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Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks

Titel: Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Skloot
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Joe, Sonny und Lawrence durch den Schlamm. Elsie fehlte. Sie war in Crownsville und wusste nicht einmal, dass ihre Mutter gestorben war.
    An die Feier können sich die Lacks-Vettern kaum erinnern – es wird wohl ein paar Worte gegeben haben, nehmen sie an, und vielleicht auch ein, zwei Lieder. Doch was als Nächstes geschah, hat keiner von ihnen vergessen. Während Cliff und Fred den Sarg ins Grab hinabsenkten und ein paar Hände voll Erde hinterherwarfen, wurde der Himmel schwarz wie Melasse. Es begann in Strömen zu regnen. Dann folgten ein langes, rumpelndes Donnern, das Geschrei der Babys und eine so starke Windbö, dass das Metalldach eines Schuppens unterhalb des Friedhofs abgerissen wurde und über Henriettas Grab durch die Luft flog, wobei seine langen Metallflächen flatterten wie die Flügel eines riesigen silbernen Vogels. Der Sturm fachte Feuersbrünste an, in denen die Tabakfelder verbrannten. Er entwurzelte Bäume, warf im Umkreis von Kilometern Strommasten um und zerstörte die Holzhütte eines Lacks-Vetters; der Vetter flog aus dem Wohnzimmer in den Garten, das Haus begrub ihn unter sich, und er war sofort tot.
    Als Henriettas Bruder Peter viele Jahre später an diesen Tag zurückdachte, schüttelte er nur seinen kahlen Kopf und lachte. »Hennie war nie der Typ, der um den heißen Brei herumgeredet hat«, sagte er. »Wir sollten wissen, dass sie uns mit diesem Sturm etwas sagen wollte.«

13
    Die HeLa-Fabrik
    S chon kurze Zeit nach Henriettas Tod begannen die Planungen für eine HeLa-Fabrik – für ein Großunternehmen, das jede Woche Billionen von HeLa-Zellen produzieren sollte. Man richtete sie aus einem ganz bestimmten Grund ein: um die Kinderlähmung zu bekämpfen.
    Ende 1951 steckte die Welt mitten in der größten Polioepidemie aller Zeiten. Schulen wurden geschlossen, Eltern gerieten in Panik, und die Öffentlichkeit forderte verzweifelt einen Impfstoff. Im Februar 1952 gab Jonas Salk an der University of Pittsburgh bekannt, er habe den weltweit ersten Impfstoff gegen die Kinderlähmung entwickelt. Er konnte ihn den Kindern aber erst zur Verfügung stellen, wenn er in einer großen Studie bewiesen hatte, dass sein Präparat sowohl ungefährlich als auch wirksam war. Das wiederum setzte voraus, dass man Zellen im großindustriellen Maßstab züchtete, was bis dahin noch nie jemand getan hatte.
    Nun organisierte die National Foundation for Infantile Paralysis (NFIP) – eine gemeinnützige Institution, gegründet von Präsident Franklin Delano Roosevelt, der selbst an Kinderlähmung erkrankt war – zur Erprobung des Polioimpfstoffs den größten Feldversuch aller Zeiten. Salk wollte zwei Millionen Kinder impfen lassen, und die NFIP sollte anhand von Blutuntersuchungen feststellen, ob sie immun gegen die Krankheit wurden. Das erforderte Millionen Neutralisationstests, bei denen man das Blut der frisch geimpften Kinder in Kulturschalen mit lebenden Polioviren und Zellen mischen musste. Wenn der Impfstoff wirkte, würde das Blutserum der geimpften Kinder den Erreger blockieren und die Zellen schützen. Wenn nicht,
infizierte das Virus die Zellen und richtete Schäden an, die man unter dem Mikroskop sehen konnte.
    Das Problem dabei: Die Zellen, die für die Neutralisationstests verwendet wurden, stammten bisher von Affen, die man dafür töten musste. Das war nicht deshalb problematisch, weil man sich besondere Sorgen um den Tierschutz gemacht hätte – der war zu jener Zeit ein weitaus weniger wichtiges Thema als heute -, sondern weil Affen teuer waren. Mit Affenzellen mehrere Millionen Neutralisationstests durchzuführen hätte mehrere Millionen Dollar gekostet. Deshalb suchte die NFIP mit aller Kraft nach Gewebekulturzellen, die man in großem Umfang züchten konnte und die billiger waren als Affenzellen.
    Zu diesem Zweck wandte sich die NFIP an Gey und einige andere Zellkulturexperten. Gey erkannte, dass sich seinem Fachgebiet hier eine Goldgrube eröffnete. Die Spendenaktionen der NFIP brachten jedes Jahr durchschnittlich 50 Millionen Dollar ein, und der Direktor der Organisation wollte einen großen Teil davon an Zellkulturexperten verteilen, damit diese eine Methode zur Massenproduktion von Zellen fanden – ein Ziel, das ohnehin schon seit Jahren verfolgt wurde.
    Es war der ideale Zeitpunkt: Kurz nachdem die NFIP sich an Gey gewandt hatte, wurde dem Wissenschaftler klar, dass Henriettas Zellen anders wuchsen als alle anderen menschlichen Zellen, die er bis dahin gesehen hatte.
    Die

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