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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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er hin und wieder eine Arbeit fand, verlor er sie schnell
wieder. Die Miete für eine Wohnung konnte er sich nicht leisten, also schlief er meist auf einer Bank auf dem Federal Hill in der Innenstadt von Baltimore oder auf den Stufen einer Kirche gegenüber vom Haus seines Vaters. Day blickte manchmal aus seinem Schlafzimmerfenster und sah seinen Sohn auf dem Betonboden liegen, wenn er ihn aber aufforderte reinzukommen, knurrte Zakariyya immer nur und erklärte, im Freien sei es besser. Zakariyya machte seinen Vater für Henriettas Tod verantwortlich und hasste ihn, weil er sie in einem anonymen Grab hatte bestatten lassen. Außerdem hatte er ihm nie verziehen, dass er die Kinder bei Ethel gelassen hatte. Schließlich lud Day ihn nicht mehr ein, auch wenn das bedeutete, dass er manchmal an seinem auf dem Bürgersteig schlafenden Sohn vorübergehen musste.
    Irgendwann las Zakariyya eine Anzeige vom Hopkins, in der Freiwillige für medizinische Studien gesucht wurden. Für etwas Geld, ein paar Mahlzeiten und manchmal auch ein Bett konnte auch er zu einer Versuchsperson werden. Wenn er eine neue Brille brauchte, ließ er sich von den Wissenschaftlern mit Malaria infizieren, damit sie ein neues Medikament erproben konnten. Er meldete sich freiwillig für ein Forschungsprogramm zum Alkoholismus und finanzierte damit eine neue Weiterbildungsmaßnahme, dann nahm er an einer AIDS-Studie teil, die es ihm ermöglichte, fast eine Woche lang in einem richtigen Bett zu schlafen. Seine Mitarbeit an dieser Studie brach er jedoch ab, als die Wissenschaftler anfingen, über Spritzen zu reden. Er glaubte, sie wollten ihn mit AIDS infizieren.
    Da er seinen Namen geändert hatte, wusste keiner der Ärzte, dass sie Forschung an einem der Söhne von Henrietta Lacks betrieben. Zakariyya und Deborah waren immer überzeugt, im Hopkins werde man ihn nicht mehr gehen lassen, wenn man wüsste, dass er zur Familie Lacks gehörte.

    Den größten Zahltag ihres Lebens erlebten die Lacks-Kinder, als Day und andere Arbeiter einen Vergleich in einer Gruppenklage gegen einen Dampfkesselhersteller schlossen, die sie wegen der Asbestschädigung ihrer Lungen bei Bethlehem Steel angestrengt hatten. Day erhielt einen Scheck über 12000 Dollar und gab jedem seiner Kinder 2000. Deborah kaufte von ihrem Anteil ein kleines Grundstück in Clover, damit sie eines Tages aufs Land zurückziehen und in der Nähe des Grabes ihrer Mutter wohnen konnte.
    Sonnys schlimme Phase wurde immer schlimmer: Seine Einnahmen stammten jetzt zum größten Teil aus dem Schwarzhandel mit Lebensmittelgutscheinen, den er von Lawrences Gemischtwarenladen aus betrieb; wenig später kam er wegen Drogenhandels ins Gefängnis. Es sah ganz so aus, als würde Deborahs Sohn Alfred denselben Weg einschlagen wie seine Onkel: Mit 18 war er bereits mehrere Male wegen kleinerer Vergehen wie Einbruch und Hausfriedensbruch verhaftet worden. Nachdem Deborah ihn stets gegen Kaution freibekommen hatte, ließ sie ihn irgendwann im Gefängnis schmoren, damit er seine Lektion lernte: »Du bleibst hier, bis deine Kaution so niedrig ist, dass du sie dir leisten kannst.« Als er später zu den Marines ging und sich schon bald unentschuldigt von der Truppe entfernte, spürte Deborah ihn auf und sorgte dafür, dass er sich der Militärpolizei stellte. Sie hoffte, der Arrest werde ihn davon überzeugen, das richtige Gefängnis zu meiden. Aber es wurde nur schlimmer: Alfred stahl und kam im Drogenrausch nach Hause. Irgendwann erkannte Deborah, dass sie dagegen machtlos war. Sie sagte zu ihm: »Der Teufel hat dich geholt, Junge – das Zeug, was du da nimmst, macht dich verrückt. Ich erkenne dich gar nicht wieder und will nicht, dass du dich weiter hier herumtreibst.«
    Mitten in dem ganzen Trubel erfuhr Deborah, dass sie als Henriettas nächste Angehörige beim Hopkins eine Kopie der
Krankenakte ihrer Mutter anfordern und auf diese Weise etwas über ihren Tod erfahren könnte. Aber Deborah tat es nicht. Sie fürchtete sich vor dem, was sie herausfinden und wie es sich auf sie auswirken könnte. Im Jahr 1985 erschien dann bei einem Universitätsverlag ein Buch von Walter Gold, einem Journalisten der Zeitschrift Science 85 . Es berichtete über Walter Nelson-Rees’ Feldzug zur Eindämmung der HeLa-Verunreinigung und trug den Titel A Conspiracy of Cells: One Woman’s Immortal Legacy and the Medical Scandal It caused (»Eine Verschwörung der Zellen: das unsterbliche Erbe einer Frau und der dadurch verursachte

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