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Die unterirdische Sonne

Die unterirdische Sonne

Titel: Die unterirdische Sonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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hin. Conrad dachte an seinen Vater und sagte keinen Ton.
    »Hab meine Mutter bequatscht, und sie hat mich mit dem Auto vom Dorf hingebracht, zwanzig Kilometer. Sie fand das gut, dass ich mich mal für den Sport meines Bruders interessier. Wieso denn? Wie scheiße blöd war das? Glotz mich nicht so an.
    Keine Ahnung, wieso ich das gemacht hab. Weil er mich niedergequatscht hat, am Tag vorher. Er wollt unbedingt, dass ich mitkomm, sagt, zu dem Ding reist extra ein Trainer vom DFB an und schaut sich Spieler an. Ja und? Ihn vielleicht? Den Linus? Niemals. Aber ich wollt ihn nicht fertigmachen, der war eh schon fertig.
    Verstehst du, was ich mein, Blödschädel? Ich hab mich überreden lassen, und meine Mutter fährt mich auch noch hin. Einfach nur blöde. Jetzt erklär mir, wieso ich das gemacht hab? Sag was! Los.
    Nein? Genau. Wie mein Bruder. Der glotzt auch immer so in die Gegend und hat keinen Dunst von nichts. Zweinull zur Halbzeit, für die anderen, für wen sonst? Und mein Bruder? Erst mal Foul am gegnerischen Stürmer, gelbe Karte. Alles klar? Fünfte Minute, Linus ist zu langsam, der Ball tausend Meter weit weg, also haut er den Spieler um. Der Spieler muss ausgewechselt werden, Bänderriss. Von jetzt an wird er ausgepfiffen, und zwar bei jedem Ballkontakt. Logisch. Einsnull, zweinull, wo ist der Spieler mit der Nummer 6? Wo? Genau, nir-gends.
    In der Halbzeit hör ich, wie einer der Betreuer sagt, dass sie in der nächsten Saison dringend einen Ersatz für Linus finden müssen. Und der denkt immer noch, er wird gleich vom DFB gekauft und spielt in der nächsten Saison neben Schweini in der Nationalmannschaft.
    Erklär mir mal, wie man so blöde sein kann.
    Sie haben ihn weiterspielen lassen, ich hab ihn noch aus der Kabine kommen sehen. Brutaler Irrwitz.«
    Er blinzelte, blickte in die Runde, keuchte wieder. Maren sah, dass Eike die Fäuste geballt hatte und seine Hände zitterten. Sophia hatte die Augen geschlossen und den Kopf gesenkt. Ihr Herz schlug so heftig, dass Maren es beinah für ihr eigenes hielt.
    Eike ließ Conrad nicht aus den Augen. »Arschlöcher«, sagte er mit zuckenden Fäusten.
    »U-und w-wie ging’s a-aus?« Maren schaffte es einfach nicht, still zu bleiben. In der nächsten Sekunde dachte sie, der Junge würde sie dafür schrecklich bestrafen.
    Und tatsächlich stürzte er auf den Tisch zu.
    Sophia umklammerte Marens Hand noch fester. Wie ein Boxer trommelte Eike mit den Fäusten durch die Luft und brüllte: »Das weiß ich nicht, du dumme Kuh! Das weiß ich nicht. Weiß ich nicht.«
    Es kam Maren vor, als würde Eikes Atem ihr Gesicht anzünden. »Das ist doch alles Scheiße, was du hier fragst! Wie soll ich das wissen? Das geht doch nicht. Ich war doch nicht mehr da! Kapierst du das nicht, du dumme Nuss? Wieso kapierst du das nicht?«
    Er hörte auf, durch die Luft zu schlagen, und packte beide Mädchen an den Haaren. Sie saßen steif da und trauten sich nicht, ihm ins Gesicht zu sehen. Wieder und wieder zerrte er an ihren Haaren, aber sie unterdrückten ihre Schmerzen. Maren wimmerte leise, was er nicht zu hören schien.
    »Ihr seid so sinnlos. Ich erklär euch die ganze Geschichte, und ihr hört überhaupt nicht zu. Wieso seid ihr so? Wieso macht ihr das mit mir? Bezahlen die euch da oben? Dass ihr so seid? So gemein und so … so …«
    Er wusste kein Wort mehr und ließ die Mädchen los. Tränen rannen über Marens Gesicht und Sophia presste wieder die Augen zu. Ihre Kopfhaut war eine einzige Glut.
    Eike fuchtelte mit den Armen, schüttelte sie ununterbrochen aus, als wären sie ihm eingeschlafen. Er drehte sich im Kreis, warf den Kopf hin und her und sah aus, als hätte er die Orientierung verloren. Er taumelte gegen die Tür, dann gegen die Wand, schlenkerte weiter wie wild mit den Armen und hielt abrupt inne.
    Mit weit aufgerissenen Augen sah er sich um, wie jemand, der aus einem Albtraum erwacht war und sich in fremder Umgebung wiederfand. Er keuchte laut und schwankte.
    Als er sich halbwegs beruhigt hatte, grinste er Maren an. »Hab mir ein Eis kaufen wollen«, sagte er mit müder, fast sanft klingender Stimme. »Da taucht der Typ auf und fragt mich was und ich geh mit ihm mit. So war das. Genau. Keine Ahnung, wie das Spiel ausgegangen ist. Achtnull? Zwei Eigentore von meinem Bruder?« Er wollte grinsen, schaffte es aber nicht.
    Niemand sagte etwas.
    Maren hörte auf zu weinen und lehnte den Kopf an Sophias Schulter, die ihre Augen wieder geöffnet hatte und zur Kamera über

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