Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

gebrannt, und Blutspritzer verunstalteten eines der Reliquiare. Wir folgten einem Pfad ähnlicher Hinweise – ein zerbrochenes Relikt hier, ein aufgerissener Läufer da. So gelangten wir zu einem schmalen Gang mit einer unglaublich hohen Decke. Die Wände erstreckten sich bis weit in die Düsternis der Getriebe hinauf. Am Ende dieses Korridors befand sich ein Bogen, und darin stand eine Gestalt, die sich als Umriss gegen ein flackerndes Licht abzeichnete. Der Mann hielt einen Revolver.
    »Seid ihr gekommen, um die Lage auszunützen?«, fragte er, als wir in den Gang einbogen. »Um uns zu treten, während wir am Boden liegen?«
    »Nein, Sir, ganz und gar nicht«, gab ich zurück und ging vorsichtig weiter. »Mein Name ist Jacob Burn. Ich bin als Vertreter des Rats hier. Wir glauben zu wissen, wer Sie angegriffen hat, und …«
    Er begann zu lachen. Das Geräusch endete mit einem abgehackten Husten, bei dem er sich vornüber krümmte und Blut auf den Teppich spuckte.
    »Sie wissen also, wer uns angreift. Das ist schön. Kommen Sie, Ratsvertreter Burn. Kommen Sie näher. Sagen Sie mir, wer dieser Wahnsinnige ist, der den Algorithmus Gottes angreift.«
    Ich blieb stehen. Etwas an seinem Gebaren fühlte sich falsch an.
    »Es ist ein Mann namens Ezekiel Cranich. Wir glauben, dass er ein Schöpfer ist, aus der Zeit, bevor die Schöpfer verbannt wurden. Er …«
    »Näher, Jacob Burn«, sagte der Erschaffer. »Sie müssen näherkommen.«
    Ich rückte vor. Das Herz pochte mir bis in die Kehle. Beschwichtigend hob ich die Hände.
    »Ich weiß, es sieht nicht gut aus. Ich weiß, dass der Rat in der Vergangenheit seine Zwistigkeiten mit der Kirche hatte und ich vielleicht nicht der optimale Vertreter bin. Aber ich schwöre, ich bin hier, um zu helfen. Und wenn Sie den Revolver wegstecken …«
    Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit hinter dem Mann, der flüchtige Eindruck einer Frau und eines dichten Haarschopfs, der sich in Eisen spiegelte, dann brach der Mann zusammen. Ich schrie entsetzt auf.
    »Sie hat ihn getötet!«, rief ich. »Bei den Göttern, sie ist aus dem Nichts aufgetaucht. Hast du das gesehen?«
    Wilson stürmte an mir vorbei, sprang über den sterbenden Erschaffer hinweg und verfolgte die Eisenfrau. Hinter mir kam Matthew schlitternd um die Ecke gerannt.
    »Wir haben Geschrei gehört«, sagte er, dann erblickte er den Erschaffer. Ich schwenkte die Hand.
    »Ein paar Ihrer Männer sollen sich um ihn kümmern. Der Rest kommt mit mir!« Ich rannte hinter Wilson her. »Sie ist hier! Sie arbeitet mit Cranich zusammen.«
    Ich sprang über den Erschaffer hinweg. Er schien in ziemlich übler Verfassung zu sein, doch sein Blick folgte mir, als ich davonhastete. Ein gutes Zeichen. Der Korridor war dunkel, aber ich konnte Wilson vor mir und Matthew hinter mir hören. Die Frau musste noch weiter vorne sein. Ich preschte blindlings vorwärts und hoffte, dass Wilson uns warnen würde, falls es irgendwelche Unbilden gäbe. Irgendwo vor uns herrschte Licht.
    Wir schlitterten alle mit ungefähr derselben Geschwindigkeit in den erhellten Raum, die Frau als Erste. Es handelte sich um eine Art Montageraum, länglich und niedrig, gequert von Werkbänken, die sich über den gesamten Boden erstreckten. Auf den Werkbänken lagen Reihen von Zahnrädern und anderen mechanischen Teilen, alle fein säuberlich nach Größe oder Form, sogar nach Farbe sortiert. Das Licht stammte von Reibungslampen an Ständern am Ende jeder Werkbank; weitere hingen von der Decke. Wenngleich alles auf einen Arbeitsraum hinwies, einen Raum, in dem eigentlich emsiges Treiben herrschen sollte, war niemand hier.
    Die Frau war verletzt: Sie trug dieselbe Kluft wie damals, aber der Gürtel fehlte, und über die Ärmel und ein Bein zogen sich Risse. An dem Stoff prangte Blut. Ihr federnder Gang wies leichte Anzeichen eines Hinkens auf. Sie versuchte, über einen der Tische zu springen, blieb an der Kante hängen, sprengte Werkzeuge auseinander und landete krachend auf dem Boden. Wilson stürzte sich auf sie. Matthew und ich kamen rutschend zum Stehen, hatten angesichts des Handgemenges keine freie Schussbahn.
    »Wer ist die Frau?«, stieß Matthew hervor. Sie und Wilson umtänzelten einander zwischen den Tischen und täuschten Angriffe an, doch weder ihr noch ihm gelang es, eine dominante Position zu erlangen. Matthews Kurzgewehr folgte den Bewegungen der beiden. Ich drückte den Lauf zum Boden hinab.
    »Sie verfolgt uns seit zwei Tagen. Das erste Mal sind wir