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Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)

Titel: Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Akers
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wurde. Die Strömung zerrte an meinem Anzug, die gewaltigen Wassermassen flossen über mich hinweg und schleiften Schlick und Geröll gleich einem Sandsturm über den Grund des Flusses. Vaunt und seine Gefährten begleiteten mich nicht den ganzen Weg. Plötzlich verschwanden ihre Hände, und ich trieb in der Strömung. Als ich zurückschaute, sah ich ihre rasch entschwindenden Gestalten. Ich geriet in Panik.
    Was, wenn sie mich nur hergebracht hatten, um mich der Strömung zu überlassen? Valentine verfolgte mein Vorankommen nicht mit. Es gäbe für ihn keine Möglichkeit zu erfahren, dass ich versagt hatte, weil seine Verbündeten mich den Wasserfall hinuntergejagt hatten, und nicht, weil ich mir in irgendeiner unterirdischen Kammer eine Kugel eingefangen hatte oder dergleichen. Vielleicht hätte ich ihnen nicht sagen sollen, dass es unter Umständen nötig sein würde, die Mutter zu töten. Mein Fehler.
    Das Wasser war hier deutlich dunkler, und der von der Strömung aufgewirbelte Schlick trübte meine Sicht. Die Lichter an meinem Helm glichen verschwommenen Wolkenkegeln vor meinem Gesicht. Es war, als liefe ich durch ein Feuer. Rasch verlor ich jedes Gefühl für oben und unten. Alles, was ich bemerkte, war, dass ich mich vorwärtsbewegte, stetig vorwärts. Der Wasserfall sog mich in seinen grausigen Schlund.
    Mein Stiefel prallte gegen etwas Hartes, und ich wurde Hals über Kopf herumgewirbelt. Kurz blitzte etwas aus Stein und Eisen auf, dann war ich daran vorbei. Ich ruderte mit den Armen, versuchte verzweifelt, zum Grund des Flusses zu sinken, doch vermochte ich nicht mehr zu sagen, wo sich der befand. Schließlich gelang es mir, die Füße in Richtung der Strömung zu bringen. Das bedeutete, ich schaute entweder geradewegs nach oben oder nach unten. Oder vielleicht zur Seite. Ich hatte die Orientierung verloren. Restlos.
    Gesichter sausten an meinen Lichtern vorbei. Eingeschlagene Schädel, vor Grauen aufgerissene Münder, Zähne, die hell aus dem Schleier von Schlick und Schlamm hervorleuchteten. Ich streckte die Arme nach ihnen aus, und meine Finger ließen sie zerbröckeln, als bestünden sie nur aus dünnem Porzellan. Die Knochen verwandelten sich in Staub, der sich in die Strömung mischte und nach unten rieselte. Ich grätschte die Beine und fand Halt. Wie ein Muskelprotz, der einen Zug zieht, stemmte ich die Füße in den Boden, lehnte mich nach vorn und kämpfte rutschend gegen die wilde Strömung an. Schließlich berührten meine Hände und Füße den Grund des Flusses. Der war übersät mit Leichen, die nur noch brüchigen Hüllen glichen. Rippen und Schädel zerbarsten, wenn ich sie berührte, zurück blieb nur die Haut. Die leeren Schalen von Käfern spritzten aus den zerdrückten Überresten hervor und schossen in der Strömung davon wie Kugeln. Ich verlor immer noch an Boden, konnte auf diesem Untergrund kaum Halt finden. Meine Hände gruben sich durch die ausgehöhlten Überreste der Fehn wie Pflüge. Die Haut unter meinen Händen war weich, und ganz gleich, wie tief ich in sie hineinstieß, ich fand immer nur weitere Leichen vor, weitere nachgiebige Schädel, weitere Käfer. Der Fluss war verstopft mit Toten.
    Als ich endlich genug Bodenhaftung fand, um langsamer zu werden, rutschten meine Füße über eine Kante. Ich schaute zurück und rechnete damit, den tosenden Rand des Wasserfalls zu sehen. Aber nein, so stark war die Strömung nicht – noch nicht. Ich befand mich auf einer Art Stufe, wo das Flussbett ein Stück weit abfiel, bevor es langsam wieder anstieg. Hier erwies sich das Wasser als klarer. Bevor ich richtig mitbekam, was los war, wurde ich über die Stufe befördert und trieb wieder frei im Wasser. Dann wirbelte die Strömung nach unten, und ich sank. Die Kraft des Wassers drückte mich in die Senke. Ich landete flach und heftig, keuchte in der brennheißen Luft des Anzugs und hatte Mühe, die sengende Luft einzusaugen. Nur langsam beruhigte sich meine Atmung, und ich rappelte mich auf die Hände und Knie.
    Der Boden präsentierte sich genauso morbid wie vor der Stufe – rings um mich verheerte Körper. Mein Aufprall hatte einige leere Hüllen der Fehn auseinandergesprengt. Alle lagen mit dem Gesicht nach oben, die Arme flussaufwärts gestreckt. Ich schaute auf, und die Strahlen meiner Lichter wanderten über eine runde, schwarze Eisentür, eingelassen unter dem Grat, über dessen Kante ich gerade gefallen war. Trotz der allgegenwärtigen Strömung gab es hier kaum Turbulenzen.

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