen, der ganz offensichtlich auf dich steht, dermaßen gezielt aus dem Weg zu gehen, das ist echt seltsam.«
Er macht lange genug Pause, um mich mit einem aufmunternden Blick zu bedenken, während ich mich gegen das wappne, was als Nächstes kommt.
»Es sei denn - natürlich -, du bist andersrum.«
Ich biege rechts ab, atme aus und bin wahrscheinlich zum ersten Mal dankbar für meine hellseherischen Fähigkeiten, denn die haben definitiv dazu beigetragen, diesen Schlag abzumildern.
»Weil, wenn das so ist, dann ist das absolut cool«, fährt er fort. »Ich meine, ist doch klar, da ich ja schwul bin, und ich werde dich wohl kaum diskriminieren, oder?« Er lacht, eine Art nervöses Lachen ä la Wir befinden uns auf unbekanntem Gelände.
Doch ich schüttele lediglich den Kopf und trete auf die Bremse. »Nur weil ich mich nicht für Damen interessiere, heißt das nicht, dass ich lesbisch bin«, sage ich und merke, dass sich das viel defensiver anhört, als ich es beabsichtigt hatte. »Bei gegenseitiger Anziehung geht's nicht nur um gutes Aussehen, weißt du?«
Zum Beispiel um eine warme, kribbelnde Berührung, tiefgründige, eindringliche Augen und den verführerischen Klang einer Stimme, die die Welt zum Schweigen bringt...
»Ist es wegen Haven?«, erkundigt er sich; er kauft mir das nicht ab.
»Nein.« Ich umklammere das Lenkrad und starre finster auf die Ampel, möchte sie zwingen, von Rot auf Grün zu springen, damit ich Miles absetzen kann und das hier hinter mir habe.
Aber mir ist klar, dass ich zu schnell geantwortet habe, als er loslegt: »Ha! Ich wusste es! Es ist doch wegen Haven -weil sie ihn sich reserviert hat. Ich fasse es nicht, du richtest dich tatsächlich danach! Ich meine, ist dir überhaupt klar, dass du die Gelegenheit sausen lässt, deine Unschuld an das heißeste Eisen in der ganzen Schule zu verlieren, vielleicht sogar auf dem ganzen Planeten? Nur weil Haven gesagt hat, er ist ihrer?«
»Das ist doch bescheuert«, brummele ich kopfschüttelnd, während ich in seine Straße einbiege, in seine Auffahrt, und den Wagen anhalte.
»Wie? Du bist gar keine Jungfrau?« Er lächelt; offensichtlich macht ihm das Ganze unheimlichen Spaß. »Hast du mir was verheimlicht?«
Ich verdrehe die Augen und muss unwillkürlich lachen.
Er schaut mich einen Moment lang an, dann schnappt er
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