Die Untoten von Veridon: Roman (German Edition)
Anzug begann hell zu leuchten, und die Außenlichter gleißten erneut, bevor sie durchbrannten. Die Stimme ertönte laut in meinem Kopf.
»Was war das?«, fragte Cranich ins Leere. Ich zog die Hand zurück, und die Lichter in meinem Anzug verblassten zu ihrem üblichen matten Schimmer. Die Äußeren gingen überhaupt nicht mehr an.
Cranich hielt sich nicht im Inneren auf. Er befand sich irgendwo in der Stadt und kommunizierte über diese Rohre mit den Fehn. Und irgendetwas an den Leitungen, die jene Rohre mit den Fehn verbanden, interagierte mit dem Anzug. Tja. Zeit, alles auf eine Karte zu setzen.
Ich hakte mich mit dem Greifer an einer anderen Stelle des Flussbetts fest, dann rammte ich die Hand tief in das blasenartige rote Material in der Leitung. Ein jähes Knacken ertönte, als der Anzug einen Energiestoß erhielt. Alle Systeme liefen auf Anschlag, die Hitze wurde schlagartig unerträglich. Sogar der Greifarm knarrte, als er begann, den Fels unter sich zu zermalmen. Cranichs Stimme füllte meinen Kopf aus, erst eindringlich und ängstlich, dann voll Schmerz, solchem Schmerz. Zwischen meinen Fingern erzitterten die glatten, roten Kiesel in der Leitung und wuchsen. Die Greifhand schloss sich und zermahlte den Stein zu Staub, den die Strömung davontrug.
Und dann wurde der Anzug dunkel. Völlig dunkel. Die Systeme schalteten sich ab, die inneren Lichter erloschen, und ich wurde von einem unglaublichen Gewicht förmlich erdrückt. Ohne mechanisch verstärkte Gelenke presste mich der Eisenanzug gegen das Flussbett. Das Letzte, was ich sah, als die Glaskuppel meines Helms gegen den Fels krachte, war das blasenartige rote Material in meiner rechten Hand. Die glatten Kiesel erzitterten noch einmal, ehe sie dunkel wurden, innerhalb eines Lidschlags von schillerndem Rot zu Schwarz verblassten. Die Finger jener Hand wurden plötzlich kalt, dann befand ich mich auf dem Boden und konnte den Kopf nicht mehr drehen. Durch den mir im Übrigen wichtigere Dinge gingen.
Zum Beispiel, dass die ohnehin miese Luftqualität sich rasch ins Unerträgliche verschlechterte. Wilson hatte etwas dahingehend gesagt, dass der Sauerstoff von irgendetwas im Anzug wiederverwertet und erneuert wurde. Wenn das nicht mehr geschah, blieben mir nur die spärlichen Lufttaschen zwischen meinem Körper und dem Anzug. Nach der Qualität der Luft zu urteilen, die ich gerade keuchend einsog, würde das nicht lange reichen.
Und der Anzug selbst war schwer. Nachdem sich der erste Schreck darüber, die Kontrolle verloren zu haben, ein wenig gelegt hatte, gelang es mir, mich etwas hochzustemmen. Im Wasser gestaltete es sich einfacher – an Land wäre es unmöglich gewesen –, doch sogar im Fluss erwies es sich als anstrengende Aufgabe. Jedes Gelenk bot Widerstand. Allein, die Hand zu öffnen, damit ich einen ordentlichen Liegestütz machen konnte, beanspruchte Muskeln in meinen Fingern und an meinem Handgelenk, von denen ich nicht einmal gewusst hatte, dass ich sie besaß. Außerdem musste ich sowohl gegen den Anzug als auch gegen die Strömung kämpfen. Durch all die Anstrengung brauchte ich die Luft ziemlich schnell auf.
Ich spielte mit dem Gedanken, mich in die Strömung zu werfen. Dadurch würde ich zumindest flussabwärts gelangen. Vielleicht würde mich ein günstiger Wirbel ans Ufer spülen. Was jedoch unwahrscheinlich war. Wenn ich mich vorwärtsbewegte, würde ich mit einer Wahrscheinlichkeit von neunzig Prozent über den Wasserfall getragen werden. Na ja, zumindest könnte ich meinen Helm öffnen und ein letztes Mal süße, süße Luft atmen.
Da ich mich auf einem Hang befand, ließ ich einfach meine Schulter einknicken und mich hinunter zu der massiven Tür der Fehn rollen. So würde ich wenigstens aus der Strömung gelangen. Natürlich würde es mich auch zurück in den Morast der Mechagentoten befördern, die vor der Schwelle zur Mutter verendet waren. Es glich einer Zeitlupenvorführung blanken Grauens, als ich durch jene Überreste rollte; Knochen brachen, als meine schlaffen Arme durch sie pflügten. Das Wasser füllte sich mit einem Sedimentgemisch aus losen Kiefern, abgetrennten Beinen und Haarbüscheln. Da die Lichter ausgegangen waren, konnte ich all das nur bruchstückhaft an meinem Helm vorüberwirbeln sehen.
Doch da war Licht. Kämpfend und nach Luft ringend stemmte ich mich hoch und drehte mich dem bläulichen Schein der Tür zu. Hinter den kuchenstückförmigen Glasteilen pulsierte es heller und heller, bis sich ein
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