Die Unsterblichkeit der Henrietta Lacks
gehört, die haben eine Menge Forschung betrieben und manche von ihren Zellen haben geholfen, andere Krankheiten zu heilen. Das ist ein Wunder, mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Dann schrie er plötzlich den Erdboden an, als würde er unmittelbar mit Henrietta sprechen. »Die haben sie HeLa genannt! Und sie leben noch!« Wieder versetzte er dem Boden einen sanften Tritt mit dem Fuß.
Ein paar Minuten später deutete er plötzlich mit dem Finger auf die Erde und sagte: »Wissen Sie, da drin sind weiße Leute und schwarze Leute alle übereinander beerdigt. Ich nehme an, auch der alte weiße Opa und sein Bruder liegen hier irgendwo. Aber Genaueres weiß ich nicht.«
Nur eines, so erklärte er, wisse er sicher: Es sei ein schöner Gedanke, dass die weißen Mitglieder der Familie Lacks, die Sklavenhalter, unter ihren schwarzen Verwandten begraben seien.
»Die sind jetzt für die Ewigkeit an der gleichen Stelle«, sagte er und lachte. »Da haben sie ihre Probleme mittlerweile sicher gelöst!«
Henriettas Ururgroßmutter war eine Sklavin namens Mourning. Ein Weißer namens John Smith Pleasants erbte Mourning und ihren Mann George von seinem Vater, einem der ersten Sklavenhalter in Clover. Pleasants’ Vater stammte aus einer Quäkerfamilie, und einer seiner entfernten Verwandten hatte als einer der Ersten vor den Gerichten von Virginia erfolgreich für die Befreiung seiner Sklaven gekämpft. Aber Pleasants hatte sich die Ablehnung der Sklaverei, die in seiner Familie Tradition war, nicht zu eigen gemacht.
Mourning und George mussten als Sklaven auf einer Tabakplantage in Clover arbeiten. Ihr Sohn Edmund, Henriettas Urgroßvater väterlicherseits, nahm den Familiennamen seines Eigentümers an, der aber das s verlor und zu Pleasant wurde. Mit 40 Jahren wurde er schließlich von der Sklaverei befreit, aber schon ein Jahr später wies man ihn in ein Heim für Geisteskranke ein. Vor seiner Befreiung hatte er bereits zahlreiche Kinder gezeugt, die alle als Sklaven geboren wurden. Unter ihnen war auch eine Tochter namens Henrietta Pleasant, die Großtante von Henrietta Lacks.
Auf der anderen Seite von Henriettas Familie stand ein Weißer namens Albert Lacks, ihr Urgroßvater mütterlicherseits. Er hatte 1885 einen Teil der Lacks-Plantage geerbt; der Vater hatte seine Ländereien unter seinen drei weißen Söhnen Winston, Benjamin und Albert aufgeteilt.
Winston Lacks war ein stämmiger Mann, dem der Bart bis zum Bauch reichte; er trank fast jeden Abend in einem Saloon, der im Keller unter dem Gemischtwarenladen versteckt war. Wenn Winston betrunken war und zu streiten begann, wussten die Einheimischen Bescheid: Es war an der Zeit, dass der nüchternste Mann sich auf sein Pferd setzte und Fannie holte. Über Fannies Leben gibt es keine Aufzeichnungen, sie wurde aber wahrscheinlich als Sklavin auf dem Anwesen der Lacks geboren, und wie die meisten Sklaven der Familie zog sie nie weg, sondern blieb als Pächterin auf der Plantage. Oft fuhr sie neben Winston in seiner Kutsche, und wenn er betrunken war, marschierte sie in den Saloon, zog ihn an seinem langen Bart vom Barhocker und brachte ihn nach Hause.
Albert und Benjamin, die beiden anderen Brüder, führten ein eher zurückgezogenes Leben und hinterließen außer ihren Testamenten und Immobilienurkunden kaum historisches Material. Die meisten farbigen Familienangehörigen, mit denen ich im Laufe der Jahre sprach, bezeichneten Benjamin Lacks als
»alten weißen Opa«, manche nannten ihn aber auch wie ihre Eltern »Massuh Ben«.
Als Albert am 26. Februar 1889 starb, war zwar die Sklaverei abgeschafft, Land besaßen aber nur die wenigsten Farbigen. Albert vermachte in seinem Testament fünf »farbigen« Erben verschiedene Teile seiner Ländereien, die meisten davon in Abschnitten von zehn Acres (rund vier Hektar). Einer dieser Erben war Tommy Lacks, der Großvater von Henrietta und Day. Alberts Testament liefert keine Aufschlüsse über seine Beziehung zu den Erben, aber in Lacks Town wusste man, dass es sich um Kinder handelte, die er mit einer früheren Sklavin namens Maria gezeugt hatte.
Nach Alberts Tod strengte sein Bruder Benjamin gerichtliche Schritte an, um den schwarzen Erben seines Bruders einen Teil der Ländereien abspenstig zu machen. Er erklärte, es sei ursprünglich das Land seines Vaters gewesen, und deshalb habe er das Recht, sich die Grundstücke auszusuchen, die er für sich beanspruchte. Das Gericht gab ihm recht und teilte die ursprüngliche
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