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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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Angehörige haben ihre eigenen Theorien darüber, warum ihre Zellen sich so stark vermehrten: Ihre Schwester Gladys hatte ihr nie verziehen, dass sie nach Baltimore gezogen war und ihren Vater zurückgelassen hatte, so dass Gladys ihn später pflegen musste. Nach Gladys’ Ansicht war der Krebs die
Strafe Gottes dafür, dass Henrietta ihre Heimat verlassen hatte. Gladys’ Sohn Gary glaubte, dass alle Krankheiten auf den Zorn des Herrn zurückzuführen seien – als Strafe dafür, dass Adam von Eva den Apfel genommen hatte. Cootie erklärte, es seien die Geister, die Krankheiten verursachen. Und Henriettas Cousine Sadie wusste überhaupt nicht, was sie denken sollte. »Du lieber Gott«, sagte sie einmal zu mir, »als ich von den Zellen gehört hab, da hab ich gedacht, könnte da irgendwas in ihr gelebt haben, wissen Sie? Davor hab ich Angst gehabt, schließlich haben wir ja ständig zusammengehangen. Hennie und ich waren nie in dem dreckigen Wasser da unten in Turners Station wie die anderen Leute, und wir sind auch nich zum Strand gegangen oder so was, und wir sind nie ohne Unterhose gegangen oder so was, deshalb weiß ich nich, wie da was in Hennie reingekommen is. Aber es is reingekommen. Irgendwas is in ihr lebendig geworden. Sie is gestorben, und das hat weitergelebt. Da hab ich mir so einiges gedacht, wissen Sie, ob vielleicht was aus dem Weltraum gekommen is, und dann isses runtergefallen, und sie is drübergegangen.«
    Als Sadie das sagte, lachte sie, weil es so verrückt klang. »Aber das is mir durch den Kopf gegangen«, sagte sie. »Ehrlich. Da geht einem alles Mögliche durch den Kopf, wissen Sie? Wie will man denn sonst erklären, dass die Zellen so wachsen?«
     
    In der HeLa-Forschung hat jedes Jahrzehnt seine Wendepunkte, und in den Achtzigerjahren war die Entdeckung des Zusammenhanges zwischen HPV und Gebärmutterhalskrebs nur einer von mehreren. Zu Beginn der AIDS-Epidemie infizierte ein Wissenschaftlerteam – zu dem auch der Molekularbiologe Richard Axel gehörte, der später einen Nobelpreis bekam – HeLa-Zellen mit HIV. Dieses Virus infiziert in der Regel nur Blutzellen, aber Axel hatte eine ganz bestimmte DNA-Sequenz aus Blutzellen in die HeLa-Zellen eingeschleust, und die
schuf die Möglichkeit, dass HIV sie ebenfalls infizierte. Auf diese Weise konnten die Wissenschaftler feststellen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit HIV eine Zelle infizieren kann – ein wichtiger Schritt, um das Virus verstehen und möglicherweise unschädlich machen zu können.
    Axels Forschungsarbeiten erregten die Aufmerksamkeit des Autors und Aktivisten Jeremy Rifkin, der in der aufflammenden öffentlichen Debatte um die Frage, ob man die DNA verändern solle, eine wichtige Rolle spielte. Rifkin und viele andere hielten jede Manipulation von DNA sogar in einem kontrollierten Laborumfeld für gefährlich, weil sie zu genetischen Mutationen führen und angeblich die Konstruktion von »Designerbabys« ermöglichen könne. Da die Gentechnik nicht durch gesetzliche Vorschriften eingeschränkt war, strengte Rifkin immer wieder Gerichtsverfahren an und bediente sich dazu aller vorhandenen Gesetze, die sich möglicherweise anwenden ließen.
    Im Jahr 1987 erhob er vor einem Bundesgericht Klage gegen Axels Forschungsarbeiten. Die Begründung: Angeblich verletzten sie das 1975 verabschiedete Umweltschutzgesetz, weil man nie bewiesen hatte, dass sie für die Umwelt unschädlich waren. Rifkin betonte, es sei allgemein bekannt, dass HeLa »eine außerordentlich virulente, infektiöse Zelllinie« sei, die andere Kulturen verunreinigen könne. Die HeLa-Zellen, die Axel mit HIV infiziert hatte, konnten nach Rifkins Ansicht auch andere Zellen anstecken und Wissenschaftler auf der ganzen Welt mit HIV in Kontakt bringen, »was das Wirtsspektrum des Virus erweitern und möglicherweise zu einer gefährlichen Ausbreitung des AIDS-Virusgenoms führen könnte«. In seiner Erwiderung auf die Klage erklärte Axel, die Zellen könnten außerhalb der Gewebekultur nicht wachsen und zwischen der Verunreinigung einer Kultur und einer HIV-Infektion bestehe ein himmelweiter Unterschied. In einem Bericht
über den Prozess schrieb das Wissenschaftsblatt Science : »Sogar Rifkin räumt ein, dass solche Ereignisse zusammengenommen sich mehr wie die Handlung eines schlechten Horrorfilms als wie der normale Lauf der Dinge in den biologisch-medizinischen Forschungslabors unseres Landes anhören.« Die Klage wurde am Ende abgewiesen, Axel

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